Harry Dresden 11: Verrat: Die dunklen Fälle des Harry Dresden (German Edition)
Grundlage an alten Mythen und Legenden verfügte, konnte sich gegen die Unholde schützen. Außerdem: Wer wusste denn schon, ob so ein Außenseiter, der gern düstere Geschichten hörte, nicht selbst ein Skinwalker war? Einer mit viel schwarzem Humor? Ich war schon eine ganze Weile im Geschäft, ich kannte Leute, die in die alten Volkssagen eingeweiht waren, und sie hatten mir eine Handvoll davon anvertraut. Bei hellem Tageslicht wohlbemerkt, und der jeweilige Erzähler hatte sich immer wieder ängstlich umgesehen, so groß war die Furcht, das Hervorholen dunkler Erinnerungen könne die Aufmerksamkeit eines Skinwalkers auf sich ziehen.
Was nämlich manchmal geschah.
So übel waren diese Biester. Selbst die Leute, die begriffen, welche Gefahr sie darstellten, die besser als sonst jemand auf dem Planeten wussten, wie man sich notfalls verteidigte redeten ungern über Skinwalker.
Was sich in gewisser Hinsicht für mich als Vorteil erwies. Mitten in der Nacht, mitten in Chicago eine Seitengasse entlangzugehen, an der Stelle vorbei, an der man mich einmal fast in Stücke gerissen hätte, war einfach nicht gruselig genug, von einem Skinwalker war nicht die Spur zu bemerken. Sollten sich die Dinge allerdings weiterhin Richtung Geschichten aus der Schattenwelt entwickeln, dann saß ich echt in der Tinte.
Wie es aussah, war die Nacht einfach nur ...
Hinten am Ende der Gasse tauchte eine kleine Gestalt auf, eine leichte Jacke der Cubs um die Schultern. Die gerade wieder zur Funktion erwachte Straßenlaterne beleuchtete blondes Haar, und Sergeant Karrin Murphy sagte: „‘n Abend, Dresden!“
... voller Komplikationen.
„Murph!“ Ich nickte etwas steif. Murphy war Sergeant bei einer Sonderermittlungsabteilung der Polizei von Chicago und für Verbrechen zuständig, bei denen Übernatürliches im Spiel war. Die Stadt zog es im Allgemeinen vor, von „eingebildeten“ Dingen wie Skinwalkern und Vampiren offiziell lieber nichts zu wissen und sah es gern, wenn sich Probleme in diesem Zusammenhang einfach in Luft auflösten. Dass das auch tatsächlich geschah, war die Aufgabe Murphys und ihrer Kollegen von der Spezialeinheit. Murphy nahm des öfteren Kontakt zu mir auf, um meine Meinung einzuholen und Fälle mit mir zu besprechen.
„Beim Autohof der Cops steht ein Typ auf meiner Lohnliste, der für mich nach bestimmten Fahrzeugen Ausschau hält“, sagte die zierliche Polizistin. „Er kriegt von mir von Zeit zu Zeit ein paar Flaschen von McAnallys Bier, und weißt du was: Gerade krieg ich doch einen Anruf von ihm, dass dein Auto abgeschleppt wurde.“
„Aha“, sagte ich.
Eilig bog ich aus der Seitengasse auf den Bürgersteig der nächsten Straße ein, Murphy immer dicht neben mir. Sie war kaum über einen Meter fünfzig groß, mit blondem Haar, das ihr bis auf die Schultern reichte und strahlend blauen Augen. Eher liebenswert als schön. Irgendwie sah sie aus, als sei sie jedermanns Lieblingstante, was durchaus der Fall sein mochte, war sie doch Teil einer großen, irisch-katholischen Familie.
„Dann höre ich von einem Stromausfall“, fuhr sie fort, „und von heftigen Zusammenstößen in der Nähe der Häuser, in denen deine Werwolffreunde leben. Ich höre von einem Mädchen, das vielleicht nicht überleben wird und einem Jungen, der bereits tot ist.“
„Ja“, sagte ich. Gut, das mochte ein bisschen finster geklungen haben.
„Wer war das?“, wollte Murphy wissen.
„Kirby“, sagte ich.
„Um Gottes Willen!“, sagte Murphy. „Was war los?“
„Etwas Schnelles, echt Fieses ist mir gefolgt. Die Werwölfe haben sich darüber hergemacht. Dann ist alles schiefgelaufen.“
Murphy nickte und blieb stehen. Irgendwann wurde mir klar, dass wir neben ihrem Saturn standen – einer zeitgemäßen Version des Autos, das damals in die Luft geflogen war –, der munter und arglos direkt vor einem Hydranten parkte. Sie ging an den Kofferraum und schloss ihn auf. „Ich habe einen Blick in den Haufen Ersatzteile geworfen, den du Auto nennst.“ Sie nahm den Verbandskasten und die Kühltasche aus dem Kofferraum. „Das stand auf dem Beifahrersitz. Höchstwahrscheinlich nicht ohne Grund, dachte ich mir.“
Himmel! In all der Konfusion – erst der Angriff, dann die Folgen – hatte ich ganz vergessen, warum ich ursprünglich überhaupt aus dem Haus gegangen war. Als sie mir den Medizinkoffer reichte, nahm ich ihn. „Ja und ob es dafür einen Grund gab, Murph. Herzlichen, herzlichen Dank.“
„Soll ich dich
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