Harry Dresden 11: Verrat: Die dunklen Fälle des Harry Dresden (German Edition)
Beine in die Hand genommen und Fersengeld gegeben.“
Binder starrte mich unverwandt an. Auf seinen runden Wangen hatten sich Schweißtropfen gesammelt.
„Überleg es dir gut, ehe du den Stein wirfst. Denk gründlich nach.“
In nicht allzu weiter Ferne erklang eine Polizeisirene.
Ich lächelte, zeigte Zähne. „He! Die Bullen! Jetzt wird es richtig lustig!“
„Du?“, fragte er, fassungslos. „Du würdest wirklich die Bullen in eine Privatangelegenheit hineinziehen?“
Ich deutete mit dem Finger auf Murphy, die ihre Marke hervorzauberte und so in ihren Gürtel schob, dass das Wappen darauf Binder ins Auge stach.
„Schon passiert“, sagte sie.
„Außerdem habe ich den Ort hier genau wegen der ständigen Polizeipräsenz gewählt“, sagte ich. „Einen Schuss meldet niemand. Aber ein Dutzend? Da kriegen die Leute Angst.“
Binder kniff die Augen zusammen, und sein Blick glitt zwischen uns und dem Eingang zum Lagerhauskomplex hin und her.
„Tick, Tack!“, sagte ich, um den Druck noch zu steigern. „Alles eine Frage der Zeit, mein Junge.“
Binder sah sich erneut hektisch um, ehe er seufzend den Kopf schüttelte. „Elender Dreck! Wenn ich mich mit den Bullen rumärgern muss, wird das immer gleich hässlich. Die Idioten sterben gleich lastwagenweise. Überall fließt Blut.“ Er wies auf seine Grauen. „Verdächtige, die alle gleich aussehen und in verschiedene Richtungen laufen. Alles stürzt hinter ihnen her, und noch mehr Leute müssen dran glauben, wenn sie welche erwischen.“ Er blickte mich an. „Wie ist es damit, Magier? Polizistin? Habt ihr Mumm genug, damit zu leben? Ich bewundere euch.“
Mir wurde leicht übel. Ich hatte die Sekunden gezählt, gehofft, meine Nerven würden durchhalten und mich nicht zu überstürzten Handlungen verleiten. Inzwischen musste genug Zeit vergangen sein.
„Was ist mit diesen Polizeibeamten? Wollt ihr deren Tod wirklich auf dem Gewissen haben?“ Er ließ den Kopf kreisen wie ein Boxer, der vor dem Kampf die Muskeln lockerte. „Denn aufhalten werden sie mich nicht, dass kann ich euch hier und jetzt gleich sagen.“
Ich streckte die Hand aus und berührte Murphy am Handgelenk. Die warf mir einen kurzen Seitenblick zu, ehe sie die Waffe sinken ließ.
„Bravo, schon besser!“ Binder hatte seine aufgeräumte Art fallen lassen. „Ich will Morgan, sonst nichts. Der ist ohnehin so gut wie tot, das wisst ihr doch. Spielt es da eine Rolle, wer ihn kriegt?“
Am Ende der Gasse zwischen den Einheiten, hinter Binder, regte sich etwas. Ich fing an zu lächeln.
„Ich habe nichts gegen dich oder diese Stadt“, fuhr Binder fort. „Sag mir, wo er ist, ich gehe in Frieden, und alles ist in Butter.“
Murphy schnappte vernehmlich nach Luft.
„Gut“, sagte ich. „Er steht direkt hinter dir.“
Diesmal war Binders Lächeln eindeutig wölfisch. „Dresden! Wir haben hier eine nette kleine Plänkelei laufen, wir wollen doch nichts Unüberlegtes tun. Es macht auch wirklich Spaß mit dir, solche kleinen Intermezzi verschönern den Tag.“ Sein Ton wurde härter. „Aber jetzt tu mir einen Gefallen, ja? Verschon mich mit echten Beleidigungen und tu bloß nicht so, als wäre ich der absolute Volltrottel.“
„Tue ich doch gar nicht!“ sagte ich. „Er ist hinter dir, in einem Rollstuhl. Keine dreißig Meter weit weg.“
Binder schaute mich durchdringend an, ehe er einen kurzen Blick über die Schulter riskierte. Den wiederholte er gleich noch einmal, wobei ihm beim zweiten Mal der Mund offen stehen blieb.
Morgan saß dreißig Meter von Binder entfernt in seinem Rollstuhl, mein abgesägtes Gewehr in der Hand. Neben dem Rollstuhl stand Mouse, ausschließlich auf Binder und seine Leute konzentriert, jeder Muskel angespannt, sprungbereit.
„Hallo, Binder“, sagte Morgan in flachem, gnadenlosem Ton. „Jetzt, Miss Carpenter!“
Molly tauchte wortwörtlich aus dem Nichts auf, als sie den Schleier fallen ließ, den sie über sich gehalten hatte, seit ich gleich nach Binders Auftauchen hinter dem Mann eine Bewegung wahrgenommen hatte. In der Hand hielt sie meinen zweiten Sprengstock, dessen unteres Ende dort, wo sie den Stab durch den Kies gezogen hatte, von feinem, grauem Staub bedeckt war. Sie kniete neben einem langen, gewundenen Kreisbogen, den sie in den Staub gezeichnet hatte und den sie nun, die Stirn vor Anstrengung heftig gerunzelt, mit der Hand berührte.
Kraftkreise waren im Grunde das kleine Einmaleins der Magie. So ziemlich jeder konnte sie
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