Harry Dresden 11: Verrat: Die dunklen Fälle des Harry Dresden (German Edition)
wandte ich trocken ein.
„Alles eine Frage der Zeit, mein Junge“, sagte Binder zwinkernd. Er bückte sich und hob einen Schotterstein auf. Den ließ er nachdenklich auf seiner Handfläche hüpfen und beäugte uns. „Seht ihr, die Konkurrenz schläft nicht und ist nicht zu verachten. Immerhin geht es um eine schöne Stange Geld. Also biete ich euch an, mir das Leben zu erleichtern – im Gegenzug wären Vergünstigungen drin.“
„Was für Vergünstigungen?“, fragte ich.
Er hielt den Kieselstein zwischen Daumen und Zeigefinger hoch. „Ich schmeiße den hier nicht gegen euren Kreis, der geht nicht kaputt, und meine Jungs bringen euch nicht um. Wäre das nicht nett?“
Hinter Binder, am unteren Ende der Reihe der Lagereinheiten, wirbelte Staub auf. Etwas Unsichtbares wandelte über den Kies. Wenn ich mir ansah, wie mein Leben in letzter Zeit verlaufen war, standen die Karten wohl kaum positiv für mich, handelte es sich also sicher um nichts Gutes. Es sei denn ...
„Komm schon, Binder“, sagte ich. „Sei kein Trottel. Wer sagt dir denn, dass ich die Frau an meiner Seite nicht bitte, dir eine Kugel in den Kopf zu jagen? Durch das Loch, wo eigentlich dein Hirn sein sollte?“
„Wenn sie das tut, bricht der Kreis, und meine Jungs reißen euch in Stücke“, erwiderte Binder.
„Das wird dann nicht mehr dein Problem sein“, sagte ich.
Binder grinste mich an. „Ein gemeinsamer, glorreicher Untergang, was?“
Murphy hob seelenruhig die Knarre und richtete sie auf Binders Gesicht.
Der wandte sich, immer noch feixend, direkt an sie. „Immer mit der Ruhe, Fräulein. Tun Sie nichts, was Sie später bereuen könnten. Ohne meine – soll ich es persönliche Anleitung nennen? Ohne meine persönliche Anleitung reißen meine Jungs dem Herrn neben Ihnen im Handumdrehen die Kehle auf. Was Damen betrifft, sind sie wesentlich weniger professionell.“ Das Grinsen verblasste. „Glauben Sie mir, Fräulein, was nicht professionell in diesem Fall heißt, das wollen Sie lieber gar nicht wissen.“
Um uns herum drückten sich weiterhin unbeirrt Finger, schleimig feuchte Zungen und scharfe Fangzähne gegen die Trennwand des Schutzkreises.
Murphy ließ sich nichts anmerken, aber ich spürte, wie sie zitterte.
„Zeit für Entscheidungen, Fräulein!“, sagte Binder. „Was soll es sein? Drücken Sie ab und leben mit dem, was dann passiert, oder legen Sie die Knarre ab wie ein liebes kleines Frauchen, und wir regeln die Sache in aller Höflichkeit?“
Murphy kniff als Antwort die Augen zusammen. „So wie ich das sehe, schmeißen Sie gleich mit diesem Steinchen nach uns. Meine Knarre bleibt, wo sie ist.“
„Noch was, Binder“, fügte ich hinzu, „ich weiß, was du denkst. Du denkst, du kannst deine Schmusetierchen vor dir antreten lassen und von ihnen geschützt den Stein werfen, aber überleg dir mal, was aus dir wird, wenn du mich umbringst.“
„Dein Todesfluch, was?“ Er legte sich mit gespielter Bestürzung die Hände an beide Wangen. „Um Gottes Willen, der Todesfluch! Was soll ich nur machen?“
Ich bedachte ihn mit einem eiskalten kleinen Lächeln. „Ich glaube, du wirst den Rest deines Lebens keine Magie mehr wirken können“, sagte ich leise und ruhig. „Wenn ich sterbe, nehme ich dir deine Kraft. Für immer. Kein Herbeirufen mehr, kein Binden.“
Binders Gesichtsausdruck wurde neutraler.
„Hattest du je einen Job, der dir gefallen hat?“, fragte ich ihn. „Ich wette nein. Ich habe mir deine Akte durchgelesen: Du gehörst zu den Leuten, die gern lange schlafen und viel Geld ausgeben, um anderen zu imponieren. Das gefällt dir. Immer Zimmerservice, immer Champagner, und du magst die Frauen, die du dir mit Geld kaufen kannst.“ Ich schüttelte den Kopf. „Wie viele Flaschen Champagner kannst du dir noch leisten, wenn du als Teil deiner Berufsbekleidung ein Papierhütchen auf dem Kopf trägst? Du hast genug Talent, um ein nettes, langes Leben zu führen, Mann. Als Niemand.“
Eine Sekunde lang fixierte er mich schweigend. „Das kannst du nicht“, sagte er dann. „Du kannst mir mein Talent nicht nehmen. Das ist nicht möglich.“
„Ich bin Magier des Weißen Rates, Binder. Kein erbärmlicher Stümper, der sein Leben damit zubringt, anderen wehzutun. Glaubst du echt, wir ziehen durch die Lande und binden jedem auf die Nase, was wir alles können? Wenn du nur die Hälfte der Dinge wüsstest, die ich schon getan habe und die du bestimmt für unmöglich hältst, hättest du schon lange die
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