Harry Dresden 11: Verrat: Die dunklen Fälle des Harry Dresden (German Edition)
dieses Hauses zuständig wäre, dann würde ich die Wände vielleicht mit Anti-Personen-Minen bestücken und die mit einem einfachen Auslöser verbinden. Das Ganze fein unter Putz verlegt, und man schafft sich Bedrohungen vom Hals, die zu gefährlich sind, um sie direkt anzugehen.“
Ich wusste aus persönlicher Erfahrung, was eine einzelne Anti-Personen-Mine mit dem Körper eines Menschen anrichten konnte. Schön war das nicht. Können Sie sich vorstellen, was von einem Eichhörnchen übrig bleibt, wenn eine Kugel aus einer großkalibrigen Waffe es trifft? Ein paar Stücke Fell, ein paar Klümpchen Fleisch. Mehr bleibt auch von einem Menschen nicht, wenn eine AP-Mine erst einmal ihre Ladung kaugummikugelgroßer Bälle auf ihn abgefeuert hat. Wieder sah ich mir die Wände an, auf die Anastasia mich hingewiesen hatte. „Siehst du, es stimmt, das Auge des Sturms.“
„Ich wollte es nur nicht unerwähnt lassen“, meinte Anastasia lächelnd. „Zwischen Wagemut und Idiotie besteht ein feiner Unterscheid.“
„Wenn Lara sich durch uns bedroht fühlt, lässt sie sie möglicherweise gleich explodieren.“ Ich nickte. „Präventive Selbstverteidigung, sozusagen.“
„Du sagst es. Generell die bevorzugte Methode im Umgang mit Magieanwendern. Die Gepflogenheiten der Gastfreundschaft hätten uns ebenso vor ihr beschützt wie sie vor uns.“
Ich dachte nach, ehe ich den Kopf schüttelte. „Wenn wir uns ruhig und gesittet benehmen, sagt sie uns gar nichts. Aber umbringen wird sie uns auch nicht, bevor sie nicht weiß, was wir wissen.“
Anastasia zuckte die Achseln. „Da magst du recht haben. Du hattest schließlich schon öfter mit diesem schlauen, furchteinflößenden Miststück zu tun.“
Ein paar Minuten später waren wir immer noch am Leben, und der Wachmann tauchte wieder auf. „Hier entlang“, sagte er.
Wir folgten ihm durch das Haus in all seiner Schönheit: Hartholzfußböden, handgeschnitzte Ornamente, Statuen, Springbrunnen, Ritterrüstungen, Originalgemälde, darunter eins von Van Gogh. Buntglasfenster. Dienstmädchen in steifen, gestärkten Uniformen. An jeder Ecke in diesen heiligen Hallen rechnete ich damit, einer Gruppe Pfauen oder auch einem Geparden mit diamantbesetztem Halsband über den Weg zu laufen.
Nach einem längeren Marsch führte uns der Wachmann in den Flügel des Hauses, in dem man offensichtlich das Großraumbüro einer Firma untergebracht hatte. Ein halbes Dutzend Leute, die aussahen, als wüssten sie, was sie taten, arbeitete in halb abgetrennten kleinen Büros, im Hintergrund zwitscherte der digitale Klingelton eines Telefons. Kopierer schnauften vor sich hin, irgendwo spielte ein Radio Kuschelrock.
Wir durchquerten das Büro, gingen einen kleinen Flur entlang, passierten einen Raum, in dem es nach frischgebrühtem Kaffee roch, und gelangten zu zwei Türen. Der Wächter hielt eine davon für uns auf, und wir landeten in einem Sekretariat, komplett mit Schreibtisch und umwerfend aussehender junger Sekretärin.
Um genauer zu sein: komplett mit Schreibtisch und Justine, deren schlohweißes Haar zu einem Zopf zusammengefasst war. Sie trug einen konservativ geschnittenen grauen Hosenanzug.
Bei unserem Eintreten stand sie auf, ein höfliches, unpersönliches Lächeln im Gesicht, das perfekt in jede Art von Schönheitswettbewerb gepasst hätte. „Gnädiger Herr! Gnädige Frau! Wenn Sie bitte hier entlang kommen möchten? Ms. Raith erwartet Sie.“
Justine ging zu einer Tür im Rücken ihres Schreibtischs, klopfte und steckte den Kopf hindurch. „Ms. Raith? Die Wächter sind hier.“ Eine sehr leise, sehr weibliche Stimme antwortete etwas, das ich nicht verstehen konnte, woraufhin Justine uns die Tür lächelnd ganz aufhielt. „Kaffee, gnädiger Herr, gnädige Frau? Ein anderes Getränk?“
„Nein, danke“, sagte Anastasia, während wir eintraten. Justine schloss gewissenhaft die Tür hinter uns.
Lara Raiths Büro hatte einiges mit dem Evelyn Dereks gemeinsam. Zum Beispiel die teuren Möbel, obwohl hier statt Glas sattes Hartholz vorherrschte, jedoch auch die Betonung auf Klarheit und Funktionalität. Damit endete die Ähnlichkeit dann aber: Laras Büro war eindeutig eins, in dem sichtbar jemand arbeitete. Rechts auf dem großen Sekretär lag ein Stapel säuberlich geordneter Post, Ordner und Mappen verteilten sich, ebenfalls ordentlich, auf dem Schreibtisch sowie auf einem Arbeitstisch, der an der einen Wand stand. Außerdem prangte auf dem Sekretär ein stolzes Ensemble aus
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