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Harry Dresden 14 - Eiskalt: Die dunklen Fälle des Harry Dresden Band 14 (German Edition)

Harry Dresden 14 - Eiskalt: Die dunklen Fälle des Harry Dresden Band 14 (German Edition)

Titel: Harry Dresden 14 - Eiskalt: Die dunklen Fälle des Harry Dresden Band 14 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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dünne Haar fiel ihr in sanften Wellen auf den Rücken. Es war silbrig-weiß. Offensichtlich machte auch ihr das Wetter nichts aus. Sie trug ein einfaches, grünes Sommerkleid, das ihr zu den Knien reichte, die Art Kleid, die man im Juli erwarten würde. Um den Anschein zu wahren, trug sie über dem Arm einen pastellgrünen, gefalteten Pullover. Bräunliche Ledersandalen, deren Riemen sich um die Knöchel kreuzten, schützten die Füße. Sie stand sehr still, ihre tiefen, grünen Augen konzentrierten sich auf die kleinen Wellen, die durch die Regentropfen auf der Seeoberfläche entstanden.
    Hätte ich es nicht besser gewusst, hätte ich nicht Lilys Züge gut genug gekannt, um sicher zu sein, dass sie es war, ich hätte schwören können, dass ich Aurora erblickte, die Sommerlady, die ich am Steintisch getötet hatte.
    Ich hielt einen Augenblick inne und sah mich um, konzentrierte meine Sinne gänzlich, bevor ich die Brücke betrat. Dort, in den Büschen – etwas, das sich mit katzenhaftem Gleichmaß bewegte, hielt in völliger Stille mit mir Schritt. Weitere Wesenheiten füllten das Wasser, verursachten mehr Wellen, als man dem Regen hätte zuschreiben können. Außerdem lauerte auf der entgegengesetzten Seite der Brücke eine ganze Reihe von Gestalten, verdeckt unter Magie, die außer dem Fakt ihrer Anwesenheit alles vor mir verbarg.
    Ich vermutete, dass noch mindestens zweimal so viele Wächter anwesend waren, jene, die ich ohne mich ins Zeug zu legen nicht sehen konnte. Sie waren wahrscheinlich auch der potenteste und mächtigste Teil von Lilys Eskorte.
    Sollte Lily vorhaben, mir Schaden zuzufügen, so war das Betreten der Brücke ein toller Weg, um mich selbst in die Falle zu begeben und zugleich ein wirklich fantastischer Ort, um erschossen zu werden. Das Geländer auf beiden Seiten war aus leichtem, feinem Material und würde keine wirkliche Deckung bieten. Es gab eine fast unbegrenzte Anzahl von Orten, an denen ein Schütze lauern könnte. Sollte ich da rausgehen und Lily mir schaden wollen, so würde ich einen höllisch kurzen Moment des Streitens mit ihr haben.
    Aber sie hatte mir ihr Wort gegeben, dass sie das nicht tun würde . Ich versuchte, es aus ihrer Sicht zu betrachten – immerhin hatte ich ihr nicht mein Wort gegeben, und selbst wenn, so konnte ich es jederzeit brechen. Hätte ich beabsichtigt, Lily anzugreifen, so war die Brücke für sie eine Gelegenheit, mich abzuwehren, mich auszubremsen, während sie und ihre Leute flohen.
    Scheiß drauf. Ich hatte keine Zeit zum Plaudern.
    Ich straffte die Schultern, hoffte, dass man mich nicht schon wieder abknallen würde, und beschritt die Brücke.
    Lily ließ nicht erkennen, dass sie mich bemerkt hatte, bis ich etwa zehn Meter von ihr entfernt war. Dann hob sie den Blick vom Wasser, sah mich aber nie an.
    Ich hatte diese Zusammenkunft angeregt. Ich hielt inne, verneigte mich vor ihr und sagte: „Danke, dass du mich triffst, Sommerlady.“
    Sie neigte kaum sichtbar den Kopf. „Herr Ritter.“
    „Ist eine Weile her“, sagte ich.
    „Seit?“, fragte sie.
    „Dem Leben, würde ich meinen“, sagte ich.
    „Viel ist geschehen“, stimmte sie zu. „Kriege tobten. Reiche fielen.“ Endlich drehte sie den Kopf und musterte mich direkt. „Freunde haben sich geändert.“
    Lily war als Sterbliche schon überwältigend gewesen. Nachdem sie zur Sommerlady geworden war, hatte sich ihre Anmut zu etwas kaum noch Menschlichem gesteigert, etwas so Spürbarem und Intensivem, dass es von ihr abstrahlte wie Licht, das aus ihrer Haut floss. Es war eine andere Art der Schönheit als die Mabs oder Maeves. Deren Schönheit war Leere. Sie anzublicken führte nur zu Begierde, einem Verlangen, das nach Befriedigung schrie.
    Im Gegensatz dazu war Lilys Schönheit ein Feuer, eine Quelle des Lichtes und der Wärme, etwas, das ein tiefgründiges Gefühl der Befriedigung schenkte. Lily anzuschauen linderte den Schmerz meines Herzens, und ich fühlte mich plötzlich, als könne ich zum ersten Mal seit Monaten frei atmen.
    Außerdem füllte ein anderer Teil von mir meinen Geist unerwartet mit einem flammenden, eindeutigen Bild – meine Faust, die sich in Lilys Haar vergrub, dieser weiche, sanfte Mund unter meinem, ihr Körper unter meinem Gewicht, als ich sie zu Boden riss. Es war kein müßiger Gedanke, es war kein Tagtraum und keine Fantasie. Es war eine Blaupause. Wenn Lily unsterblich war, konnte ich sie nicht töten. Das bedeutete aber nicht, dass ich sie nicht nehmen

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