Harry Dresden 14 - Eiskalt: Die dunklen Fälle des Harry Dresden Band 14 (German Edition)
getan?“
Maeve warf den Kopf zurück und stieß ein spöttisches, triumphierendes Gelächter aus, wobei sie die Hände in die Luft erhob.
„Hast du gedacht, ich wüsste nicht, worauf du Sarissa vorbereitet hast, alte Vettel?“, sang sie halb. „Du hast sie zu einem Gefäß des Feenreiches geformt. Freu dich! Dein Wille ist geschehen!“
Einen Augenblick lang wusste ich nicht, wovon zum Teufel sie da redete – doch dann sah ich es.
Über der verstorbenen Sommerlady flackerte ein Feuer auf. Es verzehrte Lily nicht. Stattdessen bündelte es sich zu grüngoldenem Licht in einer Form, die vage der Lilys glich, die Arme ausgebreitet, so wie sie ausgestreckt auf der gefrorenen Erde lag. Dann nahm das Feuer plötzlich mit einem lauter werdenden Kreischen Gestalt an, sah nun aus wie ein Adler oder ein großer Habicht. Gleißendes Licht überflutete die Hügelkuppe, und plötzlich löste sich der Habicht in einer blitzschnellen Bewegung von Lilys am Boden liegender Gestalt.
Er raste direkt in Sarissa hinein.
Sarissa riss entsetzt die Augen auf und hob in einer instinktiven Abwehrbewegung die Arme. Das habichtförmige Sommerfeuer, die Macht der Sommerlady, bohrte sich durch Sarissas erhobene Arme auf Herzhöhe in ihre Brust. Ihr Körper bog sich durch. Sie stieß einen Schrei aus, und grüngoldenes Licht strahlte wie ein Scheinwerfer aus ihrem Mund, warf frische, scharf umrissene Schatten auf die Hügelkuppe.
Dann verklang ihr Schrei zu einem schluchzenden, gurgelnden Stöhnen, und sie fiel zu Boden, wo sie sich schaudernd in Fötusstellung zusammenkrümmte.
„Amt weitergegeben.“ Maeve kicherte. „Nächstbestes Gefäß gefüllt. Die Jahreszeiten wandeln sich auf ewig.“
Mab starrte mit weit aufgerissenen Augen Maeve an.
„Oh, oh!“, sagte Maeve, deren Körper sich in einem spontanen Tänzchen purer Schadenfreude bewegte. „Das hast du nicht kommen sehen, was, Mutter? Es ist dir noch nicht einmal in den Sinn gekommen, dass das passieren könnte, oder?“ Ihre eigenen Augen weiteten sich in irrer Intensität. „Wie willst du mich jetzt töten? Wohin ginge mein Amt? Wo ist jetzt das nächste Gefäß? Vielleicht irgendein ahnungsloser Sterblicher, der sein wahres Wesen nicht einmal kennt? Das mit mir verbündete Werkzeug eines deiner Feinde, bereit, das Amt an sich zu reißen und dich angreifbar zu machen?“ Maeve kicherte. „Ich spiele auch Schach, Mutter. Heute besser, als du es je konntest. Lebend bin ich für dich jetzt eine kleinere Bedrohung als tot.“
„Du begreifst nicht, was du getan hast“, sagte Mab ruhig.
„Ich weiß genau, was ich getan habe“, fauchte Maeve. „Ich habe dich geschlagen. Es ging nie um die Schläfer, diese verfluchte Insel oder das Leben sterblicher Insekten. Es ging darum, dich zu schlagen, du engstirnige alte Vettel. Darum, deine Spielchen gegen dich zu richten. Töte mich jetzt, und du riskierst, das Gleichgewicht zwischen Sommer und Winter auf ewig zu gefährden und alles ins Chaos zu stürzen.“
Sarissa lag stöhnend am Boden.
„Es ging auch darum, sie dir zu nehmen“, freute sich Maeve hämisch. „Wie viele Katzenmusik-Konzerte oder Sportereignisse der Sterblichen wird die Winterkönigin mit der Sommerlady besuchen? Jedesmal, wenn du an sie denkst, dich ihrer erinnerst, wirst du wissen, dass ich sie dir genommen habe.“
Der Blick der schwarzen Augen Mabs ruhte einen Moment lang auf Sarissa.
„Daran bin ich schuld“, sagte Mab leise. „Ich mochte sie zu sehr.“
In diesem Augenblick, just als Mab sprach wurde mir etwas klar. Sie reagierte nicht wie erwartet. Kalte Wut, rasender Zorn, größenwahnsinnige Empörung – all das hätte ich vollkommen charakterkonform gefunden. Aber nichts davon lag in ihrer Stimme oder ihrem Gesicht.
Nur … Bedauern und Entschlossenheit.
Mab wusste etwas, das Maeve verborgen blieb.
„Denk daran, wenn diese Welt in Schutt und Asche liegt, Mutter“, sagte Maeve, „denn du kannst heute Nacht meinen Tod nicht riskieren, und ich werde keinen Finger krümmen, um dir zu helfen. Ohne die Macht der Winterlady ist dein Untergang nur noch eine Frage der Zeit – kurzer Zeit. Nach heute Nacht wirst du mich nicht wiedersehen.“
„Ja“, stimmte Mab zu, auch wenn unklar war, wozu.
„Ich habe die Wahl, Mutter, während du in deinen Fesseln vernichtet werden wirst“, sagte Maeve. „Du wirst sterben, und ich werde frei sein. Endlich.“
„Seine Aufgabe zu erfüllen heißt nicht, eine Sklavin zu sein, Tochter“, sagte Mab.
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