Harry Dresden 14 - Eiskalt: Die dunklen Fälle des Harry Dresden Band 14 (German Edition)
sagte der Malk. „Du bist Narren gegenüber wenig duldsam.“ In seinem Tonfall lag ein schwacher Hauch von Beifall. „Was brauchst du?“
„Ich habe genug gefeiert“, sagte ich. „Wäre es der Königin recht, wenn ich ginge?“
„Wenn sie wollte, dass du bleibst, wärst du an ihrer Seite“, erwiderte Cait Sith. „Mir scheint, du hast dich hinreichend eingeführt.“
„Gut. Wenn es dir nichts ausmacht“, sagte ich, „bitte doch Sarissa mitzukommen.“
„Es macht mir nichts aus“, sagte Cait Sith in entschieden beifälligem Ton. Er verschwand im Gewühl des Festes und tauchte wenige Augenblicke später wieder auf, Sarissa im Schlepptau. Sie war einigermaßen trittsicher, presste aber immer noch mein Taschentuch an den Mund.
„Willst du von hier verschwinden?“, fragte ich sie.
„Gute Idee“, sagte sie. „Die meisten VIPs sind nach deinem Tanz gegangen. Von nun an … geht’s bergab.“
„Bergab?“, fragte ich.
„Ich möchte nicht bleiben“, sagte sie vorsichtig. „Ich würde lieber gehen.“
Ich runzelte die Stirn und begriff dann, dass sie mich einzuschätzen versuchte. Gleichzeitig wurde ich mir sehr deutlich einer Reihe von Sidhe-Damen bewusst, die … ich würde ja sagen auf mich „lauerten“, nur dass man dieses Wort im Allgemeinen nicht im Zusammenhang mit solchen Schönheiten verwendet. Es hielt sich aber tatsächlich ein halbes Dutzend in meiner Nähe und verfolgte mich mit Blicken. Das erinnerte mich auf beunruhigende Weise an eine Dokumentation über gemeinsam jagende Löwinnen, die ich einmal gesehen hatte. Sie hatten etwas ganz Ähnliches an sich.
Eine davon, eine faszinierende, dunkelhaarige Schönheit in Lederhose und strategisch angebrachten Isolierbandstreifen, starrte mich unverwandt an und leckte sich, als sie sah, dass ich ihren Blick erwiderte, sehr, sehr langsam die Lippen. Sie strich sich mit einer Fingerspitze übers Kinn, weiter über die Kehle und bis zum Brustbein und schenkte mir dabei ein Lächeln, das so verdorben war, dass seine Eltern es auf eine Besserungsanstalt hätten schicken sollen.
„Oh“, sagte ich begreifend. Trotz meiner Erschöpfung wurde mir der Hals trocken, und mein Herz schlug etwas schneller. „Bergab.“
„Ich werde gehen“, sagte Sarissa. „Ich erwarte nichts von dir, nur weil wir zusammen gekommen sind.“
Eine Sidhe-Dame mit tief indigoblauem Haar hatte sich zu Fräulein Isolierband gesellt, und die beiden umarmten einander, ohne den Blick von mir zu wenden. Etwas in mir – und ich würde lügen, wenn ich sagte, dass es mir fremd war – stieß ein urtümliches Fauchen aus und riet mir, sie beide an den Haaren in meine Höhle zurück zu schleifen und mit ihnen zu machen, was ich verdammt noch mal wollte. Es war ein ungeheuer starker Impuls, der mich langsam das Gleichgewicht verlagern ließ, um einen Schritt auf sie zuzugehen. Ich verharrte in der Bewegung und schloss die Augen.
„Ja“, sagte ich. „Ja, sie sehen toll aus, aber das ist keine Fantasie, die wahr wird, Harry. Das ist ein Häcksler im Playboy-Häschen-Kostüm.“ Ich schüttelte den Kopf und wandte mich bewusst von der Versuchung ab, ehe ich die Augen wieder öffnete. „Wir werden beide gehen“, sagte ich zu Sarissa. „Es wäre keine gute Idee zu bleiben.“ Ich bot ihr den Arm.
Sie sah mich einen Augenblick lang mit nachdenklich gerunzelter Stirn an, ehe sie ihn nahm. Wir gingen, und Cait Sith ging uns wieder voraus. Sobald wir in den eisigen Gängen waren, fragte sie: „Warum?“
„Warum was?“
„Warum du gehst“, sagte sie. „Du wolltest bleiben. … Sagen wir einfach, der, ähm, Appetit, den man Sidhe-Damen nachsagt, ist keine Übertreibung. Nichts erregt sie mehr als Gewalt und Macht. Es gibt Männer, die buchstäblich töten würden, um die Gelegenheit zu bekommen, die du gerade hast verstreichen lassen.“
„Wahrscheinlich“, sagte ich. „Deppen.“
„Warum hast du sie verstreichen lassen?“, fragte sie.
„Weil ich keine gottverdammte Gummipuppe bin.“
„Das ist ein guter Grund abzulehnen, wenn sich dir jemand aufzwingt“, sagte sie. „Aber so war es ja nicht. Warum hast du ihr Angebot ausgeschlagen?“
Wir gingen ein Weilchen, dann antwortete ich: „Ich habe schon einmal eine Entscheidung getroffen, die … mir alles genommen hat. Ich weiß nicht, wie lange ich noch hier sein werde oder inwiefern ich mein Leben wieder selbstbestimmt führen kann. Aber ich werde so weit als möglich meine eigenen Entscheidungen treffen.
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