Harry Dresden 14 - Eiskalt: Die dunklen Fälle des Harry Dresden Band 14 (German Edition)
meiner Arbeit und meinem Leben in Berührung gekommen waren. Aber sie wollten es so. Sie kannten die Gefahren und beschlossen, sich ihnen zu stellen. Es steht mir nicht zu, so etwas für andere zu entscheiden. Glaubst du, man bleibt besser allein?“
„Ich glaube, es ist für die anderen besser“, sagte Sarissa. „Du bist wieder gesund. Gehst du jetzt heim? Zu deinen Freunden und deiner Familie?“
„Ich habe kein Zuhause mehr“, sagte ich und war plötzlich sehr müde. „Sie haben meine Wohnung niedergebrannt. Meine Bücher, mein Labor. Meine Freunde halten mich für tot. Wie kann ich da einfach wieder anmarschiert kommen? ‚Hallo zusammen. Ich bin wieder da, habt ihr mich vermisst? Ich arbeite jetzt für eine der Bösen, was ist denn so an guten Filmen angelaufen, während ich weg war?‘“ Ich schüttelte den Kopf. „Ich mache mir neue Feinde. Fiese Feinde. Ich würde sie da nur wieder reinziehen. Ich weiß, was sie sagen würden – dass es egal ist. Aber ich weiß noch nicht, was ich tun werde. Mab scheint dir zu vertrauen. Was genau tust du für sie?“
Sarissa lächelte leicht. „Ich bin sowas wie ihr Menschlichkeits-Sherpa“, sagte sie. „Trotz all ihrer Macht und ihres Wissens versteht Mab Menschen nicht immer so richtig. Sie stellt mir Fragen. Manchmal sehen wir fern, gehen ins Kino oder hören Musik. Ich habe sie auch schon auf Rockkonzerte mitgenommen. Wir waren schlittschuhlaufen. Einkaufen. In Clubs. Einmal waren wir in Disneyland.“
Ich blinzelte. „Warte. Deine Aufgabe ist es … du bist allen Ernstes Mabs Busenfreundin?“
Sarissa begann plötzlich völlig haltlos zu kichern, bis ihr die Tränen in die Augen stiegen. „Oh“, sagte sie noch immer kichernd. „Oh, so habe ich das noch nie gesehen, aber … Gott, das passt, oder? Wir machen jedes Wochenende etwas zusammen.“ Sie schüttelte den Kopf und sammelte sich einen Augenblick lang. Dann fragte sie mich: „Hast du jemanden? Daheim?“
Karrin.
Aber ich wagte es nicht, ihren Namen zu sagen. Man wusste nie, wer alles mithörte.
„Vielleicht“, sagte ich. „Es fing … irgendwie gerade an, als ich ging. Ich bin nicht sicher, worauf es hinausgelaufen wäre. Mir gefällt die Vorstellung, dass …“ Ich zuckte die Achseln. „Na ja. Es war episch schlechtes Timing. Du?“
„Nichts Festes“, sagte sie. „Wenn ich jemandem nahe stünde, na ja … das würde ihn zum Ziel für Mabs Feinde machen, also, wie ich manchmal denke, für praktisch jeden in der Feenwelt. Die Ermordung des Geliebten von Mabs Schoßsterblicher wäre eine Beleidigung, bliebe aber indirekt genug, dass sie nicht reagieren könnte.“ Sie holte tief Luft und sah ihre Hände an. „Ich sah, wie du auf der Tanzfläche mit ihr gesprochen hast. Ich sah dein Gesicht. Wen sollst du umbringen?“
Ich zögerte. „Ich … ich bin recht sicher, dass ich dir das nicht sagen darf. Die Info könnte dir Ärger bereiten.“
Ich sah geradenoch rechtzeitig auf, um mitzubekommen, wie sich der Argwohn wieder in Sarissas Züge schlich. „Ah“, sagte sie. „Nun, ich denke, dann ist unser kleines Gespräch hiermit beendet.“ Sie biss sich auf die Unterlippe und fragte recht ruhig: „Bin ich’s?“
Das erwischte mich auf dem falschen Fuß. „Äh, was? Nein. Nein, du bist es nicht.“
Mehrere Herzschläge lang bewegte sie sich nicht. „Ich … verstehe.“ Dann sah sie auf, schenkte mir ein freundliches, aber falsches Lächeln und sagte: „Nun, es ist spät. Du solltest weiterhin versuchen, so viel Ruhe wie möglich zu finden.“
„Sarissa, warte“, begann ich.
Sie erhob sich mit geradem Rücken und angespannten Schultern. „ich glaube, ich gehe in mein Bett. Ähm. Es sei denn, du möchtest lieber …“
Ich stand ebenfalls auf. „Glaub bloß nicht, die Vorstellung missfiele mir generell. Du bist schlau, und ich mag dich, und du siehst klasse aus. Aber nein. Nicht so.“
Sie kaute wieder auf ihrer Lippe und nickte. „Danke dafür. Für dein Verständnis.“
„Gern“, sagte ich. Ich bot ihr den Arm und führte sie zur Tür meines Lagers zurück.
(„Lager“ klang in meinem Kopf viel besser als „Suite“).
An der Tür blickte sie zu mir auf. „Darf ich dich etwas fragen?“
„Klar.“
„Wirst du Mab gehorchen?“
Mein Hirn begann beim bloßen Gedanken an das, worum mich Mab gebeten hatte, irre zu kichern und im Kreis herumzurennen. Aber ich zwang es, sich zu setzen und in eine Papiertüte zu atmen, dann dachte ich kurz nach. „Vielleicht.
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