Harry Potter - Der siebte Horkrux
Ihre Augen glommen mit Entschlossenheit.
»Nein. Bleib und hilf Fleur, Bill Deckung zu geben. Er ist hier ungeschützter und wir können nicht mehr als einen Patronus verlieren, während ich dort oben bin.«, widersprach Harry, wohl wissend, dass ihr seine Antwort missfallen würde.
Ginny runzelte die Stirn und blickte zwischen Harry und Bill, der am Boden lag, hin und her. Schließlich schaute sie über die Wiese zu den erbärmlich wenigen Patronus, die sich abmühten, die Dementoren in Schach zu halten. Nickend straffte sie die Schultern und flüsterte: »Sei vorsichtig.«, bevor sie ihn küsste.
»Du auch.«, antwortete Harry und drückte ihre Hand.
Er duckte sich tief und eilte einigen der anderen hinterher, während er sich vorsichtig zu dem kleinen Hügel bewegte, auf den Bill gedeutet hatte. Mehrmals stolperte er, da Wellen von Erinnerungen über ihm hereinbrachen. Als er den Hügel erklommen und den richtigen Ort erreicht hatte, keuchte er vor Anstrengung.
Er konnte Bill und Ginny durch den Rauch kaum von den anderen unterscheiden, aber Merlin sei Dank für ihren roten Haarschopf, der überall hervorstach. Er konnte die Zwillinge ebenfalls ausmachen, die neben der Bannzone bei Tonks standen. Er wünschte, er könnte Remus sehen, aber diese Suche musste warten.
Als Bill rote Funken in die Luft sprühte, schloss Harry seine Augen und bündelte alle positiven Gedanken und Erinnerungen, die er für den Fuchsbau hatte. Ihm standen viele zur Auswahl und Harry begann, sich auf Empfindungen zu konzentrieren, die mit allen Menschen, die im Fuchsbau lebten, verbunden waren.
Er entsann sich der Wunder und der Ehrfurcht, die er verspürt hatte, als er mit zwölf Jahren das erste Mal den Fuchsbau betreten hatte. Er hatte so viel in diesem Sommer gelernt, nicht nur von der Zaubererwelt, sondern auch, wie es sich anfühlte, ein Teil einer Familie zu sein. Er hatte das Gefühl erlebt, irgendwohin zu gehören und nicht als eine Last betrachtet zu werden.
Er erinnerte sich an den Duft von frisch gebackenen Küchlein, geröstetem Hühnchen, Siruptörtchen, Steak, Nierenpastete und all seinen anderen Lieblingsgerichten, die Mrs. Weasley schnell herausgefunden und ihm stets in reichlichem Vorrat geliefert hatte. Er rief sich die Freude in Erinnerung, die ihn erfüllt hatte, als Mrs. Weasley zum ersten Mal seine Socken zusammen mit denen von Ron und ihren anderen Kindern gewaschen und gestopft hatte. Sie hatte sie gefaltet und zurück in seinen Koffer gesteckt. Und er hatte eine ganze Minute lang mit offenem Mund dagesessen, bis Ron ihn gefragt hatte, was los war. Tante Petunia hatte ihm stets nur Socken gegeben, in die Dudley Löcher gebohrt hatte. Mrs. Weasley hatte sie jedoch tatsächlich für ihn geflickt.
Harry nahm einen tiefen, beruhigenden Atemzug und fuhr fort, sich auf seine Erinnerungen zu konzentrieren.
Er dachte an Mr. Weasleys Schuppen, voll von mehr Steckdosen, als man in einem ganzen Leben brauchen würde, und an das offenkundige Entzücken des Mannes darüber, seine Entdeckungen mitzuteilen. Er entsann sich, dass er nicht nur das erste Mal nach seiner Meinung gefragt worden war, sondern auch wirklich das Gefühl gehabt hatte, dass seine Antwort wertschätzt wurde.
Harrys Beine zitterten, als er taumelte, doch es gelang ihm, aufrecht stehen zu bleiben.
Er rief sich die Quidditch-Spiele auf der Wiese in Erinnerung, wie sie Gnome im Garten geschleudert hatten, und die Kameradschaft einer Gruppe von Rotköpfen, die ihn als einen weiteren Bruder behandelt hatten und nicht als die Missgeburt im Schrank. Er hatte gelacht, richtig gelacht und zum ersten Mal in seinem jungen Leben die Sommerzeit genossen.
Harrys Beine gaben schließlich nach und er stürzte zu Boden, heftig keuchend. Er war erschöpft und hatte Kopfschmerzen, doch er schob die positiven Gefühle in den Vordergrund und kämpfte gegen die Dementoren, die versuchten, vorwärts zu dringen.
In seinem Geist stieg das Gesicht des hübschesten Mädchens auf, das er jemals gesehen hatte. Es lächelte ihn warm an, die Augen mit solcher Leidenschaft und Zärtlichkeit erfüllt, dass er in ihren Tiefen ertrinken könnte. Er erinnerte sich daran, sie vor gerade einer Stunde geküsst zu haben, und an das Gefühl, zu allem imstande zu sein, solange sie in seinen Armen blieb.
Nun benötigte Harry seine Arme, um sein Gewicht zu tragen. Dennoch drängte er die Emotionen vorwärts.
Hier war das Zuhause seines besten Freundes. Des Freundes, der die Arme weit geöffnet hatte
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