Hart
Herz und Geist kehrte ich in eine Zeit zurück, in der Michael und ich glücklich gewesen waren, und diese Erinnerung ließ alle meine Hoffnungen auf die Zukunft ersterben. Ich fragte mich dann, wo er war, und insbesondere, ob er mit ihr zusammen war, und die Eifersucht überfiel mich so heftig, dass ich kaum atmen konnte.
Es ergab keinen Sinn. In den Monaten nach der Trennung wurde bei Gesprächen deutlich, dass er sich eine Freundschaft mit mir sehr wünschte, eine Beziehung dagegen überhaupt nicht mehr wollte. Michael machte mit seinem Leben weiter, und obgleich er schwor, dass er sich mit keiner anderen Frau traf, wusste ich, dass es bis dahin nicht mehr lange dauern würde. Diesen Tag fürchtete ich, weil ich wusste, dass er das Gefühl des Ungenügens zurückbringen würde, das ich so mühsam zu überwinden versucht hatte.
Es sprach Bände über meine Psyche, dass ich das Gefühl hatte, selbst diejenige zu sein, die nicht genügte. Irgendwie glaubte ich, ich hätte gut genug sein müssen, um ihn zu halten, gut genug, um ihn die Frau vergessen zu machen, die sein Herz so sehr in Beschlag genommen hatte. Abersie war wie ein Krebsgeschwür geworden, das ihn Stück für Stück zerfraß, und uns gleich mit. Es war nicht meine Schuld, warum also empfand ich es so?
Das Schlimmste war die Unvorhersehbarkeit des Schmerzes. Er traf mich in den Momenten, in denen ich ihn am wenigsten erwartete, und selbst wenn ich damit rechnete, schien er immer anders zu kommen, als ich dachte. Ich konnte inzwischen Toms Hantelbank anschauen und sie sogar selbst benutzen, ohne eine Andeutung von Eifersucht zu empfinden. Ich konnte gewisse Dinge ansehen, Bücher lesen, die mich früher verstört hatten, oder etwas im Fernsehen sehen, das mich an Michael erinnerte, ohne die Fassung zu verlieren.
Und dann kam etwas ganz Simples und warf mich um, wie wenn sich im ruhigen Wasser nach einem Beben tief unterhalb der Meeresoberfläche ein Tsunami bildet. Dass es kam, wusste ich immer erst, wenn es mich schon fortriss.
So war es, als ich in den Salon ging.
Das Premier Day Spa lag mitten in der Stadt. Das Gebäude war so neu, dass es noch nach Farbe roch. Angeboten wurden hier alle möglichen Arten von Massagen, Yoga-Kurse für Anfänger wie Fortgeschrittene, und es gab ein Fitness-Center einschließlich Schwimmbecken. Doch der wahre Reiz des Premier Day Spa waren die Schönheitsbehandlungen, die alles umfassten, was Körper und Haut glättete, bräunte, reinigte und verschönerte.
Ich war zu einer Massage gekommen. Meine letzte Massage lag Jahre zurück, und als Tom das herausfand, verpasste er mir sofort selbst eine. Dort lag ich dann in Massageöl gebadet auf Handtüchern auf seinem großen Bett. Doch noch während er mich verwöhnte, bestand er darauf, dass ich auch zu einem Profi ging.
«Jede Frau hat eine Massage verdient», sagte er. «Es sollte ein Gesetz dafür geben.»
Die hübsche Frau am Empfang wies mir den Weg zu einem Wartezimmer in den Tiefen des Gebäudes. Dort standen teure, bequeme Sitzgelegenheiten. Ich ließ mich auf ein Brokatsofa sinken und nahm ein Fitness-Magazin von einem auf Hochglanz polierten Tisch.
Die Tür vor mir ging auf. Eine Frau kam heraus, der in ihrem weißen Kleid recht warm zu sein schien. Ihre Wangen waren gerötet, und sie roch wunderbar nach Sonnenöl.
Ich sah ihr beim Hinausgehen zu. Die Tür schwang lautlos in den Angeln. Bevor sie zu war, erhaschte ich einen Blick auf die leuchtenden Sonnenbänke.
Plötzlich konnte ich nicht mehr atmen.
Ich musste hier raus. Zu meiner vollständigen Überraschung stieg Panik in mir auf. Ich eilte zur Vordertür, stieß sie auf und wäre fast mit einem Mann zusammengestoßen, der auf dem Weg nach drinnen war. Ich stellte mich draußen an die Wand und stand dann da, vor dem Verkehr und den Passanten, vor Gott und der Welt, und atmete tief durch.
Dann brach ich in Tränen aus.
Die hübsche Rezeptionistin kam herbeigeeilt. «Ma’am? Alles in Ordnung? Was ist Ihnen da drinnen passiert?»
Ich schluchzte noch ein paar Mal, bevor ich mich zusammenriss. Sie reichte mir ein Papiertaschentuch. Es kam zerknautscht aus ihrer Tasche. Ich trocknete mir die Augen.
«Mein Ex-Freund», sagte ich. «Der ist ein Fan von Sonnenbänken.»
Sie nickte verständnisvoll. «Sie haben einen einzigen Blick auf das Spa geworfen, und dabei ist Ihnen alles das eingefallen, woran sie nicht mehr denken wollten?»
«Genau.»
Wieder nickte sie. «Bei mir waren es
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