Harte Schule
von unten, von den Opfern her, aufrollen können?«
Weißenfels lächelte. »Weber hat mich ja schon vor Ihnen gewarnt.«
»Herr Weber«, sagte ich, »ist heute Abend nur knapp einem Mordanschlag entgangen.«
»Oh. Das hat er mir gar nicht gesagt.«
»Er hat es nicht gemerkt. Ich sollte als seine Mörderin dastehen. Es sollte nach Beziehungstat aussehen. Hinterher hätte man ihm alle Ermittlungspannen der letzten Zeit angelastet. Die beiden, die mich überfallen haben, kenne ich. Es waren die Türsteher vom Club in der Wörrishofener Straße.«
»Haben Sie das der Polizei erzählt?«
»Ich bin doch nicht lebensmüde.«
Weißenfels bremste am Randstein vor meinem Haus. Die Unfallstelle war geräumt. Es knisterten nur noch Scherben von Richards Rücklicht und Seitenscheibe. Seltsam, dass er statt heimzufahren den U-Turn gemacht hatte, um hier vorzufahren.
»Die EKHK Beckstein«, sagte ich, »die ist doch nicht ganz sauber.«
»Das«, sagte Weißenfels bei laufendem Motor, »kann ich mit Ihnen wirklich nicht erörtern.«
Auf einmal sah ich mein beschämendes Interview mit dem Kultusminister in einem rosigen Licht.
18
Elsäßer zitierte mich sofort in sein Büro. Dort stand schon Maier mit seinem schönsten Duckergesicht. Er hatte gestern Nacht den Zwölfzeiler über die Schießerei verfasst, ohne die Person näher zu definieren, die vorübergehend festgenommen worden war.
»Erstens«, polterte Elsäßer, »wo waren Sie gestern?«
»Krank«, antwortete ich.
»Hätten Sie nicht anrufen können?«
»Ich war sozusagen in hilfloser Lage.«
»Dann bringen Sie mir ein ärztliches Attest Ihrer hilflosen Lage.«
Kein Problem. Sally würde der Kinderärztin, bei der sie Sprechstundenhilfe machte, ein Attest abnötigen oder eines fälschen.
»Zweitens«, knurrte Elsäßer, »was in drei Gottes Namen haben Sie verdammt noch mal beim Kultusminister gewollt? Sind Sie eigentlich von allen guten Geistern verlassen. Rückt dem Minister mit vorsintflutlichem Abhörgerät zu Leibe. Allein schon deshalb gehörten Sie hochkant … aber darüber reden wir noch. Und drittens …«, er klopfte mit den Fingerknöcheln seiner Tennishand auf die Lokalseite, »… was muss ich da lesen? Redakteurin des Stuttgarter Anzeigers schießt auf einen Oberstaatsanwalt …«
»Mit Verlaub«, meldete sich Maier bescheiden, »so habe ich das aber nicht geschrieben.«
»Ja und warum nicht?!«, brüllte Elsäßer. »Wenn es Ihnen an Mut und Entschlusskraft fehlte, warum, verdammt noch mal, haben Sie mich dann gestern Nacht nicht angerufen? Wo bleibt denn unsere Glaubwürdigkeit? Diese junge Dame da macht sich auf, den Kultusminister an den Pranger zu stellen. Ja glaubt ihr denn, wir können uns so was leisten, wenn wir andererseits unsere eigenen kriminellen Kollegen mit Glaceehandschuhen anfassen?!«
»Aber entschuldigen Sie mal«, muckte Maier auf.
»Nein«, brüllte Elsäßer, »ich entschuldige nicht. Wenn Sie nicht informiert sind, haben Sie Ihren Beruf verfehlt.«
Maier warf mir einen Blick zu, der töten sollte.
»Ich habe doch gar nicht geschossen«, sagte ich, um den Duckmäuser aus der Schusslinie zu bekommen. »Aber das muss nicht unbedingt in der Zeitung stehen.«
Elsäßer belichtete die Tabakkrume seiner Pfeife, stopf te nach, zündelte erneut und paffte. »Wie soll ich das verstehen?«
»Nun, Kollege Maier hat, denke ich, mit der gebotenen journalistischen Umsicht gehandelt, als er meinen Namen, falls er zu diesem Zeitpunkt schon bekannt war, nicht erwähnte. Dennoch gebe ich Ihnen recht – ohne meinem Kollegen in den Rücken fallen zu wollen –, dass man einen Namen nennen sollte, schon um die wahren Täter in Sicherheit zu wiegen und den Behörden die Ermittlungen zu erleichtern.«
Elsäßer dirigierte Maier mit dem Pfeifenstiel aus dem Büro. »Und jetzt Klartext.«
Ich erzählte ihm irgendwas vom Elch. Sollte noch mal jemand behaupten, ich könnte nicht Schach spielen. Schließlich leuchtete es Elsäßer ein, dass es darum ging, Otter des Mordes an Marquardt zu überführen, nachdem er Killer aus dem Schwulenmilieu für einen Anschlag auf mich angeheuert hatte. Vielleicht erwärmte Elsäßer auch die Hoffnung, die Killer würden mich beim nächsten Mal erwischen. Jedenfalls sah er vorerst davon ab, mich rauszuschmeißen. »Aber sagen Sie mir Bescheid, bevor Sie das nächste Mal bis an die Zähne mit Elektronik bewaffnet zu einem Minister gehen.«
Die Mitteilung von Staatsanwalt und Polizei war
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