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Harte Schule

Harte Schule

Titel: Harte Schule Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Lehmann
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Sie …« Richard verlor plötzlich den Faden.
    Christoph warf mir einen fragenden Blick zu.
    »Er hält mich hier fest«, sagte ich. »Er sagt, ich hätte die Gasexplosion in Otters Haus zu verantworten. Ich fürchte, jetzt ist er endgültig durchgeknallt.«
    Christoph zog die Zigarettenschachtel. Hinter seiner Schläfe arbeitete es. Ich fragte mich, warum Richard seinen Erzfeind bestellt hatte. Doch nicht, damit er ihm aus der Klemme helfe.
    »Ich bin für den Fall nicht zuständig«, sagte Christoph.
    »Gerade waren zwei Schutzpolizisten hier«, sagte Richard. »Sie teilten mir mit, dass Frau Nerz per Haftbefehl gesucht werde. Durch einen Zufall war Frau Nerz gerade nicht anwesend.«
    Christoph nickte neutral.
    »Es handelte sich«, fuhr Richard fort, »um die beiden Polizeimeister Zabel und Juncker, die einer nicht genehmigten Nebentätigkeit als Türsteher im Club in der Wörrishofener Straße nachgehen.«
    Mir wurde heißkalt.
    Christoph zündete sich die Zigarette an. Ich versuchte hastig, Richards Taktik auf die Spur zu kommen, und räsonierte im Stillen darüber, dass er voraussetzte, ich hätte denselben Gedanken wie er.
    »Zabel und Juncker«, sagte ich, »haben den Angriff auf Weber inszeniert, und ich glaube, dass sie Otters Gasleitung beschädigt haben. Sie sind Bollachs Killer.«
    Richard machte keine Miene, mir das Wort zu verbieten. »Der Mord an Marquardt«, fuhr ich fort, »der Anschlag auf Herrn Weber, der Tod von Otter und ihr Erscheinen hier lassen mich befürchten, dass eine von Beckstein geführte Vernehmung für mich lebensgefährlich werden könnte.«
    Christoph hielt nach dem Aschenbecher Ausschau, den Richard ihm über den Tisch schob.
    »Danke.«
    »Bitte.«
    Christoph stippte die Asche ab. »Gesetzt den Fall, es wäre so. Was soll ich dabei tun?«
    Das wusste ich nun wirklich nicht. Schließlich hatte Richard das Dreiertreffen veranlasst.
    »Wenn Sie mir einen Vorschlag erlauben, Herr Weininger«, sagte er, »dann nehmen Sie die Aussage der jungen Dame zu Protokoll und leiten sie Frau Meisner zu.«
    »Ich bin nicht mehr mit dem Fall Marquardt befasst. Beckstein hat die Soko verkleinert. Der Fall gilt ja als weitgehend gelöst.«
    »Egal«, sagte Richard. »Lisa wird den ganzen Schwurbel in die Akten gießen, wo er herumschwelt wie eine Müllkippe und alle möglichen Leute zu heftigem Armwedeln veranlasst.«
    Christoph lachte verblüfft.
    »Und Sie, Herr Weininger, nennen mir ein paar Namen.«
    »Ich verstehe nicht.«
    »Sie haben doch selber Zweifel, ob Marko Vasiljevic seinen Lehrer getötet hat. Beckstein muss sogar den Obduktionsbericht manipuliert haben, damit das beweisbar ist. Anfangs hieß es doch, Marquardt sei mit einer Hohlnadel erstochen worden, nicht mit einer Schusterahle.«
    »Das forensische Gutachten widerspricht der ersten Begutachtung durch den Polizeiarzt in diesem Punkt«, gab Christoph zu.
    »Wie viel hat der Begutachter dafür bekommen?«
    »Den Stiefel ziehe ich mir nicht an.«
    »Sie sollen ihn auch nicht sich, sondern Frau Beckstein anziehen.«
    »Das stinkt«, sagte Christoph. »Da mache ich nicht mit. Die Beckstein mag zwar ihre Fehler haben, aber ich konnte keine groben Irrtümer oder gar Beweisunterdrückung bei den Ermittlungen im Fall Marquardt feststellen.«
    »Nun«, sagte Richard fies, »dass Sie Offensichtliches gern übersehen, ist ja hinlänglich bekannt.«
    Für einen Moment hielten Aktenordner, Sechzigwatt glühlampe, Aschenbecher und Straßenverkehr die Luft an. Die Vergangenheit erhob sich flügelschlagend wie eine desorientierte Taube.
    »Wenn ich damals nach Ihrem Unfall mit Unfallflucht«, sagte Christoph mit angelegtem Kinn, »bei Ihnen eine Blutentnahme angeordnet hätte, wären Sie jetzt nicht Staatsanwalt.«
    »Da irren Sie sich«, sagte Richard. »Sie haben meine offensichtliche Trunkenheit übersehen und damit verhindert, dass ich mildernde Umstände in der Verhandlung wegen Unfallflucht geltend machen konnte. Wegen Ihres Versäumnisses musste ich meine Schuldunfähigkeit mühselig auf anderem Wege nachweisen.«
    Christoph schnaubte.
    »Sie glauben mir bis heute nicht«, stellte Richard fest. »Sie haben sich damals als blutjunger Polizist an dem arroganten Gerichtsreferendar mit den wenigen Mitteln rächen wollen, die Ihnen zu Gebote standen. Ich erinnere mich, dass ich Sie damals als schnauzbärtigen Wichser beschimpft habe. Aber das hätte Sie nicht veranlassen dürfen, mich für zurechnungsfähig zu halten. Ein Unfall hat oft einen

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