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Hartland

Hartland

Titel: Hartland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Buescher
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und schlug vor, mich zu ihm und seinen biertrinkenden Kumpanen zu gesellen. Nein, er schlug es nicht vor, er forderte es. Wie es weitergehen würde, war klar. Als nächstes würde er verlangen, daß dieser zugelaufene Weiße einen ausgab und dann noch einen und noch einen und so fort. Siehst du, sprach die Frau Vernunft und wollte ihre kühle weiße Hand auf mich legen. Ich schob sie weg, schob den betrunkenen Sioux weg und ging hinaus ins grelle Märzlicht.
    Ich fuhr und fuhr und trank die Farben der Prärie. Meist war sie gelb und braun und grau wie der Pelz des trickreichen alten Gauners, des Kojoten, dann wieder schneegefleckt wie das Kleid einer Eule. Manchmal weich wie Antilopenfell, dann wieder struppig wie ein nasser Wolf, und wenn es Abend wurde und die Spätwintersonne tief stand, war sie tabakbraun.
     
    Bei einer Rast in Timberlake saßen sie in ihrer engen Dinerbucht, vier verwitterte Farmer vor ihren unförmigen Kaffeetassen, mit ihren unförmigen Brillen unter den Schildkappen. Vier alte Rothäute, das waren sie nicht, aber so saßen sie da und murmelten, über die Zeiten, die alten, die neuen, rollten ihre Zeitmurmeln über den abgewetzten Tisch. Die weißen Siedler, so war es gewöhnlich zu hören, hatten die Welt, die sie vorfanden, unter ihren Pflug und unter ihr Gesetz genommen und sie ganz und gar verwandelt und unkenntlich gemacht.
    Schon wahr, aber nur halb. Die ältere Welt, die sie vorfanden, war kein schwächliches Etwas gewesen. Siehatte ihrerseits die Siedler unter ihr Gesetz genommen, sie sich anverwandelt und ihr Herkommen in kurzer Zeit unkenntlich gemacht. Die Siedler hatten nicht nur das Land – das Land hatte auch sie erobert. Güterzüge zogen durch die Prärie, erinnerten sie nicht an die Jagdzüge der Stämme in der Bisonsaison? Schwer beladen mit Beute zogen sie am Horizont hin in langer, langsamer Reihe. Und die notdürftige Hütte, die so ein armer Schlucker, den die Versprechungen der Einwandererwerbung von Land und Glück aus seinem Dorf irgendwo in Europa hierher ins Grasland gelockt hatten, errichten mußte, um seinen Anspruch auf die geschenkte Erde nicht wieder zu verlieren – all diese ersten Hütten, waren sie nicht so leicht, so zugig in den Präriewind gebaut wie die Tipis der indianischen Sommerlager, die noch kurz zuvor hier gestanden hatten? Bis heute sind die Häuser der Weißen so.
    Mit dem Wirt von Timberlake kam ich ins Gespräch, und schon bald nach dem ersten Wohin und Woher servierte er mir seine Siedlergeschichte. Er stamme aus der Gegend von Bismarck, beide Eltern seien Deutsche. «Beide wurden weggegeben.» Das heißt: Sie wurden als Kinder weggegeben, weit weg von daheim im eben arbeitsfähigen Alter. Außerstande, sie alle zu füttern, gingen die ärmsten der Siedler dazu über, ihre hungrigen Mäuler auszusiedeln, dorthin, wo man ein paar kindliche Knechte ernähren konnte. «Meine Mutter», fuhr der Wirt fort, «hat neulich ihre Schwester wiedergefunden. Sie ist jetzt fünfundachtzig, und sie hat siebzig Jahre lang vierzig Meilen entfernt von ihr gelebt, ohne es zu wissen.» Ich dachte, wer über die Härte des amerikanischenFegefeuers nicht reden will, sollte von den bunten Freuden des
melting pot
schweigen.
    Als in der Ferne der Berg Eagle Butte auftauchte, wußte ich, daß das Siouxland hinter mir lag und ich mich schon tief im Reservat der Cheyenne befand. Die Kadaver am Straßenrand wechselten, statt Fasanen lagen jetzt totgefahrene Weißschwänze und Maultierhirsche da, die einen erkennbar eben an ihren weißen Schwänzen, die ihnen nachwippten, wenn sie davonstoben, die anderen an ihren großen pelzigen Eselsohren. Ich überquerte den Bad River und sah die ersten wilden Kakteen. Dort lag Midland. Sein Hotel pries heilsame Bäder an, und am Abend wurde ein Comedian erwartet, aber ich hatte kein Verlangen nach einem Komiker in einem Kleinstadtsaal am Bad River. So kam es, daß ich keine lebende Seele traf, bis ich den Cheyennefluß erreichte. An seinem Ufer endete das Reservat, das Tal war überschwemmt, der schüttere Auwald stand im Wasser. Am anderen Ufer lag eine Ranch.
    Als ich in deren Richtung fuhr, kam mir der Rancher entgegen. Wir grüßten uns, hielten unsere Pickups an und wechselten ein paar Worte, ohne auszusteigen. Der Stil der Ranch deutete darauf hin, daß sie aus der Vorkriegszeit stammte, das Tonnendach der Scheune, das rotgestrichene Haupthaus samt Vorbau. Er war ein kräftiger Mann von vielleicht fünfzig Jahren, seine Rede

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