Hartmut und ich: Roman
bieten, besonders dribbelstark und pflegeleicht im Verbrauch. Benötigt nur eine Hütte und Bananen. War früher mal Profi, spielt jetzt gerne Landesliga!« Ich drehe mich zu den Männern um und sehe, wie ihre Augenwinkel zucken und ihre Gesichtsmuskeln sich überlegen, in welche Richtung sie sich bewegen sollen. Nur das Gesicht des kleinen Mannes hat sich entschieden. Er scheint zu verstehen und sieht Hartmut bewundernd an. Der Fetthaarige und der Zeugwart wissen nicht, was sie tun sollen. Sie wirken wie ein Wagen, der eigentlich das Ziel vor Augen sieht, aber soeben die Ausfahrt verpasst hat. Auf dem Platz geht ein türkischer Spieler auf Hartmut zu und sagt: »Ey, scheiß Faschist, was soll das, hä?« Der Schiedsrichter geht in seine Richtung und hält ihn an der Brust fest.
Steven zerrt an seiner Leine und wirft dem Türken einen glaubwürdigen »Rette mich!«-Blick zu, Hartmut schnauzt mit harter Stimme zurück: »Was willst du, Muselmane?«
Ich frage mich, wie viele Leibwächter Hartmut hinter dem Wall über den Betonstufen positioniert hat, falls die Sache eskaliert. Ich befürchte, keinen. Der Türke reißt sich vom Schiri los, dessen Assistenten und ein paar Spieler halten ihn fest. Die ersten Flüche werden laut. »Was soll das denn? Was ist das für’n Scheiß?«
Zuschauer fangen an zu murmeln, Kinder zeigen auf Hartmut und seinen Sklaven.
»Das ist kein Scheiß und auch kein Scherz!«, sagt Hartmut. »Ich bin von der Vereinigung der Wiederverwertung ausgemusterter Fußballneger. Die Herren da oben haben neulich gesagt, dass solche nicht mehr als eine Hütte, ein paar Bananen und ordentliche Erziehung brauchen, und wie ich das sehe, braucht ihr Verein einen guten Spieler, sonst wird das nämlich nichts mit dem Klassenerhalt. Und so gerne ich selber lieber deutsche Ware auf dem Platz sehen würde, ist wirkliche Qualität gerade nur in Afrika zu holen. Also, was sagen Sie, meine Herren?« Alle wenden sich jetzt zu den Männern auf der Tribüne, die sehen sich um, als wüssten sie nicht, dass sie gemeint sind, und fuchteln mit den Händen.
»Was willst du denn?«, krächzen sie und werden rot.
»Elender Rassist. So was wollen wir auf unserem Platz nicht haben!«, sagt das Hundeherrchen.
»Wir sind keine Ausländerfeinde!«, sagt der Zeugwart.
»Ja, unser Platz ist sauber«, fügt der Fetthaarige hinzu.
»Genau, blitzsauber!«, sagt Steven jetzt, reißt sich die Kette vom Hals und geht unter den verblüfften Augen des Muselmanen auf die Männerclique zu. Er baut sich vor ihnen auf, sieht dem Fetthaarigen genau in die Augen und sagt: »Euer Platz ist so sauber, da hat absolut niemand Raum außer eurer Dummheit, nicht wahr?«
Der Schiedsrichter, die Spieler beider Mannschaften, die Kinder, die Zuschauer und der kleine Mann mit dem Schlafanzug unter der Jacke schauen sich das Duell gespannt an und atmen kaum hörbar in eine Stille, die ewig zu dauern scheint. Steven sieht dem Fetthaarigen genau in die Augen, bis dieser aufgibt, zur Seite sieht und »Scheiß Nigger!« sagt.
Steven lächelt süffisant, dreht sich um und sagt: »Ich hoffe, die Presse nimmt das auf.« Ich nicke und notiere demonstrativ. Der Schiedsrichter geht zu dem Fetthaarigen und sagt: »Verlassen Sie bitte den Platz.« Der hebt die Hände, lacht sarkastisch und erwidert: »Schiri, was hast du denn Zuschauer vom Platz zu stellen?«
»Er hat Recht«, sagt jetzt ein Mann, dessen Stimme ich kenne. »Verlassen Sie bitte den Platz!« Es ist der Stadionsprecher. Er muss ein Vereinsimage retten. »Rassisten wollen wir hier nicht.« Der Fetthaarige sieht seine Kollegen an. »Ich lach mich scheckig, ich zahl hier seit Jahren Vereinsgebühr, ich … «
Der Schiedsrichter, der Stadionsprecher, die Spieler und das Publikum bleiben hart. Alle schweigen. Der Sprecher nickt mit dem Kopf zum Ausgang. »Kommt, wir gehen!«, sagt der Fetthaarige jetzt, und der Zeugwart und das Hundeherrchen nehmen ihre Flaschen, Jacken und Tiere. Nur der Mann mit dem Schlafanzug bleibt. Er steigt langsam die Stufen hinab und stellt sich neben mich, lächelnd, als wolle er einen Smalltalk beginnen. Der Zeugwart wirft ihm einen giftigen Blick zu. Als die drei gehen, beginnen Spieler und Publikum zu klatschen. Der türkische Spieler steht mittlerweile bei Hartmut und sieht ihn ungläubig an, bevor er mit ihm spricht. Ich habe eine Menge auf meinen Block geschrieben.
Es wird der beste Bericht, den der Lokalsport je gesehen hat.
DOKU-SOAP
Ich traue meinen Augen nicht,
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