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Hartmut und ich: Roman

Hartmut und ich: Roman

Titel: Hartmut und ich: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Uschmann
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filmen, die den ganzen Tag saufen, kiffen, Playstation spielen und hippe Musik hören, die man dann zwischendurch als Clip einspielen oder zusammen mit der Serie als Soundtrack bewerben kann?«
    Hartmut lacht und nickt. »Ein bisschen realistischer darf’s schon sein. Aber generell ist es so gedacht, ja.«
    Ich schüttele den Kopf, aber diesmal eher ungläubig und erstaunt, dass ich hier an einem Montagmorgen in Shorts auf der Couch sitze, aus Protest ein Bier aufgemacht habe und drei Kameraleute von Viva Plus gerade in unserer Küche Kaffee eingießen und ihre Stullen auspacken, um hier eine Doku-Soap zu drehen, die irgendwann wirklich im Fernsehen laufen soll. Ich kann nicht fassen, wie weit der Aktionismus von Hartmut geht.
    »1000 Euro. Pro Tag. Für jeden von uns«, sagt Hartmut jetzt noch mal betörend und fügt hinzu: »Und wenn das genommen wird, wenn es funktioniert und sie es wirklich bringen, dann haben wir Gewinnbeteiligung.«
    »Und werden unfreiwillig berühmt«, sage ich.
    »Es gibt noch mehr WGs, in denen getestet wird, ob sie was taugen. Wir sind nicht die Einzigen. Wir sind im Moment im Probelauf.«
    Ich schüttele wieder den Kopf und atme unschlüssig aus.
    »1000 Euro am Tag«, sagt er wieder.
    Ich nehme einen Schluck Bier. Es schmeckt nicht am Morgen. »Okay«, sage ich, »lass sie filmen. Aber wenn wir genommen werden, will ich vorher die Bänder einsehen und Mitspracherecht haben.«
    »Klar doch«, sagt Hartmut und springt auf, atmet erleichtert aus und zwinkert mir zu. Dann geht er in die Küche zu den Kaffeetrinkern vom Fernsehen.
    Seit drei Tagen werden wir nun schon gefilmt. Hartmut und ich haben es uns zur Gewohnheit gemacht, über die Fernsehleute zu lästern, wenn sie gerade nicht hinsehen und keine Kamera auf uns gerichtet ist. Yannick zupft gerne an ihren Kabeln herum. Die Nachtschicht übernehmen immer zwei Typen, die mit dem Job nicht allzu glücklich scheinen. Der eine ist riesig groß und ziemlich breit, trägt diese Basketballshirts und hat Tattoos von Hardcore-Bands, der andere mit Spitzbart ist so klein, dass er sich mit Yannick auf die Fensterbank hocken könnte, wenn er wollte. Sie sind nicht glücklich mit ihrer Schicht, da bislang in der Nacht bei uns aber auch gar nichts passiert. Morgens übergeben sie wieder an das Dreierteam, das ständig Kaffee macht, und dann geht es los. Sie wollen es »authentisch«, und deshalb müssen Hartmut und ich darauf achten, dass wir nach dem Aufstehen erst mal laut Musik anmachen und Gitarrenriffs durch die Wohnung brettern, während wir über die anstehende Arbeit lästern, das Wochenende planen und über Frauen quatschen sollen, wie zwei junge WG-Bewohner mit Postern von Pulp Fiction , den Simpsons , Bob Marley und Rage Against The Machine das nun mal so machen, wenn sie morgens aufstehen. Das »Rage«-Poster haben die Leute von Viva aufgehängt, ebenso wie ein weiteres von Korn und das Logo von Slipknot auf der Schranktür über der Spüle. »People = Shit« steht da jetzt in weißen Buchstaben auf schwarzer Folie. Hartmuts Poster von Klaus Kinski, ein paar Kunstdrucke und die Demo-Plakate haben sie von der Wand genommen. Das passe nicht, meinten sie. Ich dachte an die 1000 Euro, als sie die Poster abnahmen und fühlte mich ein wenig elend, weil ich nichts dagegen sagte. Hartmut hat es einfach so hingenommen. Einfach so. Ich lag an diesem Abend länger wach als sonst.
    Jetzt ist es Donnerstag, und ich stehe in der Küche und schneide Gemüse. Der Kameramann seufzt, und der Hornbrillenmann tippt mir auf die Schulter. »Nein, nein, nein«, sagt er. »Was machst du denn da?«
    »Gemüse schneiden«, sage ich und deute mit dem Messer auf die Brettchen. »Paprika, Möhren, Kohlrabi … «
    »Das geht aber doch nicht«, sagt der Hornbrillenmann.
    »Warum nicht?«, frage ich.
    Der Hornbrillenmann wirbelt herum und macht theatralische Gesten. »Weil man in so einer WG nicht sorgfältig Gemüsepfannen kocht, sondern Pizza in den Ofen schiebt oder so was. Das will doch kein junger Fernsehzuschauer, der noch bei seinen Eltern wohnt und von so einer WG träumt, sehen, dass du hier anfängst, Gemüse klein zu schnibbeln.«
    »Ich denke, ich soll authentisch sein«, sage ich und zerteile die nächste Paprika.
    »Ja, aber doch nicht so«, seufzt der Hornbrillenmann. »Sieh mal, wir gleichen doch bloß ein bisschen an, wir machen die Gesamtästhetik ein wenig runder, das ist alles. Wir lügen doch nicht. Aber kannst du dir, sagen wir mal, vorstellen,

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