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Hasenherz

Hasenherz

Titel: Hasenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Updike
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ganz groß», setzt er noch hinzu, mit angestrengter Stimme, und hofft, daß man ihn durchs Glas verstehen kann, aber die Schwester legt seine Tochter schon in den Supermarket- Korb zurück. Er dreht sich zur verkehrten Seite um, einem neben ihm stehenden Vater mitten ins rosalidrige Gesicht, und er lacht laut heraus. Er geht zu Janice zurück, und ein Wind durchwirbelt ihn und facht die rote Haut des Kindes in ihm zum Lodern an. Im seifig riechenden Korridor kommt ihm der Einfall: das Mädchen muß June heißen. Man schreibt Juni, es ist im Juni auf die Welt gekommen. Er hat nie eine June gekannt. Janice wird Spaß an dem Namen haben, wegen des J. Aber Janice hat sich auch Gedanken gemacht über mögliche Namen und will das Kind nach ihrer Mutter nennen. Harry hat nie darüber nachge dacht, daß Mrs. Springer auch einen Vornamen haben könnte. Sie heißt Rebecca. Janice wird ganz fügsam unter dem warmen Strom von Stolz über die kleine Tochter, der von ihm auf sie herabfließt, und er wiederum ist gerührt von ihren töchterlichen Regungen; zuweilen bekümmert es ihn, daß sie so gar keine Liebe für ihre Mutter zu haben scheint. Sie schließen einen Kompromiß: Rebecca June Angstrom. Der schnurgerade Weg ist überdies noch eben: Mr. Springer hat die ganze Zeit über die Miete für die Wohnung gezahlt, stellt sich heraus. Er ist ein guter Freund des Hauswirts und hat die ganze Angelegenheit in die Hand genommen, ohne seine Tochter damit zu behelligen. Er hat immer eine Ahnung gehabt, daß Harry zurückkommt, aber er wollte es nie laut sagen, falls er doch unrecht behalten sollte. Harry und Nelson halten also Einzug in die Wohnung und kurbeln den Haushalt wieder an. Rabbit hat offensichtlich hausfrauliche Begabungen. Zuzusehen, wie der Schmutz in den Staubsauger gesogen wird, durch den Stoff schlauch in den Papierbeutel hinein, der, wenn er ganz voll ist mit einer kompakten grauen Staubmasse, den Deckel des Electrolux aufspringen läßt, wie ein Herr, der seinen Hut lüftet, macht ihm Vergnügen. Er ist durchaus nicht fehl am Platz gewesen als Anpreiser des Zauberküchenschälers; er hat einen ausgeprägten Sinn für die kleinen Handlanger der Zivilisation: für all die Reiber und Schneider und Halter. Das älteste Kind in der Familie sollte wohl immer ein Mädchen sein. Mim hatte sich als zweiter Zuwachs zum Angstrom-Haushalt gesellt und war dadurch dem blankgeputzten Herzen der Küche nie so nah gekommen wie er; sie stand immer in seinem Schatten bei der Hausarbeit und nahm nur mürrisch ihren Anteil daran auf sich, weil der ohnedies allmählich größer werden würde als der des Bruders, denn schließlich war er ja ein Junge. Rabbit denkt, daß es bei Nelson und Rebecca wohl ebenso sein wird.
    Nelson ist eine Hilfe. Er ist jetzt fast drei Jahre alt und kann schon kleine Dienstleistungen ausführen, wenn sie im Zimmer zu erledigen sind. Es leuchtet ihm ein, daß seine Spielsachen in den dafür bestimm ten Korb gehören, und er hat einen Sinn für den Segen der Sauberkeit, der Ordnung und der Helligkeit. Die Junibrise streicht summend an den Scheiben der lang geschlossenen Fenster hin. Die Sonne sprenkelt das Maschenwerk der Gardinen mit Hunderten flimmernder Ts und Ls. Hinter den Fenstern senkt sich die Wilbur Street zu Tal. Die flachen Teerblech-Dächer der Nachbarn sind zu sanften Furchenfeldern ver wittert und glitzern von geheimnisvollen Steincheninseln und Bonbon papieren und Glasscherben: lauter Kehricht, der aus den Wolken gefal len sein muß oder von Vögeln auf diese Straße durch den Himmel getragen worden ist, auf der Fernsehantennen wachsen und behaubte Schornsteine, wie Feuerhydranten so groß. Drei von solchen Dächern gibt es hier, am abfallenden Stück der Straße, sie sind geschrägt, damit der Regen abfließen kann: drei breite, schmutzige Treppenstufen, und dann fangen die vornehmeren Häuser an, die Stuck- und Backsteinfestungen, mit Veranden und Mansardenfenstern und Blitzableitern ge schmückt, umstanden von Nadelbäumen und beschützt von Bank- und Rechtsanwaltsbüros. Merkwürdig, daß die billigen Mietshäuser höher gebaut worden sind als diese Villen. Die sehen dadurch so übertölpelt aus. Aber in einer Stadt, die auf einem Berghang liegt, sind hochgelege ne Bauplätze zu üblich, um noch als Privileg zu gelten. Über allem zieht sich der plumpe Grat entlang, das dunkle Dickicht des Waldes, vom vornehmen Viertel der Stadt durch ein Netz ungepflasterter Wege mit verlassenen

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