Hasenherz
und ihr ist, als sauge das Kind einen Hohlraum in ihren Leib. Harry kommt immer noch nicht zurück. Wenn er nur weggegangen wäre, um frische Luft zu schöpfen, müßte er jetzt wieder da sein.
Das Kind kann die Warze nicht im Mund behalten, weil Janices Gedanken nicht bei der Sache sind. Ein Geschmack wie nach trockenem Toast kommt ihr auf die Lippe; sie lauscht angestrengt, ob nicht doch irgendwann Harrys Schlüssel im Türschloß kratzt.
Mutters Bekannte werden sich krumm und schief lachen, wenn sie ihn schon wieder verliert, sie weiß gar nicht, warum sie ausgerechnet jetzt an Mutters Bekannte denkt, nur, die ganze Zeit über, als sie zu Hause war, hat Mutter ihr dauernd vor Augen gehalten, wie die andern sich lustig gemacht haben über sie, und überhaupt, sie hat Mutter gegenüber immer schon das Gefühl gehabt, daß sie langweilig ist und unansehnlich und rundherum eine Enttäuschung, und sie hat gedacht, wenn sie heiraten würde, wenn sie einen Mann kriegte, dann wäre alles vorbei, dann wäre alles gut. Dann würde sie eine verheiratete Frau sein und ein eigenes Haus haben. Und nun hat sie gedacht, wenn sie dem neuen Baby Mutters Namen gibt, dann könnte sie sie damit loswerden, aber statt dessen liegt sie ihr nun an der Brust, mit blindem Mund, das arme Ding, sie hat das Gefühl, als liege sie ganz oben auf einer Säule, und alle Welt könne sehen, daß sie allein ist. Sie friert. Das Kind will die Warze nicht im Mund behalten, niemand will bei ihr bleiben.
Sie steht auf und geht im Zimmer herum und trägt das Kind auf der Schulter, klopft ihm leicht auf den Rücken, damit die Luft aufsteigt, und das arme kleine Ding ist so schlappig und kraftlos und rutscht immer runter und will seine winzigen knochenlosen Beine in ihrem Fleisch vergraben, um Halt zu bekommen, und das Nachthemd wird von der einströmenden Nachtluft bewegt und weht ihr gegen die Beine, hinten an den Waden, und gegen ihren Arsch, wie er gesagt hat. Man fühlt sich so schmutzig, sie haben noch nicht mal anständige Bezeich nungen für die Körperteile von einem.
Wenn jetzt sein Schlüssel sich im Schloß drehte und er käme, dann könnte er mit ihr tun, was immer er wollte, dann könnte er jeden Körperteil von ihr benutzen, jeden, was machte es ihr schon aus, so war eben die Ehe. Aber vorhin, als er versucht hatte, so was mit ihr zu machen, da kam es ihr so unfair vor, ihr tut schließlich noch alles weh, und er hat die ganzen Wochen mit dieser Prostituierten geschlafen, das kommt noch dazu, und dann sagt er ganz einfach: dreh dich um, in einem so ungeduldigen Ton, als handle es sich um etwas, das er gern rasch hinter sich bringen würde, aber wer ist sie denn schließlich, daß sie ihn nicht lassen wollte, nachdem sie ihn doch hat ziehen lassen, was für ein Recht hat sie denn, ihren Stolz hervorzukehren? Selbstachtung, ja, die müßte sie jetzt aufbringen, und zwar schon allein deshalb, weil er denkt, sie wage es nicht, welche zu haben, nachdem sie ihn hat laufen lassen, das ist das Ulkige, er hat sich sträflich benommen, aber von ihr erwartet er, daß sie keinen Stolz mehr hat und einfach nur noch ein Gefäß ist für seinen Dreck. Als er das vorhin mit ihr gemacht hat, da kam es ihr so geübt vor und hat all die Wochen an ihr vorbeiziehen lassen, in denen er weg war und tat, was ihm gefiel, und sie so hilflos war, daß Mutter und Peggy richtig Mitleid mit ihr hatten und alle andern sie auslachten, sie konnte es kaum ertragen.
Und dann heute, als er zur Kirche gegangen und so gebläht zurück gekommen war. Was für ein Recht hatte er eigentlich, in die Kirche zu gehen? Worüber haben er und Gott sich unterhalten hinter dem Rüc ken all dieser Weiber, die sich gegenseitig Blicke zuwarfen? Wenn die Männer doch nur an die Liebe denken würden, wenn sie sie ausüben, statt an alles mögliche andere zu denken, zum Beispiel daran, was sie machen werden, wenn sie den heißen kleinen Klumpen los sind, den sie in sich haben und der ihnen so zu schaffen macht. Man kann an ihren Händen spüren, ob sie an einen denken dabei, und Harry vorhin hat an sie gedacht, zuerst jedenfalls, und darum ließ sie ihn auch machen, es war, als hätte sie in einem Umschlag ihrer selbst gesteckt, so, wie seine Hände sie berührten, aber dann wurde er plötzlich grob, und es hat sie ganz verrückt gemacht zu spüren, daß er nur noch an sich selber dachte, dachte, wie fabelhaft er alles hinkriegte, wie er sie anfachte, nicht einen einzigen Gedanken hat er mehr
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