Hass
ihn hegen, wenn er lediglich erzählt, wie glücklich oder zufrieden oder sonst was die Angehörigen im Jenseits sind?«
»Sie machen sich über etwas lustig, das Sie nicht verstehen, Agent Stone. Das kommt keineswegs unerwartet, wenn man bedenkt, wer und was Sie sind. August half manchmal auch Leuten, die mit einer Krankheit zu ihm kamen.«
»Sie meinen, er gab ihnen medizinischen Rat?«
Wallace Tammerlane nickte.
»Ich wusste nicht, dass Dr. Ransom einen medizinischen Abschluss besaß.«
»Hatte er auch nicht«, sagte Julia. »August sagte, dass er sich manchmal an der Stimme eines Menschen ein Bild davon machen konnte, was in seinem Körper vorging. Dann wusste er einfach, ob derjenige sehr krank war. Er machte Vorschläge zu Arzneien und Behandlungen oder schickte den Klienten zu einem Spezialisten. Er wusste oft, ob es das Richtige für den Patienten war.«
Wallace Tammerlane sagte: »Ja, genau so ist es. Mir geht es manchmal auch so.«
»Was Sie sagen wollen, ist also, dass eventuell eine Fehldiagnose zu dem Mord führte – aus Rache?«
»Vielleicht.«
Cheney fragte: »Hat Dr. Ransom jemals zu Ihren verstorbenen Verwandten Kontakt hergestellt, Mr Tammerlane?«
»Nein, ich habe ihn auch nie darum gebeten. Ehrlich gesagt, sind sie ein erbärmlicher Haufen, mein Großvater ausgenommen. Er raubte Banken aus und starb im Alter von dreiundachtzig zu Hause im Bett. Warum sollte ich mir sagen lassen, dass sie glücklich sind? Das interessiert mich überhaupt nicht.«
Cheney sagte: »Wie ich das sehe, scheint die Hellsehermasche grundsätzlich darauf hinauszulaufen, dass alle Verstorbenen immer ihren Frieden finden und froh sind, egal, was sie im Leben angestellt haben.«
»Nicht unbedingt«, sagte Wallace. »Sie haben noch neun Minuten, Agent Stone.«
»Glauben Sie, Ihre Frau Beatrice ist glücklich und zufrieden?«
Tammerlane hätte nicht mehr schockiert gewesen sein können, wenn er auf ihn geschossen hätte. Er taumelte einen Schritt vorwärts und fiel beinahe hin. »Wie können Sie es wagen, über meine Frau zu sprechen?«
Julia stand auf und ging schnell zu ihm. »Agent Stone hat das nicht so schroff gemeint, wie es sich angehört hat, Wallace. Aber er ist FBI-Beamter, und er muss dir Fragen zum Tod deiner Frau stellen. Das verstehst du doch sicher.«
Julia tätschelte ihm den Arm, um ihn zu beruhigen.
»Er macht nur seine Arbeit. Bitte erzähl ihm von Beatrice.«
Wallace’ Blick senkte sich zu ihrer schmalen, blassen Hand. Er presste die Lippen zusammen. »Willst du mir sagen, dass August dir von dieser schrecklichen Zeit in Spanien erzählt hat und du das an Agent Stone weitergegeben hast?«
»Ja, natürlich hat sie es mir gesagt«, mischte sich Cheney ein. »Ich habe ihr klargemacht, dass jedes Detail wichtig ist. Machen Sie ihr daraus keinen Vorwurf. Also, hat August Ransom Beweise dafür gefunden, dass Sie Ihre Frau von dem Aquädukt in Segovia geschubst haben? Wollte er Sie auffliegen lassen?«
Wallace schob Julias Hand fort und stieß sich vom Kaminsims ab. »Das höre ich mir nicht länger an. Julia, wie konntest du nur?«
»Es tut mir leid, Wallace. Das war nicht ganz fair, Agent Stone.«
Cheney zuckte die Achseln und betrachtete seine Fingernägel.
Wallace rief: »Das reicht jetzt! Ich will, dass Sie gehen, Agent Stone. Julia, du kannst bleiben, aber er nicht. Ich rufe meinen Anwalt an. Von nun an können Sie immer mit ihm sprechen.«
Cheney sagte: »Sagen Sie mir nur eins, Mr Tammerlane. Sprechen Sie als renommiertes Medium je mit Ihrer toten Frau?«
KAPITEL 27
Wallace Tammerlane schnaubte. Der Zorn hatte seine Wangen gerötet und stieg ihm fast in die Augen. Cheney wartete geduldig.
Schließlich atmete Wallace tief durch und riss sich zusammen. Mit angehaltenem Atem beobachtete Julia den Mann, den sie immer gemocht hatte und von dem sie wusste, dass auch er sie mochte, und der stets aufrichtig ihren Ehemann bewundert hatte. Sie war sich aber nie ganz sicher gewesen, ob er ein echter Hellseher oder nur ein guter Entertainer war, und ebenso wenig, ob er ein echtes Medium war oder nur vorgab, mit deinem toten Vater zu sprechen, und dir damit das Herz brach. Wenn sie August danach gefragt hatte, war er ihr immer ausgewichen. Er sagte, der Glaube an jemanden beruhe auf nicht genau definierbaren Einflüssen und dass jeder das für sich selbst entscheiden müsse, was im Endeffekt überhaupt nichts klärte. Sie streckte die Hand wieder nach Wallace’ Arm aus.
Der sagte
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