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Hassbluete

Hassbluete

Titel: Hassbluete Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agnes Kottmann
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erzählen, dass ich sogar auf dem Balkon gesessen hatte. Dass Robin vielleicht gerade in dem Moment runtergefallen war, als ich meiner Mutter ein frisches Handtuch gebracht hatte oder als ich auf dem Weg nach unten gewesen war. Ich wusste ja nicht, wie lange er da schon gelegen hatte.
    Aber er war ja auch sofort tot gewesen.
    »Sitz ich jetzt auf der Anklagebank oder was«, konterte ich. »Wird das hier ein Verhör?«
    »Nein, ich mein ja bloß«, sagte Janni. Sie zog hastig ein letztes Mal an ihrer Zigarette. »Ich weiß auch nicht, was ich sagen soll!?« Fahrig fuhr sie sich mit der freien Hand durch ihre langen blonden Haare.
    »Dann lass es doch auch einfach«, sagte Mike.
    »Ja, sorry! Ich bin halt mit den Nerven gerade auch ein bisschen am Ende«, schrie Janni. »Kann ja nicht jeder so abgebrüht sein wie du!«
    »Nicht so laut«, mahnte Daniel. »Die Nerven liegen bei uns allen blank. Vielleicht sollten wir diese Veranstaltung an der Stelle einfach abbrechen. Sich weiter den Kopf zu zerbrechen, bringt ja auch nichts.«
    »Wieso wolltest du vorhin überhaupt so schnell da weg?«, fragte ich und wendete mich Mike zu.
    »Das hätte doch nur Ärger gegeben, wenn die Polizei erst mal angefangen hätte, Fragen zu stellen.«
    »So etwas wird nur unangenehm, wenn man was zu verbergen hat«, sagte Daniel.
    »Was soll das jetzt?« Mike klang plötzlich ziemlich müde. »Willst du mir was unterstellen?«
    »Du hast doch behauptet, jemand hätte Robin vom Balkon geschubst.«
    »Und das bin jetzt natürlich ich gewesen, oder was? Mach dich doch nicht lächerlich! Wieso sollte ich das getan haben?«
    »Aus Eifersucht. Wut. Frust.« Daniel betrachtete Mike wie ein Psychiater seinen Klienten. Sie müssen die Wut in sich zulassen und akzeptieren, dass sie ein Teil von Ihnen ist.
    »Du kannst mich mal mit deinem besserwisserischen Gehabe.« Mike war jetzt doch eindeutig wütend. Wenn er etwas nicht ertragen konnte, dann, wenn Daniel ihn als Proll darstellte und deutlich machte, dass er ihn für dumm und aggressionsgesteuert hielt. Es hatte in der Vergangenheit schon etliche Streits gegeben, wenn Daniel Mike auf diese Art provoziert hatte.
    »Jungs, hört doch auf«, versuchte ich zu beschwichtigen. »Das bringt doch jetzt gar nichts.«
    Die beiden starrten sich in die Augen. Nach ungefähr einer Minute sprang Daniel auf und sagte zu Janni: »Komm, wir gehen. Die Luft ist mir hier zu schlecht.«
    Janni stand bereitwillig auf, was mich wunderte, weil sie sich normalerweise nie etwas von Daniel sagen ließ. Aber heute war ja sowieso nichts normal. Die beiden verließen ohne ein weiteres Wort den Keller und knallten die Tür hinter sich zu.
    Mike blickte lange nicht hoch, nachdem die Tür hinter Daniel ins Schloss gefallen war. Ob es ihm leidtat und er den beiden gerne nachgegangen wäre? Wenn jetzt auch noch unsere Clique total auseinanderbrechen würde, was bliebe uns dann überhaupt noch? Trotzdem wäre ich in diesem Moment niemandem nachgegangen, auch nicht Mike. Ich fühlte mich plötzlich total allein. Ich wusste nicht richtig, warum. Es konnte nicht nur daran liegen, dass Robin jetzt nicht mehr da war. Dies hier war so ein Moment, den ich mit keinem Menschen teilen konnte, weil niemand mich verstand.
    Mike und ich sahen uns lange nicht an. Wenn ich länger zu ihm hinguckte, blickte er genauso demonstrativ nicht zurück.
    »Scheiße«, sagte er irgendwann.
    »Ich fühl mich auch scheiße«, erwiderte ich.
    »Wir sind nicht schuld«, fügte er hinzu und sah das erste Mal zu mir, mit einem Blick, als könne er jeden meiner Gedanken lesen. »Robin war ein komischer Typ, keiner hat bei dem wirklich durchgeblickt. Wer weiß schon, was in seinem Kopf wirklich abgegangen ist.«
    Dann fügte Mike tonlos hinzu: »Ich hab jemanden gesehen.«
    »Ich auch«, sagte ich schnell. »Robins Mutter. Sie war im Treppenhaus.«
    Mike sah mich prüfend an, als überlegte er, ob er mir immer noch trauen könnte und es richtig war, mich einzuweihen.
    »Warum hat sie behauptet, dass sie gerade erst von der Arbeit gekommen war?«, überlegte ich laut.
    »Ich weiß nicht, aber wir sollten uns nicht einmischen. Das müssen die schließlich selbst wissen und ich will da nicht mit reingezogen werden«, meinte Mike.
    »Meinst du, sie würden uns verantwortlich machen, wenn sie wüssten, was wir zu ihm gesagt haben?«
    »Keine Ahnung. Ist mir auch egal.« Aber ein Seitenblick verriet mir, dass es ihm überhaupt nicht egal war.
    »Vielleicht hat Robin auf

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