Hastings House
ein schlimmes Jahr hinter mir.”
“Ich nehme sofort zu, wenn ich deprimiert bin”, meinte die junge Frau traurig.
“Vielleicht können wir uns ja zusammentun und zuckerfreie Doughnuts erfinden”, schlug Leslie vor.
“Cool.”
“Na bitte. Wir sehen uns morgen früh?”
“Auf jeden Fall. Außer Sie kommen heute früher zurück. Seien Sie bitte ehrlich: Ich vergraule Sie doch nicht, oder?”
“Nein, ich finde Sie sogar sehr nett.”
“Danke.”
“Gern geschehen.”
Leslie stellte ihre Tasse weg und ging aus der Küche. Auf halber Strecke zum Eingang blieb sie stehen und stutzte. Ein Mann und eine Frau, beide im Stil der Kolonialzeit gekleidet, traten ein und unterhielten sich angeregt. Sie blieben ebenfalls stehen und sahen Leslie an.
“Hi”, grüßte sie sie, ging ihnen entgegen und streckte ihre Hand aus. “Ich bin Leslie MacIntyre. Sie müssen Tandy und Jeff sein.”
“Genau richtig. Hi”, erwiderte Tandy. Sie war eine sehr attraktive Frau um die vierzig und hatte strahlende Augen, was sie zu einer perfekten Martha Washington machte. Perücke und Hut saßen tadellos, und mit dem weiten Kleid und der Schürze sah sie absolut authentisch aus. Der Mann war groß und schlank, er trug ebenfalls eine Perücke. Gemeinsam hätten sie ohne Weiteres George Washington und seine Ehefrau sein können.
“Miss MacIntyre, es ist mir ein Vergnügen”, sagte Jeff Green.
“Vielen Dank. Ich freue mich, Sie beide kennenzulernen, allerdings müssen Sie mich auch gleich entschuldigen, weil ich sonst zu spät komme.”
“Aber natürlich. Ich hoffe, wir haben später noch Zeit zum Reden”, meinte Jeff.
“Das hoffe ich auch.”
Während sie das Haus verließ, hörte sie, wie Jeff um einen Kaffee bat und Tandy Melissa neugierig befragte, wie “Miss MacIntyre” denn so sei und ob sie schon mit einem Geist gesprochen habe.
Als sich Leslie der Baustelle näherte, wurde ihr bewusst, dass es vielleicht gar nicht half, wenn sie sich so beeilte. Wieder standen etliche Schaulustige vor der Zufahrt zum Grundstück. Leslie wusste nicht so recht, ob sie sich wirklich zwischen den Leuten hindurchquetschen wollte.
Auch waren zahlreiche Reporter anwesend, was Leslie ein wenig ärgerte. In New York ereigneten sich jeden Tag Tausende von Dingen, über die man berichten konnte. Warum also hielt sich die Meute hier auf? Andererseits konnte sie froh sein, dass sich so viele Menschen für die Vergangenheit dieser Stadt interessierten.
Doch auch wenn sie Melissa etwas anderes gesagt hatte, war sie es in Wahrheit leid, ständig Fragen über Matt und ihren Gemütszustand beantworten zu müssen.
Sie war aus freien Stücken hergekommen, und daher hatte sie gar kein Recht darauf, sich zu beklagen. Sie drückte den Rücken durch, straffte die Schultern und steuerte auf das Zufahrtstor zu, wo die meisten Neugierigen standen.
“Entschuldigen Sie, ich arbeite hier. Würden Sie mich bitte durchlassen?”, fragte sie und schob sich durch die Menge.
Professor Laymon stand mitten auf dem Grundstück und hielt Hof für eine Gruppe von Journalisten. Brad war an seiner Seite. Leslie wollte niemandem die Schau stehlen, aber vielleicht war es das Beste, wenn sie sich der Meute stellte und sie dann endlich ihre Ruhe hatte. Sie ging auf die beiden zu.
“Da ist Leslie MacIntyre”, flüsterte jemand, als sie vorbeiging, andere wiederholten ihren Namen.
“Hi”, sagte sie, als sie ihre Kollegen erreicht hatte. Im Hintergrund bemerkte sie einige Polizisten, die auf der Baustelle verteilt patrouillierten, um Schaulustige davon abzuhalten, historisch wertvolle Souvenirs zu sammeln.
“Miss MacIntyre, willkommen zurück in New York”, rief ein Mann, der einen Notizblock in der Hand hielt.
“Danke.”
“Was ist das für ein Gefühl, wieder hier zu sein?”, wollte ein anderer wissen.
“Gibt es einen neuen Mann in Ihrem Leben?”
“Wie kommen Sie damit zurecht, dem Hastings House so nahe zu sein?”
“Waren Sie schon im Haus?”
“Ich bin begeistert davon, wieder in New York zu sein”, sagte sie und beugte sich zu Laymons Mikrofon hinüber. “Ich glaube, wir haben es hier mit einer sehr bedeutenden Entdeckung zu tun, und … nun ja, New York ist mein Zuhause.”
“Sie haben doch diese Tote gestern entdeckt, nicht wahr?”
“Ich bin auf ihre sterblichen Überreste gestoßen, das ist richtig. Allerdings zusammen mit meinem Partner Brad Verdun. Wir arbeiten unter der Leitung von Professor Laymon. Wir sind der Stadt sehr
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