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Hasturs Erbe

Hasturs Erbe

Titel: Hasturs Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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geredet …?«
    »Aber du warst doch da, Lew. Kannst du dich wirklich nicht erinnern?«
    »Nein. Nur an Traumfragmente. Schreckliche Alpträume.«
    Sie berührte zart die Verbrennung an meiner Hand. »Das hast du dir dort geholt. Beltran hat ein Ultimatum gestellt. Es war nicht sein Wille –, er hat versucht zu entkommen –, aber auch er ist nun in Kadarins Händen hilflos. Er hat gedroht, und die Terraner haben sich geweigert, und Kadarin hat uns auf den höchsten Punkt über der Stadt gebracht, von wo aus man direkt auf die Stadt hinabblicken konnte. Überall waren Flammen, Schreie …« Sie rollte sich auf den Bauch und verbarg das Gesicht in den Händen. Erstickt sagte sie: »Ich kann nicht. Ich kann es dir nicht sagen. Sharra ist schon schrecklich, aber dieses Feuer … ich habe mir nie so etwas vorstellen können … Und er sagte, das nächste Mal kämen der Raumhafen und die Raumschiffe dran …«
    Caer Donn. Unsere Zauberstadt. Die Stadt, die ich vor meinem geistigen Auge gesehen hatte, verändert durch eine Synthese aus terranischer Wissenschaft und darkovanischen Psi-Kräften. Zerstört, verbrannt, eine Ruine.
    Wie unsere Leben, wie unsere Leben … Und Marjorie und ich hatten es getan.
    Marjorie schluchzte heftig. »Ich hätte sterben müssen! Ich werde sterben … ehe ich wieder diese Zerstörung bewirke!«
    Ich hielt sie ganz fest. Dabei konnte ich das Zeichen der Comyn sehen, das wenige Zentimeter über der Verbrennung in mein Handgelenk eingegraben war. Jetzt gab es keine Hoffnung mehr für mich. Ich war ein Verräter, doppelt verdammt und ein Verräter.
    Einen Moment wirbelte die Zeit durch meinen Kopf. Ich kniete vor meiner Bewahrerin auf dem Arilinn und hörte mich sagen: »… schwöre bei meinem Leben, was immer ich auch für Kräfte haben werde, ich werde sie nur zum Guten meiner Kaste und meines Volkes benutzen, nicht für persönliche Zwecke und Ziele …«
    Ich war ein Verräter, ein doppelter Verräter. Ich hatte meine Talente, meine im Turm erworbenen Fähigkeiten eingesetzt, um Zerstörung, Vernichtung über jene zu bringen, denen ich in doppelter Weise, als Comyn und als Telepath, verschworen war, die ich schützen und behüten sollte.
    Marjorie und ich befanden uns in intensivem Kontakt. Sie blickte mich mit vor Entsetzen und Protest weit aufgerissenen Augen an. »Du hast es doch nicht willentlich getan«, flüsterte sie. »Man hat dich gezwungen, unter Drogen gesetzt, gefoltert …«
    »Das macht keinen Unterschied.« Es war meine Wut, mein Haß, den sie benutzt hatten. »Auch nicht, um mein Leben zu retten, auch nicht, um deines zu retten, hätte ich erlauben sollen, daß man uns hierher zurückbringt. Ich hätte sie veranlassen sollen, uns beide zu töten.«
    Jetzt gab es keine Hoffnung mehr für uns, keine Fluchtmöglichkeit. Kadarin konnte mich wieder betäuben, mich wieder zwingen, und es gab keine Möglichkeit des Widerstands. Mein eigener unbewußter Haß hatte mich dem ausgeliefert, und es gab kein Entkommen.
    Kein Entkommen außer dem Tod.
    Marjorie – ich blickte sie an – bebte vor Schmerz. Auch für sie gab es keinen anderen Ausweg. Ich hätte Kadarin damals in der Steinhütte dazu bringen sollen, sie rasch zu töten. Dann wäre sie unschuldig gestorben, nicht so, langsam, unter dem Zwang zu töten.
    Sie fingerte an ihrem Kleid herum und brachte einen kleinen, scharfen Dolch zum Vorschein. Ruhig sagte sie: »Ich glaube, sie haben vergessen, daß ich das hier immer noch habe. Ist er scharf genug, Lew? Willst du es für uns beide tun?«
    Und da brach ich zusammen und schluchzte hilflos. Es gab für uns beide keine Hoffnung. Ich wußte es. Aber daß es soweit kommen sollte, daß Marjorie so ruhig von dem Messer sprach, das uns beide töten sollte, als hätte sie mich gefragt, ob die Stickerei auf ihrem Kleid eine hübsche Farbe habe – das konnte ich nicht ertragen. Das war jenseits von allem Erträglichen.
    Als ich mich schließlich wieder ein wenig beruhigt hatte, stand ich auf und ging zur Tür. Laut sagte ich: »Dieses Mal werden wir sie von innen versperren. Zumindest der Tod ist eine Privatangelegenheit.« Ich schob den Riegel vor, ohne Hoffnung, daß er lange standhalten würde, wenn sie uns suchten, doch dieses Mal würde es uns gleichgültig sein.
    Ich ging zurück zum Bett und schleuderte die Stiefel fort, die ich aus einem mir unbekannten Grund anzuziehen versucht hatte. Ich kniete vor Marjorie nieder und zog ihr die leichten Sandalen von den Füßen. Dann nahm

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