Hauch der Verfuehrung
professioneller Natur. Und natürlich ist er so ritterlich, wie es ein wahrer Gentleman ja auch sein sollte, und will mir behilflich sein. Das ist alles, was uns verbindet. Aber ich fürchte, eine ... eine gewisse Erwartung ist irgendwie aufgekommen, die auf der Annahme beruht, dass unsere Beziehung privater Natur ist.«
Minnie und Timms runzelten beide die Stirn, aber nicht stark, eher als ob ihre Erklärung sie vor ein Rätsel stellte. »Wollen Sie etwa sagen«, fragte Timms, »dass Sie nicht daran denken, ihn zu heiraten?«
Jacqueline starrte sie an; ihr fiel nichts anderes ein, als ebenso unverblümt zu antworten. »Nein. Das heißt«, verbesserte sie sich rasch, »es geht hier nicht um die Frage, ob ich ihn heiraten will, sondern eher um die Feststellung, dass das Wort Heirat zwischen uns überhaupt nie gefallen ist. Wir haben nie darüber geredet.«
»So.« Timms drehte sich um und wechselte einen verständnisinnigen Blick mit Minnie.
Minnies Lächeln kehrte zurück, strahlender als je zuvor. »Ich würde mich deswegen nicht beunruhigen lassen, meine Liebe. Sie - die Männer in unserer Familie - sind immer schon sehr schwerfällig, wenn es um die Ehe geht.« Ihr Blick wurde nachdenklich. »Genau genommen kann ich mich auf die Schnelle an keinen erinnern, der je ...«
Nach einem Augenblick richtete Minnie ihren Blick wieder mit unverwüstlich fröhlicher Miene auf Jacquelines Gesicht. »Aber machen Sie sich deswegen keine Sorgen, meine Liebe. Wir kennen Gerrard von der Wiege auf, und er hat eindeutig vor, Sie zu heiraten.«
Es gelang Jacqueline, ihre wachsende Erbitterung zu verbergen - und auch die seltsame Panik, die sich langsam in ihr ausbreitete. Sie betrachtete Minnies funkelnde Augen. »Wirklich, Madam. Ich versichere Ihnen, da ist nichts dieser Art zwischen uns. Gerrard ist an mir nur im Rahmen des Porträts interessiert.«
»Pah!« Timms schaute sie eindringlich an. »Unsinn.« Ihre scharfen Augen studierten Jacquelines Gesicht, dann fuhr sie fast brummig fort: »Aber ich kann sehen, dass Sie das glauben - was vielleicht auch gar nicht überraschend ist, da Gerrard so ein sturer Dummkopf sein kann, hochmütig und auch arrogant, obwohl ich fast annehme, dass er diese Seite vor Ihnen verborgen hat. Hmpf!« Sie schwieg einen Moment, um ein Stückchen Garn loszuzupfen. »Aber egal, ich rate Ihnen ernsthaft, sich schon einmal Gedanken zu machen, was Sie ihm antworten wollen, wenn er fragt, ob Ihnen eine große Hochzeit wichtig ist oder ob Sie lieber mit Sondererlaubnis heiraten wollen. Und ehrlich gesagt« - Timms fing Jacquelines Blick auf - »wir alle wären sehr enttäuscht, wenn Sie sich für die Sondererlaubnis entschieden.«
Sie konnte nicht einfach lächeln und den Rückzug antreten, alles so lassen, wie es war. Jacqueline öffnete den Mund ...
»Wirklich, meine Liebe.« Minnie beugte sich vor und tätschelte ihr die Hand. »Ich verstehe, dass wir vielleicht aus Ihrer Sicht die Dinge überstürzen, und ich kann auch begreifen, dass, da Sie nun mal vom Lande kommen, Sie die Dinge nicht sofort durchschaut haben. Im Übrigen ist es ganz reizend, dass Sie meinen, Sie müssten uns alles erklären. Aber ich darf Ihnen versichern, dass wir Gerrards Absichten Ihnen gegenüber richtig deuten. Wir täuschen uns sicher nicht.«
Jacqueline sah Minnie fest in die blauen Augen. »Er denkt nicht daran, mich zu heiraten.«
»Ach, aber sicher«, beteuerte Timms. »Ich kenne ihn, seit er ein schreiendes Baby war, und er hat eindeutig ein Auge auf Sie geworfen.« Sie schaute Jacqueline an und lächelte. »Und berücksichtigt man, dass er es so ausgezeichnet verstanden hat, seine Absichten vor Ihnen zu verbergen, möchte ich nicht in seinen Schuhen stecken, wenn er schließlich um Ihre Hand anhält.«
Minnie kicherte. »Allerdings nicht.«
Jacqueline schaute von der einen zur anderen; beide genossen es offensichtlich, sich auszumalen, welche Schwierigkeiten Gerrard bei seinem Antrag bevorstünden. Aber den würde er ja nicht...
Es war hoffnungslos. Sie seufzte und lehnte sich zurück, dann stand sie auf und entschuldigte sich. Sie ließen sie mit einem herzlichem Lächeln und den wohlmeinenden Worten gehen, dass alles gut werden würde. Sie würde schon sehen.
Jacqueline kehrte in ihr Zimmer zurück, wo sie die Stunde bis zum Dinner mit einem Bad und Nachdenken verbrachte.
Es war unmöglich, sich nicht zu fragen - nur für einen Moment -, ob die anderen vielleicht recht hatten und sie sich irrte. Minnie,
Weitere Kostenlose Bücher