Haunted (German Edition)
hinter ihr.
Der Matsch verschwand. Die Küche vor ihr schien völlig normal, nichts Ungewöhnliches, genau wie es sein sollte. Trotz der Aussicht auf die matschigen Abdrücke war die saubere Küche nicht wirklich überraschend. Überraschend war dagegen, dass auch das Wohnzimmer in perfektem Zustand zu sein schien. Sie konnte es durch die Tür sehen, am Esszimmer vorbei. Laut Julians Beschreibung hatte sie kaputte Lampen und umgekippte Möbel erwartet, aber soweit sie sehen konnte, war das Zimmer makellos.
Julian bemerkte es ebenfalls. »Was zum Teufel …?« Er eilte hinüber, drehte sich um, in seinem Gesicht ein Ausdruck völliger Verwirrung.
Das hätten gute Nachrichten sein sollen, vermutete Claire, aber irgendwie jagte ihr das weitaus mehr Angst ein als ein verwüsteter Raum. Sie hatten es hier mit irgendetwas zu tun, das Dinge verändern konnte. Julian hatte recht. Es war kein Geist. Oder nicht nur ein Geist. Denn das Wesen, das dieses Haus besetzte, war in der Lage, Objekte zu zerstören und sie wieder zusammenzusetzen. Seine Kräfte waren nicht bloß übernatürlich, sondern gottgleich, und sie realisierte, dass es keine Chance gab, jemals zu hoffen, gegen so etwas ankämpfen zu können. Sie verwarf ein für alle Mal jeglichen Gedanken daran, den Geist zu überwältigen. Sie wollte nur ihren Dad finden und ihn von hier wegschaffen. Danach kümmerte es sie nicht, was mit diesem Haus geschah. Ihretwegen könnte es bis auf die Grundmauern abbrennen. Das wäre in der Tat der bestmögliche Ausgang. Sie müsste nicht mit der Schuld leben, dieses Böse an eine andere ahnungslose Seele weiterzugeben, und sie könnten vielleicht sogar etwas Geld von der Versicherung herausschlagen. Aber was wäre danach? Der Boden an sich war verflucht. Jedes neugebaute Haus an der gleichen Stelle würde das gleiche Problem haben. Und was wäre, wenn die gesamte Nachbarschaft ausgemerzt wurde? Was würde die Stadt mit der Fläche machen? Den Park vergrößern? Ein Einkaufszentrum errichten? Alles davon waren Katastrophen, die auf sich warten ließen. Die einzig nützliche Möglichkeit, die sie vorhersehen konnte, wäre eine Mülldeponie, aber der Stadtrat würde sicherlich keine mitten in der Stadt wollen.
Diane tippte ihr auf die Schulter, und Claire erschrak, wurde aus ihrer Träumerei gerissen.
»Ich sehe oben nach«, sagte ihre Schwester.
»Nicht allein.«
»Niemand geht nach oben«, meinte Julian, als er aus der Küche kam. »Wir schauen zuerst im Erdgeschoss nach. Zusammen. Wenn wir ihn hier nicht finden, dann gehen wir nach oben.«
»Dad!«, rief Diane aus Leibeskräften.
Es kam keine Antwort.
»Er ist weder im Esszimmer noch im Wohnzimmer«, sagte Julian. »Ich war gerade dort. Wir überprüfen den Keller, dann unser Schlafzimmer und das Bad. Danach gehen wir nach oben. Wenn wir nichts im Haus finden, sehen wir in der Garage nach.«
»Dad!«, rief Diane erneut.
Julian lief zur Kellertür hinüber und riss sie auf. »Ich verstehe es nicht«, sagte er zu Claire, als er den Schalter umlegte, um das Licht im Keller einzuschalten. »Das Wohnzimmer war verwüstet. Diese Lampe auf dem Beistelltisch wurde nach mir geworfen und sie ist auf den Couchtisch geknallt. Überall waren Stücke …«
»Ich glaube dir«, erwiderte sie ehrlich, und das war alles, was sie sagen brauchte.
Julian lief die Stufen hinunter, während Claire und Diane oben warteten. »Roger?«, rief er.
»Dad?«, brüllten sie zusammen.
Es kam keine Antwort, aber Julian verbrachte mehrere Minuten damit, Kisten beiseitezuräumen, um sicherzugehen, dass er …
seine Leiche
… sich nicht irgendwo da unten versteckte.
Der Keller war leer, und Julian kam wieder hoch. Die drei liefen am verlassenen Wäscheraum vorbei, dann gingen sie in den Flur und ins Elternschlafzimmer. Es war Tag, aber die Vorhänge waren zugezogen, und Claire schaltete das Licht an. Alle riefen nach ihrem Vater, aber erhielten keine Antwort.
»Das Bett«, sagte Claire und deutete darauf.
»Das war ich«, gestand Julian verlegen. »Ich habe es nicht gemacht.« Er drehte jedoch die Decke um, um sicherzustellen, dass niemand darunter lag, dann ging er in die Knie, hob den zerzausten Bettvolant hoch und sah unter dem Bett nach; als er aufstand, schüttelte er den Kopf, um anzudeuten, dass sich nichts darunter befand.
Claire ging ins Badezimmer und schaltete auch dort das Licht an.
Ihr Herz machte einen Sprung. Auf dem Fußboden entdeckte sie wieder die matschigen Fußspuren,
Weitere Kostenlose Bücher