Haunted (German Edition)
wäre, um Besorgungen zu machen. Er wollte ihr raten, nicht nach Hause zu kommen, wegzubleiben, weil irgendein primitiver Teil seines Gehirns glaubte, dass ihr Haus immer noch nicht sicher war, auch wenn der vermeintliche Angreifer verhaftet wurde und im Gefängnis saß. Aber er erzählte ihr nichts davon, verabschiedete sich nur und legte auf.
Eigentlich musste er keine Besorgungen machen, nirgend-wohin gehen, nichts tun, also fuhr er zu Ricks Druckerei. Wie er gehofft hatte, war sein Freund gerade nicht beschäftigt, sondern saß in seinem Büro, schaute fern und wartete auf Kunden, und er blickte auf, als der Summer über der Tür ertönte und Julian hereinlief. »Alter!«
»Hey«, sagte Julian und fragte sich bereits, ob es ein Fehler gewesen war, hierherzukommen.
»Willst du, dass ich einige Flyer für einen Exorzisten drucke? Ermäßigung für Freunde.« Er lachte, aber in dem Gelächter steckte eine Beklommenheit, und Julian konnte sich nur zu einem Lächeln zwingen.
Rick stand auf und schaltete den Fernseher aus. »Im Ernst, bist du deswegen hier? Wegen dem, was gestern Abend passiert ist?«
»Nein. Wegen dem, was heute passiert ist.«
Rick riss die Augen auf. »Verscheißerst du mich?«
Julian schaute ihn an. »Ja. Ja, das tue ich. Ich verscheißere dich gerade in diesem Moment, aus meinem Arsch heraus.«
»Du weißt, was ich meine.«
»Das ist so ein blöder Satz.«
»Nun mach mal halblang! Ich wollte nur wissen, ob du mich verarschst . Ist das besser?«
»Das ist es sogar.« Julian erlaubte sich ein kleines Lächeln, aber es verschwand schnell. Er atmete tief durch. »Ein Kerl mit einem Messer hat heute Mittag versucht, in mein Haus einzubrechen.«
»Heilige Scheiße!«
Julian erzählte die ganze Geschichte. »Sie haben den Kerl verhaftet. Er sitzt im Gefängnis.«
»Für wie lange? Und was wird er machen, wenn er rauskommt?« Rick beugte sich nach vorn. »Glaubst du, das steht in Verbindung zu dem Geist ?«
Julian seufzte. »Ich weiß es nicht. Alles ist einfach ein großes gottverdammtes Chaos. Ich habe noch nicht einmal Claire davon erzählt. Bin nicht sicher, ob ich es werde.«
»Willst du meinen Rat? Tu’s nicht. Sie ist gestern Abend wirklich ausgeflippt. Etwas wie das hier …«
»Das habe ich auch gedacht. Aber sie muss es wissen. Ich meine, was ist, wenn sie den Kerl freilassen und er zurückkommt und ihr sagt, dass er – keine Ahnung – ein neuer Nachbar sei oder sowas. Sie muss genug wissen, um sich zu schützen. Und Megan und James.«
»Du hast recht, du hast recht.«
»Aber vielleicht sollte ich ein paar Tage warten. Vielleicht ist jetzt nicht die richtige Zeit.«
»Deine Entscheidung, Alter.«
Es war unverantwortlich von ihm, hier zu sein. Er musste arbeiten und einen Abgabetermin einhalten. Aber er wollte nicht nach Hause gehen, und er war froh, dass er zur Druckerei gekommen war. Es fühlte sich gut an, mit Rick herumzuhängen, entspannend, und er blieb letztendlich fast den ganzen Nachmittag.
Claire und die Kinder waren zu Hause, als Julian zurückkehrte, und irgendwie wirkte alles scheinbar normaler, weil sie im Haus waren, es bewirkte, dass die Verrücktheiten von gestern Abend und heute Morgen schienen, als hätten sie zu einer anderen Zeit an einem anderen Ort stattgefunden. Megan und James waren beide im Wohnzimmer, als er hereinlief, Megan faulenzte auf dem Sofa und schaute sich eine abscheuliche Sitcom an, James lag am Boden herum und spielte mit seiner DS. Claire war in der Küche und kochte etwas, das lecker roch und sich als Jambalaya herausstellte. Sie sah immer noch besorgt aus, aber sie lächelte ihn an, als er die Küche betrat, und er gab ihr einen flüchtigen Kuss. »Alles okay?«
Sie sah sich um, ihr Blick richtete sich auf das ganze Haus, das sie umgab. »So weit.«
»Wie geht es deinen Eltern?«
»Tu nicht einmal so, als würde es dich interessieren«, sagte sie zu ihm.
Er lachte, obwohl ihm eigentlich nicht nach Lachen zumute war. In ungefähr einer Stunde würden sie zu Abend essen. Im Esszimmer.
Wo ihn der Geistesgestörte mit dem Messer angestarrt hatte.
Was würde passieren, wenn der Mann auf Kaution herauskam, wenn die Bullen ihn nicht festhalten konnten, wenn er wieder auf freien Fuß kam?
Daran wollte Julian nicht denken. Er holte sich ein Bier aus dem Kühlschrank und ging wieder in das Wohnzimmer, aber das heimelige Familienleben war für wenige Momente verschwunden, und jetzt sah er seine Kinder als Fische in einem Fass, die
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