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Hauptsache, es knallt!

Hauptsache, es knallt!

Titel: Hauptsache, es knallt! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Sachau
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für ein Anblick! Es stört gar nicht, dass Diethart Füllkrug nebenan seinen alten Freund Torsten Mitscherlich an seinen Trachtenbauch drückt und die ersten lauten Witze auf Kölsch loswird. Selbst ein trötender Elefant könnte Janina und Markus in diesem Moment nicht die Schau stehlen. Ein wenig gebeutelt von den G-Kräften in den letzten Kurven sehen sie zwar aus, aber ansonsten so überwältigend schön, mir bleibt die Luft weg.
    Janina ganz in Weiß!
    Ihre Haare, also echt, ich wusste gar nicht, dass man so was mit ihnen machen kann. So hochgesteckt, dass sich eine kecke Stirntolle bildet, und an den Seiten mit kleinen weißen Papierblümchen drin und so. Und natürlich das Kleid! Reicht unten fast bis auf den Boden und umschmeichelt von der Hüfte aufwärts ihre Figur. Und oben ist noch so was reich Verziertes, Tülliges dran­genäht, was über ihre Schultern fließt und sich hinter ihrem Nacken zu einer Art Stehkragen schließt, keine Ahnung, wie man das nennt. Jedenfalls ist sie wirklich eine Elfenprinzessin von Braut. Ein kleines Wunder, dass Markus noch nicht bewusstlos vor Glück ist. Doch er steht wie eine Eins neben ihr. Dunkler Frack, champagnerfarbene Weste und der unvermeidliche Zylinder auf dem Kopf.
    Sie halten sich an den Händen und lächeln. Und was für ein Lächeln! Eine Prise Verlegenheit, ein paar Krümel Unsicherheit und ein Hauch Ängstlichkeit, aber dar­unter ganz viel großes und sehr, sehr ansteckendes Glück. Und jetzt bricht wirklich spontan Applaus aus. Und auch der Applaus ist wunderschön. Hundert Prozent Freude, dass man jetzt mit ihnen sein darf. Und das große, sehr, sehr ansteckende Glück, das aus Janina und Markus herausstrahlt, wird dadurch sogar um noch ein Stück größer. Janina sieht mich und lächelt mir zu. Ich kann nicht anders, ich arbeite mich zu ihr vor.
    »Hallo, Schöne. Geht es dir gut?«
    Ihr Blick. Die warmen braunen Augen. Die kleine Eiche, die »Was stellen wir heute an?« fragt … und die mich plötzlich an sich drückt und ganz uneichenhaft »Ich bin so froh, dass ihr da seid« in meinen Hals raunt. Ich drücke vorsichtig zurück. Was weiß ich, was man bei so einem Brautkleid alles kaputtmachen kann.
    »Hey, es wird alles wunderbar. Ich habe ein gutes Bauchgefühl.«
    »Wirklich?«
    Mist. Sie kennt mich viel zu gut und weiß ganz genau, wann ich lüge. Jetzt raune ich auch in ihren Hals.
    »Ich weiß es doch auch nicht. Bin gerade genauso aufgeregt wie du. Aber wir sind alle bei euch. Die ganze Zeit. Und wir schaukeln das. Verlass dich drauf, ja?«
    »Ich habe gehört, dass …«
    Was auch immer sie gehört hat, wir können jetzt nicht mehr darüber reden. Die Prozession aus Eltern, Trauzeugen und Bräutigam hat sich aufgestellt. Nur noch sie fehlt. Janina sagt »Ja, ja, ich komme schon«, gleitet an ihren Platz und hakt sich bei Markus unter.
    Hätte ich als Elfjähriger gewusst, dass sie eines Tages jemand anderen heiraten würde als mich, ich hätte mich sofort vor einen Zug geworfen. Schon irgendwie ein kleines Wunder, dass ich mich heute darüber freuen kann. Aber es ist ja zwischendrin so viel passiert, sie die ganze Zeit mit Markus und ich die zehn Jahre mit Selina. Lange Geschichte. Und obwohl das mit Selina für mich noch immer nicht ausgestanden ist, in diesem Moment ist ­alles ganz weit weg. Janina schaut sich noch einmal um. Ich sehe noch einmal ihre Augen. Und ganz tief darin verborgen die Angst eines Menschen, dem dieser eine Tag so viel bedeutet. Und noch irgendwas. Etwas ganz Großes. Ein Fragezeichen. Oder ist es ein Ausrufezeichen? Vielleicht auch beides. Aber bevor ich mehr erkennen kann, dreht sie sich wieder um.
    Hinter dem Brautpaar stehen die Trauzeugen. Die zappelige Svea mit Kurt, der sich immer noch nicht sicher zu sein scheint, ob das hier ein Film oder die Wirklichkeit ist. Und hinter ihnen die Eltern. Margitta und Torsten Mitscherlich, stolz und erwartungsvoll, und Namida und Nashashuk Ziegler, so zufrieden und gelassen, wie Menschen nur sein können. Und die beiden ­sehen großartig aus. Festlich, aber nicht überkandidelt, und keine Spur von Hippietum. Man kann fast spüren, dass sie sich fest vorgenommen haben, heute etwas ­wiedergutzumachen. Und so, wie es bisher gelaufen ist, könnte es vielleicht auch klappen. Ringsherum werden Kameras gezückt und unter den verächtlichen Blicken des Fotografenkünstlers Dutzende Fotos für die Privatalben geschossen. Ich gehe zurück zu meiner Bande und schaue mir die Sache

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