Hauptsache, es knallt!
schon in Ordnung. Viel besser als so ein dauergrinsender Selbstdarsteller.
»Liebes Brautpaar, verehrte Trauzeugen, sehr geehrte Gäste, ich begrüße Sie im historischen Trauungssaal des Standesamts Salzminden.«
Das war doch schon mal sehr gut.
»Für Sie, Frau Ziegler, und Sie, Herr Mitscherlich, ist heute ein besonderer Tag. Sie wollen eine der wichtigsten Entscheidungen Ihres Lebens besiegeln und gemeinsam einen neuen Lebensabschnitt beginnen. Mein Name ist Alfons Tschymbowski. Ich bin Standesbeamter und habe heute die schöne Aufgabe …«
Nicht gerade brillant, der Text, aber im Vergleich zu dem, was wir in Hochzeitsvideos auf Youtube gefunden haben, auf jeden Fall gehobener Durchschnitt. Trotzdem, was bin ich froh, dass nicht ich da vorne sitzen muss. Ganz davon abgesehen, dass ich eh niemanden kenne, den ich gerade heiraten will, stelle ich mir vor, dass es einfach nur schlimm sein muss. Janina und Markus scheint das Lächeln im Gesicht festgefroren zu sein. Es ist ihre Hochzeit, aber sie haben hier nichts zu sagen. Ein wildfremder Mann steht vor ihnen und textet sie voll. Sie müssen sitzen und zuhören und so tun, als wären sie gerade im siebten Himmel. Na ja, vielleicht sind sie es ja, was weiß ich schon.
Ist natürlich nicht meine erste Hochzeit. Klar war ich schon mal bei so einem Standesamtdingens dabei. Aber noch nie bei Leuten, an denen mein Herz so hängt wie an Janina und Markus. Ich fange an, richtig böse zu werden. Auf den Staat, auf Herrn Tschymbowski und alles. Andererseits, hey, die beiden wollen heiraten, und da gehört der Verwaltungsakt nun mal dazu. Und eigentlich ist es total nett, dass die Behördenmenschen sich Mühe geben, dem Ganzen wenigstens einen halbwegs feierlichen Rahmen zu verpassen. Und … Was? Aufstehen? Wow, ist es schon so weit? Unglaublich, wie schnell das ging. Jetzt bin ich doch etwas ergriffen.
»Markus Erasmus Mitscherlich, wollen Sie mit der hier anwesenden Janina Shashuko Ziegler die Ehe eingehen, so antworten Sie mit ja. «
Eingehen? Was für eine Steilvorlage für dumme Witze. Ich schaue panisch nach Diethart Füllkrug. Aber der sitzt weiter brav in der dritten Reihe und hält die Klappe. Gut, dass noch nichts getrunken wurde.
»Ja.«
Wow! Was für ein »Ja«. Kernig, warm und aus tiefster Überzeugung gesprochen. Bravo! Irgendwie guckt Herr Tschymbowski jetzt doch recht fröhlich. Das hat er sich wohl einfach nur für diesen Moment aufgespart. Er ist im Grunde seines Herzens doch ein ganz feiner Kerl, finde ich.
»Janina Shashuko Ziegler, wollen Sie mit dem hier anwesenden Markus Erasmus Mitscherlich die Ehe eingehen, so antworten Sie ebenfalls mit … ja. «
Warum macht Herr Tschymbowski eine Pause vor dem »Ja«? Und warum zuckt sein Gesicht jetzt so merkwürdig? Irgendwas ist mit ihm … Janina sieht Markus so tief in die Augen, dass man dahinschmelzen möchte.
»Ja.«
Herrn Tschymbowskis Augen dagegen irren im Saal herum. Sein Blick trifft meinen. Er starrt mich an und kann sich nicht mehr abwenden.
»Nachdem Sie nun beide meine Frage mit ja beantwortet haben, sind Sie nunmehr Kraft Gesetz rechtmäßig … pfffverbundene Eheleute.«
Oh Gott!
»Ich darf Ihnen nun … die Eheringe übergeben, die Ihnen als sichtbares Zeichen ihrer … Pfffverbundenheit dienen sollen.«
Ich weiß, was mit ihm los ist! Er denkt »Peng – verheiratet!«. Und die Worte werden immer größer in seinem Kopf.
»Ich wünsche Ihnen, dass Sie diese Ringe stets mit Freude tragen werden, genau, wie ich Ihnen … pfffffwünsche …«
Und ich bin schuld! Schon wieder schaut er mich an. Tu das nicht! Tu das nicht!
»… dass Sie stets die Freude … aneinander … behalten … pfffffffffffwerden.«
Nein! »Peng – verheiratet!«, was soll denn bitte daran komisch sein, Herr Tschymbowski? Aber selbst wenn meine Gedanken auf telepathischem Weg zu ihm vordringen könnten, sie helfen nichts. Im Gegenteil. Ich stelle mir jetzt auch vor, wie es wäre, wenn Herr Tschymbowski gerade statt des Stets-aneinander-Freude-haben-Geseiers tatsächlich nur kurz und trocken »Peng – verheiratet!« gesagt hätte. Und er stellt sich das Gleiche vor. Ich weiß es. Wir sind seelenverwandt. Zwei Hohepriester des unpassenden Gelächters. Mist! Ich beiße mir auf die Lippen. Herr Tschymbowski kriegt das natürlich mit. Wir starren uns an wie zwei Kaninchen, die sich gegenseitig für Schlangen halten. Warum hilft uns denn keiner?
Janina und Markus mühen sich immer noch
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