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Hauptsache, es knallt!

Hauptsache, es knallt!

Titel: Hauptsache, es knallt! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Sachau
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damit ab, sich gegenseitig die Ringe draufzustecken, aber das ist nichts gegen die Mühen, die Herr Tschymbowski und ich gerade aufwenden. Ich lege mir beide Hände auf den Mund und kralle meine Finger so fest in meine Kieferknochen, dass es weh tut. Herr Tschymbowski kann das aber nicht machen, weil er da vorne wie auf dem Präsentierteller steht. Als Notlösung saugt er seine beiden Wangen nach innen und beißt drauf. Eine sehr unsichere Methode, weiß ich aus Erfahrung. Wenn man einen wirklich starken Lachimpuls hat, flutschen sie einem sofort wieder raus. Bitte! Ich kann nicht mehr. Sobald die beiden mit den Ringen fertig sind und Herr Tschymbowski wieder was sagen muss, werden er und ich anfangen zu lachen und bis zum nächsten Morgen nicht mehr aufhören. Wir brauchen ein Wunder. Jetzt! Hallo, hört mich denn keiner?
    »Tim. Kannst du mich bitte rausbringen? Mir ist schlecht.«
    Jil?
    »Schnell, bitte!«
    Um Himmels willen! Gerade habe ich noch gedacht, es geht nicht mehr schlimmer. Aber wenn Herr Tschymbowski und ich gleich lachen und Jil dazu auch noch auf den Boden … Nichts wie weg hier! Sie krallt sich an meiner Schulter fest, und ich bahne uns so flott es geht, ohne dabei Leute umzuwerfen, einen Weg zur Tür. Geschafft, wir sind draußen. Tür zu. So, das Schlimmste ist schon mal abgewendet. Nächster Schritt: Wo ist die Toilette?
    BATSCH! BATSCH!
    Kurz einen Moment innehalten. Was …? Ja, doch, es ist wahr, Jil hat mir gerade volles Rohr links und rechts eine runtergehauen.
    »WAS ZUR HÖLLE …?«
    »Tut mir leid, aber das ist das Einzige, was hilft.«
    »Hilft? Also, dir ist jetzt nicht mehr schlecht, weil du mir eine geballert hast, oder was? Du spinnst wohl!«
    »Nein, mir war doch gar nicht schlecht.«
    »Hä?«
    Moment, Moment.
    »Du … du hast gemerk…?«
    »Ja. Ich habe das Gleiche. Wenn ich lachen muss, muss ich lachen. Und das Einzige, was hilft, ist eine geballert zu kriegen.«
    »Wow, du hast recht. Gerade habe ich noch gedacht, ich platze gleich. Jetzt ist es weg … Und dir war gar nicht schlecht, sondern …?«
    »Na ja, da drin wollte ich dir lieber keine runterhauen.«
    »Das hätte wohl ein wenig gestört.«
    »Und der Standesbeamte hätte erst recht losgelacht.«
    »Bei ihm hast du es auch bemerkt?«
    »Natürlich. Ich hab doch gesagt, ich habe das Gleiche. Als Kind ist mein Bruder mal so blöd gegen einen Mast gelaufen, dass ihm ein Eck vom Schneidezahn weggebrochen ist. Und drei Mal darfst du raten, wer sich den ganzen restlichen Tag kaputtgelacht hat. Aber es war einfach so komisch. Perfektes Timing, weißt du? Jemand pfeift von der anderen Straßenseite, er schaut, und … Wenn ich nur dran denke …«
    Sie grinst über beide Ohren. Ich könnte sie knuddeln. Doch, könnte ich. Genau in diesem Moment. Mache ich aber nicht. Man muss ja nicht jeden knuddeln, den man knuddeln könnte. Gibt ja auch Wichtigeres.
    »Ob da drin alles gut ist?«
    Im nächsten Moment stehen wir beide an der Tür und lauschen. Ja, wirklich. Alles gut. Kein Gelächter. Herr Tschymbowski hat sich wohl wieder eingekriegt, nachdem ich verschwunden bin. Der Wahnsinn. Ich streiche über meine knallroten Wangen. Gerade dachte ich noch, es gäbe kein Entrinnen mehr, aber Jil hat alles gerettet. Irgendwie ist sie … wirklich nicht übel.
    »Wir bleiben lieber draußen, was?«
    »Glaub auch, das ist besser.«
    Wir lassen uns auf eine der Bänke sinken, die im Flur herumstehen. Ich sehe sie an. Das mit dem großen Mund täuscht irgendwie. Als ich sie in Patricks Garten zum ersten Mal getroffen habe, dachte ich mir, so ein Mund, damit quasselt sie bestimmt immer viel zu viel. Und ihre wilden Haare, dachte ich weiter, sind ein Abbild des Wortschwalls, den sie von sich gibt, wenn sie erst einmal losgelassen ist. Völliger Quatsch. Sie sagt jetzt gar nichts. Ihr Mund sieht einfach nur toll aus. Und, ja, verflixt, man kann gar nicht anders, als daran zu denken, ihn zu küssen. Vor allem, wenn man so nah bei ihr sitzt, dass sich ihre Augen nicht mehr hinter dem Mund verstecken, wie es sonst immer den Anschein hat, sondern einem erstaunlich keck zublinzeln.
    Ich fände es wirklich hervorragend, wenn sie jetzt etwas sagen würde. Muss ja kein Wortschwall sein, nur ein paar Laute gegen die Stille. Im nächsten Moment merke ich, dass sie auch etwas sagen wollte. Sie hat es nur nicht getan, weil ich sie schon viel zu lange anstarre. Sie lächelt jetzt einfach. Ein Lächeln mit diesem Mund. Das ist, als würde sie

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