Hauptsache, es knallt!
ebenso. Aber das kriegen wir auf die Schnelle nicht hin.
»Ich habe eine Idee.«
Jil? Bestimmt wieder irgendwas mit Wegsperren. Aber wie sollen wir Füllkrug und Otti unauffällig wegsperren? Ganz zu schweigen von dem Ärger, den wir uns einhandeln. Doch schon nach Jils ersten Sätzen ist klar, ihr Plan geht ganz anders. Und er ist genial. Wir schlagen Füllkrug und Tante Otti mit ihren eigenen Waffen. Allerdings ist gute Vorbereitung nötig. Jeder muss sich voll reinhängen. Wir brauchen nur etwas Zeit und …
Mist. Genau in diesem Moment ist die Zeit bereits abgelaufen.
Ain’t no Sunshine
when she’s gone
Von unseren Plätzen aus können wir durch die offene Tür zum Grünen Saal die Ereignisse beobachten. Das erste: Janina und Markus kommen von ihrem Spaziergang zurück. Janina sieht wieder ganz aufgeräumt aus, wir sehen es mit großer Erleichterung. Doch mitten in das zarte Gebilde der Erleichterung hinein fällt wie ein alles zermalmender Mühlstein das zweite Ereignis: Diethart Füllkrug.
Und es ist wie in einem Film. In einem Film, in dem etwas Dramatisches passiert. Etwas, bei dem es auf jede Sekunde ankommt. Genau ab dem Moment, in dem ich Füllkrug reden höre und sehe, dass er die tödliche Banane bereits in der Hand hält, passiert für mich alles in Zeitlupe. Selbst seine Worte dehnen sich unnatürlich in die Länge. Wir stürzen, während er spricht, so schnell wir können in den Grünen Saal. Doch auch bei uns läuft alles in Zeitlupe. Jeder Schritt zieht sich endlos hin. Ich sehe die Verzweiflung und die stummen Schreie auf den Gesichtern der anderen. Ich sehe allerdings auch, dass wir eine Chance haben. Es geht um Bruchteile von Sekunden, aber die Chance ist da.
Füllkrug: »Haha! Da ist ja unser Brautpaar wieder zurück!«
Erster Schritt, zweiter Schritt, dritter Schritt.
Füllkrug: »Kleine Auszeit jenommen, wa? Gut so, gut so, haha!«
Vierter Schritt, fünfter Schritt, ich stolpere über Bülents Fuß und falle hin.
»Denn jetz geht et endlich rund! Hört gut zo, jetz kütt nämlich …«
Ich entscheide blitzschnell, meinen Sturz nicht konventionell durch Abrollen aufzufangen. Stattdessen lasse ich mich einfach nach vorne platschen. Zum Glück bekomme ich meinen rechten Fuß kurz vorher auf den Boden und kann mich noch einmal kräftig abstoßen. Das bringt mir die entscheidenden Hundertstelsekunden. Ich lande auf meinem Bauch. Und während ein Schmerz durch meinen Brustkorb schießt, als hätte mir ein finsterer Landsknecht seine Lanze in die Seite gerammt, schieße ich bäuchlings über das blankgewienerte Parkett mitten in den Grünen Saal hinein und reiße dabei eine Bodenvase um. Volltreffer. Keiner achtet mehr auf Füllkrug. Alle Augen und alle Ohren gehören mir. Chance genutzt.
»Harhar! Genau! Jetzt kommt nämlich … wieder Captain Timmi, der lustige Hochzeitspirat! Und … und …«
Ich hätte nicht gedacht, dass laut sprechen solche Schmerzen in der Brust machen kann. Aber, noch schlimmer, ich habe keinen Plan. Ich liege mitten im Grünen Saal auf dem Bauch und fuchtele mit dem Kuchenmesser herum, das ich aus meinem Gürtel gezogen habe. Aber irgendwie bringt uns das allein auch nicht so doll weiter, wie ich gehofft hatte. Noch immer geschieht alles um mich herum in Zeitlupe. Füllkrug schnappt nach Luft, Frau von Weckenpitz stampft mit dem Fuß auf, Janina hat den Mund vor Schreck weit aufgerissen, und hinter mir stürzt die restliche Piratenmeute ins Zimmer.
»Und …«
Mist.
»Und Timmi will euch sagen, dass … dass …«
Henriettes Stimme. Aber sie hat auch keinen Plan. Wir sind verratzt.
»Dass …«
Warum konnte Füllkrug nicht noch eine Stunde warten? Dann wären wir vorbereitet gewesen und hätten Jils Anti-Bananentanzprogramm umgesetzt. Aber so hat er uns kalt erwischt. Soll ich das Messer nach ihm werfen? Nein, irgendwie nicht.
»… dass der Trauzeuge jetzt seine Rede hält! Wir bitten um Ruhe!«
Was? Oh mein Gott, wie genial! Die Rede des Trauzeugen! Da muss jeder Bananentanz zurückstehen. Jil hat uns schon wieder rausgehauen. Sie hat übernatürliche Kräfte.
Natürlich hat Kurt keine Rede vorbereitet. Rechtzeitig aus dem Bett kommen, Anzug anziehen, beim Standesamt strammstehen, das ist alles schon anstrengend genug. Und Reden sind nicht sein Ding, das sieht jeder auf den ersten Blick. Aber Patrick und Bülent haben Kurt sofort in ihre Mitte genommen und ihn nach vorne geschoben. Und ich werfe ihm schräg von unten einen drohenden
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