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Hauptsache, es knallt!

Hauptsache, es knallt!

Titel: Hauptsache, es knallt! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Sachau
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bereit.
    Stattdessen kommt aber erst einmal Trauzeugin Svea. Und schon als sie nur zur Tür herein ist, sehen wir ihr an, dass etwas ganz Schlimmes passiert sein muss. Ihre Augen sind groß wie die Platzteller, die gerade auf die Tische gestellt werden, sie japst wie ein kleiner Hund, der in den Kanal gefallen ist, und ihre Knie sind so weich, dass sie beim Gehen schwankt. Sie versucht zwar, nicht aufzufallen, aber in dem Zustand würde jeder, der sie auch nur kurz ansieht, sofort fragen, was los ist. Und was auch immer sie antworten würde, ich bin überzeugt, es käme sofort zu einer Massenpanik. Solche Augen hat man nur, wenn eine Armee menschenfressender Aliens vor der Tür steht. Zum Glück schaut ihr keiner in die Augen, während sie zu uns huscht. So ist Henriette die Erste, die fragen kann.
    »Was ist los, Svea?«
    »Es ist weg!«
    Ihre Stimme liegt irgendwo zwischen Fiepen, Zischen und Singen. Wusste gar nicht, dass das geht. Ist aber jetzt auch nicht wichtig.
    »Was ist weg?«
    »Das zweite Brautkleid! Weg! Gestohlen! Aus meinem Auto!«
    Okay, nicht schön. Aber wenn man mindestens mit einer Armee menschenfressender Aliens vor der Tür gerechnet hat, dann ist es eher erleichternd, wenn es nur ein gestohlenes Ersatzbrautkleid ist. Nachdem wir die Botschaft vernommen haben, widmen wir fünf uns zunächst folgenden drei Handlungen und verhalten uns dabei perfekt synchron: 1. tief durchatmen, 2. den Kopf zu Janina drehen, 3. feststellen, dass ihr Brautkleid noch immer makellos wie ein jungfräulicher Skihang nach einer Neuschneenacht aussieht.
    Anschließend ist mal wieder Patrick gefragt. Er legt Svea die Hand auf die Schulter. Seine Stimme klingt wie eine sanfte, von Kanarienvogelgesang untermalte Meeresbrise.
    »Svea, ich bin sicher, das ist überhaupt nicht schlimm.«
    »Patrick hat recht. Schau dir Janina an. Wie aus dem Ei gepellt, oder?«
    »Aber sie wird es heute noch brauchen, das sagt mir mein Gefühl!«
    »Wenn es dich beruhigt, dann bleib einfach für den Rest des Abends an ihrer Seite und hab ein Auge auf alle Soßenschalen und Rotweingläser.«
    »Genau. Mach den Brautkleidbodygard. Sobald sich irgendeine Sauerei nähert, wirfst du dich dazwischen.«
    »Und wenn du gut bist, schreist du dazu ganz laut ›NEEEEIIIIIIIIN!‹.«
    »Ihr seid sooo witzig! Ich darf gar nicht dran denken. Das arme Kleid! Hat bestimmt einer von den Betrunkenen auf dem Parkplatz gestohlen und trampelt jetzt drauf rum.«
    Wie bitte?
    »Moment.«
    »Svea, was für Betrunkene auf dem Parkplatz, bitte?«
    Henriette klingt auf einmal wie ein Feuerwehrhauptmann, der gerade erfahren hat, dass sein eigenes Haus brennt.
    »Wie? Ihr wisst nicht, was auf dem Parkplatz los ist?«
    »Nein, weder was auf dem Parkplatz los ist, noch, dass überhaupt etwas auf dem Parkplatz los ist.«
    »Dann solltet ihr dringend mal mitkommen.«
    Wir kommen nicht mit Svea mit. Wir stürzen an ihr vorbei durch den Grünen Saal und das Foyer zur Ausgangstür. Frau von Weckenpitz sieht uns kopfschüttelnd hinterher.
    »Jil, Kindchen, eine Dame rennt nicht, sie schreitet. Haben wir das nicht gerade besprochen?«
    Jil bleibt mit einem Ruck stehen. Sie beißt sich so heftig auf die Lippen, dass selbst ihr großer Mund auf einmal schmal wirkt. In ihren Augen blitzt eine abenteuerliche Mischung aus Hass, Verzweiflung und Panik auf. Sie dreht sich um. Dann höre ich eine Nachtigallenstimme, die überhaupt nicht zu dem Gesicht, das ich gerade gesehen habe, passen will.
    »Entschuldigung, Frau von Weckenpitz. Aus mir wird wohl nie was. Könnten Sie mir noch einmal sagen, wie …«
    Den Rest bekomme ich nicht mehr mit. Wir rennen nach draußen und halten auf den Parkplatz zu. Bülent an der Spitze, dahinter Henriette und ich und Patrick als Schlusslicht. Schon von weitem hören wir muntere Stim­men. Klingt ein bisschen nach Jahrmarkt, denke ich mir. Aber, zur Hölle, das hier ist Janinas und Markus’ Hochzeit. Da hat kein Jahrmarkt auf dem Parkplatz zu sein, außer das ist ein Alptraum. Und wie um mir zu bestätigen, dass das hier ein Alptraum ist, taucht im gleichen Moment Diethart Füllkrug in meinem Blickwinkel auf.
    »Höchste Zeit, dat ihr auch mal kutt. Hier gibt et dat richtige Zeug.«
    »Das richtige Zeug?«
    »Na, dat Gegenteil von diesem jugendfreien Sommerwein, den se da drin ausschenken.«
    »Wie jetzt, das Gegenteil?«
    Aber ich brauche gar nicht mehr fragen. Ich sehe nämlich im selben Augenblick, was er meint. Vladimir und seine Freunde hängen um

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