Hauptsache, es knallt!
fallen. Und dass sie jetzt hier mit ihrem kleinen Cancan ihre makellosen schlanken Beine und noch etwas mehr zeigt, damit kann sie wunderbar demonstrieren, was ihr geschiedener Mann doch für ein Depp ist, meine Theorie.
Trotzdem, das kann man nicht so lassen. Ich fasse mir ein Herz und nähere mich ihr. Als sie das nächste Mal kurz verschnaufen muss, raune ich ihr schräg von der Seite zu, dass Kasimir-Mehmet-Achim nach ihr verlangt. In wenigen Sekunden wird die überdrehte Revuetänzerin wieder zum Muttertier. Sie verbeugt sich kurz und verschwindet dann blitzschnell vom Tisch und aus dem Raum. Turbo-Erich, Schützengraben-Rigo und ein paar andere Männer buhen mich zwar aus, aber trotzdem, ich finde, das war richtig.
Janina sitzt nun wieder mit Markus, Svea und dem Elternquartett am Tisch. Ich glaube, sie hat mir kurz dankbar zugeblinzelt. Das Brautpaar hat natürlich als Erstes den Nachtisch bekommen. Markus und Svea versuchen Janina zu überreden, den Passionsfruchtpudding wenigstens einmal zu probieren. Quasi als Eröffnung des guten Teils des Abends. Wobei, da sehe ich am Nachbartisch schon wieder das nächste Unglück heraufziehen. Linda hat, wie erwartet, nur noch Augen für General Wiese. Und was für Augen. Wagenräder trifft es schon kaum noch. Ist ja auch wirklich ein Prachtstück, dieser feine Zwirn mit dem bunten Gebamsel, da hat Frau von Weckenpitz schon recht. Und wenn Linda sich jetzt wirklich mit diesem mutierten Ochsen von Mann einlässt, ist das genau genommen erst mal kein Problem für die Hochzeit, sondern mehr so hinterher. Nur sehe ich, dass Maik Proschitzki, der mit seinem stinknormalen Anzug jetzt Linda-technisch natürlich völlig abgemeldet ist, ziemlich griesgrämig dreinguckt. Kann man verstehen. Ist schon blöd, wenn man sich in einer guten Startposition gewähnt hat und einem dann ganz unverhofft die Felle davonschwimmen. Und das auch noch in Richtung des alten Feindes. Das bringt einen ins Grübeln. Und, Yoga hin oder her, Schnitzki ist nicht der Mann, der gerne lang grübelt.
Wir müssen das im Auge behalten. Am besten, irgendjemand kippt im allgemeinen Trubel Wiese einen Eimer Wasser über die Generalskluft. Dann muss er das Ding wieder ausziehen, und die beiden sind wieder gleichauf. Müsste sich halt nur jemand trauen, das mit dem Wassereimer. Vielleicht doch besser eine andere Idee? Muss ich mal mit dem Team durchdiskutieren. Nach kurzem Suchen und einem weiteren Glas bei Graf Grinzki-Schrottkaroff finde ich meine Leute im Salon. Sie haben sich wieder um den kleinen Tisch herum versammelt.
»Na, Freunde, sieht doch alles gar nicht so schlecht aus.«
Nanu?
Erstens: Schaut doch nicht so ernst!
Zweitens: Sagt was!
»Okay, das haben wir natürlich alles nur Jil zu verdanken«, breche ich die Stille. »Ich finde, wir sollten erst einmal ein Glas Wodka auf sie …«
»Setz dich hin, Tim.«
Okay. Wenn Henriette »Setz dich hin, Tim« sagt, dann setzt man sich besser hin, wenn man Tim heißt.
»Fakt ist«, fährt sie mit dem gleichen ernsten Gesicht fort, »Jil hat die Weckenpitz und den Unzicker im Keller eingesperrt. Hört sich toll an, aber wir erörtern hier gerade die Wahrscheinlichkeit, dass einer von den beiden ein Handy dabeihat und die Polizei anruft.«
Oh. Stimmt. Mist.
»Na ja, die Mauern da unten sind so dick, vielleicht haben sie da keinen Empfang?«
»Auf dem Dach steht ein Handymast, Tim. Hier hast du überall Empfang.«
»Bei dem Gewittersturm, der gerade da draußen um die Häuser tobt, wagt sich die Polizei vielleicht gar nicht in ihre Wagen?«
»Auch darauf können wir uns auf keinen Fall verlassen, Patrick. Jeden Augenblick kann eine ganze Heerschar von Polizeibussen vor der Tür stehen. Und dann ist nicht nur die Hochzeit beim Teufel, dann sitzt auch noch Jil ganz tief in der Tinte. Oder glaubt irgendjemand im Ernst, dass die Weckenpitz keine Anzeige erstattet?«
Alle schütteln den Kopf.
»Und das Blödeste ist, dass Jil dieses Schicksal auf jeden Fall blüht, ganz egal, ob die Weckenpitz früher oder später befreit wird.«
Also vorhin, bei dem gigantischen ersten Donnerknall, da habe ich nach langer Zeit zum ersten Mal wieder gemerkt, wie das ist, wenn einem das Herz in die Hose rutscht. Aber so schlimm das auch war, das Herz war halt kurz in der Hose verschwunden und kam dann wieder hervorgeklettert, kein Problem. Doch jetzt, als Henriette das mit Jil und der Anzeige sagt, da findet mein Herz in der Hose einfach keinen Halt. Es rutscht
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