Hauptsache, es knallt!
irgendwie lustig, wenn ich so drüber nachdenke.«
»Du hast völlig recht.«
»Und man sagt doch, eine vermasselte Hochzeit heißt, dass man ganz viel Glück in … in …«
Doch schon bei »vermasselte Hochzeit« läuft ihr die erste Träne über die Wange. Sie merkt es und wischt sie weg, aber da kommt schon die nächste. Und die übernächste. Ich kann nicht anders, ich muss sie wieder in den Arm nehmen. Diesmal presst sie ihr Gesicht an meinen Hals und schluchzt hemmungslos. Und irgendwie läuft mir jetzt selbst eine Träne über die Wange.
Doch so traurig ich auch bin, ich merke auf einmal, dass ich mich gut fühle. Besser als je zuvor an diesem ganzen vermaledeiten Tag. Zum ersten Mal bin ich ein Mensch mit Gefühlen und kein Schießhund, der nur aufpasst und reagiert. Und in diesen Momenten helfe ich Janina vielleicht auch zum ersten Mal wirklich. Ich sage lange gar nichts und streiche ihr nur über den Rücken. Dieser Hochzeitskleidstoff fasst sich komisch an. Es dauert eine Weile, bis sie sich wieder so vertraut anfühlt wie immer.
»Janina, ich finde, die Hochzeit war überhaupt nicht vermasselt. Es war nur anstrengend, und es reicht dir jetzt halt langsam. Du und Markus, ihr macht jetzt einfach noch einen kleinen Tanz und sagt dann tschüss. Die anderen können feiern, sich totsaufen und sich mit der Schlossherrin rumschlagen, so lange sie wollen. Aber was euch betrifft, mir hat euer Hochzeitszimmer vorhin gesagt, dass es schon ganz ungeduldig auf euch wartet.«
Den letzten Satz flüstere ich ihr ins Ohr und versuche verrucht zu klingen.
»Aber Tim, Markus und ich können doch nicht einfach abhauen. Schließlich …«
»Ihr könnte heute alles, was ihr wollt. Es ist verdammt noch mal EURE Hochzeit.«
»Aber das Feuerwerk von meinem Vater.«
»Das schaut ihr euch vom Fenster aus an. Du kannst es ihm ja vorher sagen. Oder ich sage es ihm.«
»Hm.«
»Pass auf, du ziehst dich jetzt auf jeden Fall mal kurz in euer Gemach zurück und schnaufst ganz tief durch. Du brauchst dringend fünf Minuten allein, das seh ich dir doch an.«
Sie lächelt dankbar und nickt.
»Okay, du hast recht.«
»Komm, setz dich. Ich hol dir schnell euren Zimmerschlüssel.«
Ein paar Sekunden später stehe ich in Frau von Weckenpitz’ Büro. Auf dem Grüner-Saal-Monitor sehe ich beunruhigende Dinge. Regula Richter hat Kurt in eine Ecke getrieben und nähert sich langsam mit einer Torte in der Hand. Linda ist noch immer nicht zurück von der Toilette. Schnitzki nutzt die Gelegenheit und spielt an dem Gebamsel von Wieses Generalsuniform herum. Ich starre gebannt auf seine Mundbewegungen. Eins ist klar: Sollte irgendwann das Wort »Schwuchtel« fallen, ist alles zu spät. Und wenn man eine Generalsuniform mit Gebamsel vor sich hat, da drängt sich so einem Typen wie Schnitzki das böse Wort geradezu auf die Lippen. Und wenn man dann noch Frauenfrust und Wodka im Blut hat … Oh, und da sehe ich noch etwas am oberen Bildrand. Markus hat sich erhoben und schüttelt alle Arme, die ihn festhalten wollen, ab. Er will natürlich nach seiner Braut sehen, so wie es sich für einen ordentlichen Bräutigam gehört. Er sollte sich lieber noch Zeit lassen. Janina braucht jetzt wirklich ihre fünf Minuten allein, dann kann er kommen.
Also schnell den Schlüssel geschnappt. Fragt sich nur welcher. Am großen Schlüsselbrett hängen nur Täfelchen mit Nummern. Nichts mit »Hochzeitszimmer« oder so. Ich wühle auf dem Schreibtisch herum und finde zum Glück eine Liste: Herr und Frau Mitscherlich (Brautpaar) – Zimmer 12 . Bestens. Schlüssel Nummer 12 gegrapscht und schnell rüber zum Grünen Saal. Ich kann Markus gerade noch vor der Tür abfangen. Ich sage ihm, dass es Janina gutgeht, dass sie aber nur mal fünf Minuten ohne Menschen braucht. Er ist halbwegs beruhigt und dreht wieder um. Ich kehre in den Flur zurück und hole Janina ab. Zusammen steigen wir die Treppe hoch.
»Ich bin so gespannt, Tim.«
»Sag bloß, ihr habt das Zimmer noch gar nicht gesehen?«
»Nein. Papa hat unser Gepäck raufgebracht.«
»Na, dann wird es höchste Zeit, würde ich sagen. Da wären wir schon. Zimmer zwölf. In Walchenau nennt man es auch ›Halle der ewigen Liebe‹.«
»Du Spinner.«
Ich schließe auf.
»Bitte sehr. Hier stört dich keiner.«
»Wow, es ist wirklich toll. Guck, hast du schon einmal so ein Bett gesehen?«
»Ich schaue da nicht rein, das ist euer Hochzeitszimmer.«
»Ach, Tim. Na ja, jedenfalls danke, dass du mich
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