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Hauptsache, es knallt!

Hauptsache, es knallt!

Titel: Hauptsache, es knallt! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Sachau
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in einem Tempo, das ihm kein Mensch, der ihn kennt, jemals zutrauen würde. In seinen Augen flackert Furcht.
    »Schnell! Du musst mich beschützen, Tim!«
    »Wieso?«
    »Regula Richter!«
    »Was?«
    »Sie ist sauer, weil ich den Kindern ›Die Rückkehr der Todeskralle‹gezeigt habe.«
    »Spinnst du? Du kannst doch Kindern nicht ›Die Rückkehr der Todeskralle‹ zeigen!«
    »Der ist doch total lustig. Weißt du noch? Den ersten Kampf verpasst Bruce Lee, weil er zu viel Suppe gegessen hat und mit Durchfall auf dem Klo sitzt. Uah! Da kommt sie!«
    Kurt rennt los und verschwindet im Grünen Saal. Auf der anderen Seite des Flurs erscheint Regula Richter. Sie ist nicht ganz so schnell, weil der Wodka sie wackelig auf den Beinen gemacht hat. Dafür ist sie weiß im Gesicht vor Wut. Und sie hat die DVD-Hülle hoch über ihren Kopf erhoben und kennt offensichtlich nur noch ein Ziel: sie Kurt auf den Kopf zu schmettern. Und auch wenn es durchaus schlimmere Dinge als eine DVD-Hülle gibt, die man auf den Kopf geschmettert bekommen kann, wirkt Regula unglaublich furchteinflößend. Ihre Stimme halt. Und ich kann kann sie schon verstehen. »Die Rückkehr der Todeskralle« ist zwar wirklich nicht so schlimm, wie sich der Titel anhört, aber deswegen ist er trotzdem noch lange nichts für Kinder. Da hat Kurt sich echt was geleistet. Und die gute Regula hat sich in einen Schreikrampf hineingesteigert.
    »DIE RÜCKKEHR DER TODESKRALLÄÄÄ! DIE RÜCKKEHR DER TODESKRALLÄÄÄ! DIE RÜCKKEHR DER TODESKRALLÄÄÄ!«
    Sinja drückt sich an die rechte Wand des Flurs, ich an die linke. Als Regula vorbei ist, schnaufen wir erst einmal durch. Danach lasse ich Sinja Sinja sein und gehe nun doch recht zügig in den Grünen Saal. Von dort kommt mir Linda schwankend entgegen.
    »Also ehrlich, das ist die abgefahrenste Party, auf der ich je war, Tim.«
    Ich gehe noch zügiger.

Hallöchen
    Im Grünen Saal angekommen, finde ich das vor, was ich erwartet habe. Die Tische sind an den Rand geschoben, und in der Mitte des Raums bewegt sich ein wilder Tanzmob zu »Whatta Man«. Dank Vladimirs Wodka ziehen sogar die Klugscheißer und die Konservativen voll mit, ganz besonders Turbo-Erich samt seinem wendigen Rollstuhl und Großtante Gerlinde. Und hin und wieder taucht ein verängstigter Kurt zwischen den Menschen auf, verfolgt von Regula Richter, die mit einer DVD-Hülle nach ihm schlägt und dazu »DIE RÜCKKEHR DER TODESKRALLÄÄÄ!« brüllt. Mit anderen Worten, das Ganze hier entwickelt sich gerade zu einer sehr gelungenen Party. Aber scheiß auf gelungene Partys. Es sollte ja der schönste Tag in Janinas Leben werden, und das hat de­finitiv nicht geklappt. Und wenn jetzt auch noch die Frau mit dem Schwert befreit wird und hereinkommt, bricht hier eine Hölle los, noch schlimmer als der Gewittersturm da draußen.
    Doch wenigstens höre ich jetzt wieder die Stimme in mir, die mich antreibt. Aber diesmal raunt sie mir keinen abenteuerlichen Plan zu, mit dem man alles noch umbiegen kann. Sie sagt nur einen Satz. Und sie spricht ihn entschlossen und unüberhörbar aus: »Es ist Zeit, von hier zu verschwinden.« Und was auch immer mir die Stimme heute schon alles weismachen wollte, diesmal hat sie recht.
    Ich gehe am Tanzpulk vorbei und weiche allen Armen aus, die mich hineinziehen wollen. Ein andermal gerne, aber ich muss jetzt dringend zum Brauttisch. Hier hat sich nicht viel verändert. Alle sitzen noch so wie vorhin, nur Vladimir ist neu dazugekommen, und man trinkt jetzt auch hier Wodka. Den Gesichtern nach geht es den Anwesenden sehr unterschiedlich. Die Markus-Eltern sind halbwegs gut gelaunt und scheinen fest daran zu glauben, dass Diethart Füllkrug Frau von Weckenpitz ruhigstellen wird. Die Janina-Eltern sehen sowieso immer total entspannt aus, weil es ist ja nur wichtig, was gerade in diesem Moment geschieht, und Sorgen machen ist schlecht für das Karma und widerspricht irgendwelchen Banisho-Ogi-sonstwas-Prinzipien. Ganz anders Markus. Der scheint die Feier aufgegeben zu haben. Sein Gesicht sagt, dass er am liebsten noch ein letztes Glas trinken würde, um sich dann mit seiner Braut zu verziehen, sei es auf ihr Zimmer im Schloss oder zurück nach Salzminden. Gleichzeitig ist er tieftraurig, weil es Janina neben ihm nicht gutgeht, auch wenn sie eisern versucht, es sich nicht anmerken zu lassen. Sie hat angefangen, von dem Nachtisch zu löffeln, aber sie kriegt kaum einen Bissen herunter. Der Kloß in ihrem Hals muss groß wie ein

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