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Haus aus Erde

Haus aus Erde

Titel: Haus aus Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Woody Guthriie
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einen Kupferdraht festnageln wollten, würde es einstürzen. Bums! So.« Sie wedelte mit der Hand in der Luft, um zu zeigen, was sie meinte.     
    Ella May verzerrte das Gesicht vor Schmerz, warf sich hin und her und sagte: »Aber in meinem neuen Haus aus Erde kannste Kupferdrähte festnageln, so viel du willst. Und es steht einfach da und bittet um mehr. Und du kannst es vollhängen mit modischen Glühbirnen und Firlefanz und Knöpfen und Apparaturen und Sprungfedern und Auslösern und Sicherungen, und das Hühnerhaus auch, und dann noch die Scheune, und den Kuhstall aus Erde, und die großen Erdmauern um das Grundstück und die Scheunen und die Höfe. Die kannste nicht mit Stromdrähten einreißen, weil sie sooo dick und sooo breit sind, du kannst mit zehn Traktoren dagegenfahren, die bleiben stehen. Und du wirst es noch erleben, dass dieses erbärmliche kleine alte Stinkloch von einem Misthaufen bei Nacht heller leuchtet als jetzt bei Tag. Ohhhh. Gotttt. Blanche. Mhhhmmm. Ich habe Angst. Angst, weil ich ganze Armeen spüre, die in meinem Bauch rummarschieren, oder Arbeiterkolonnen, die ne Talsperre bauen. Ich weiß nich. Mmmhhhh. Was von beiden.« Sie versuchte zu lachen. Die Zunge zwischen ihren Zähnen war lila. »Tike, du dummer alter Steinzeitmensch, du, weißte nich, dass es dreihundert Meilen um Los Angeles nich einen Tropfen Wasser gibt, und trotzdem haben die da zwei, drei Glühlampen, die mit Strom versorgt werden.«
    »Alles Imitation. Unecht. Die Lichter in Hollywood sind alle Imitation. Die Gebäude sind’s. Die Schauspieler sind’s. Die könnten uns keine elektrische Melkanlage herschaffen. Die wissen ja nich mal, dass es uns gibt.«
    »Nein. Die nich. Aber hier in der Gegend haben wir Flüsse, die wir stauen könnten, um unsern eignen Strom zu kriegen.« Ella lachte leise. »Ich glaub, ich werd mein neues Erdhaus tatsächlich mit Regierungsbüchern tapezieren.«
    »Du hast dir wohl das Gehirn erfroren?« Tike versuchte, grob und ernst zu klingen, aber in seiner Kehle war mehr als ein bisschen Zärtlichkeit und geschmolzener Schnee. »Irgendwas erfroren. Dein Kopf arbeitet nich richtig.«
    »Wenn mein Kopf wirklich eingefroren is, funktioniert er immer noch besser als dein altes Ding.« Ella lächelte erleichtert, getröstet, weil sie spürte, dass Tike wieder er selbst wurde. Sie hatte schon befürchtet, er könnte glauben, dass ihr Sprint zur Tür hinaus damit zu tun hätte, dass sie von ihm wegwollte. »Selbst wenn ich zehn Jahre tot wär und die Adler meine Knochen blank gepickt hätten, könnt ich mit meinem leeren Schädel immer noch besser denken als du mit deinem voller Sauerteig.«
    »Glaubst du etwa, die Kerle vom E-Werk würden acht Riesen ausgeben, nur um ne zwei oder drei Meilen lange Leitung bis zu deinem Haus zu legen, selbst wenn du drei Scheunen und zwei Häuser hättst und alle aus Portland-Zement? Von wegen! Gibt nich genug Häuser in dieser Büffelgegend. Da müsste es schon mehr Häuser und mehr Leute geben hier draußen.« Er lehnte sich an die Tischkante, ließ die Finger übers Tischtuch gleiten und blickte finster auf seine Schuhe. »Mehr.«
    Ella May hob ihre Stimme zu einem Schrei, der Blanche echt vorkam. Sie biss die Zähne zusammen, schüttelte den Kopf und kniff die Augen zusammen. »Du bist mir vielleicht einer! Stehst einfach da und schaust auf deine schäbigen alten Schuhe! Wenn du nich der niederträchtigste, hassenswerteste und schlechteste aller Männer bist, denen zu begegnen ich je das Missvergnügen hatte! Mehr Menschen? Mehr Häuser? Mister Tikeroo Hambone, würdest du mir bitte verraten, was ich deiner Meinung nach hier tu, zusammengeklappt auf diesem Bett, mit diesem riesigen Brocken im Bauch, wozu diese Geburtsschmerzen und diese schmerzhafte Geburt?« Sie hatte Kopf und Schultern ein paar Zentimeter vom Kissen gehoben, ließ sich jedoch wieder zurückfallen, und zwar mit einer solchen Wucht, dass der Fußboden unter dem Bett bebte. »Ohhh. Würdest du mir vielleicht verraten, was ich deiner Meinung nach hier tu? Posier ich etwa für ne Filmzeitschrift? Ohhhh. Gott.«
    »Sachte.« Blanche lauschte der Darbietung mit gespitzten Ohren.
    Ella May fürchtete sich nicht, aber sie hatte Angst, dass Tike sich fürchtete. Tike fürchtete sich nicht, war aber nervös, weil er Angst hatte, dass Ella May sich fürchtete.
    Blanche hatte schon oft gesunde Gefühle zwischen Frau und Mann hin und her getragen, während ihrer Ausbildung im Krankenhaus und während

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