Haus der Angst
Entführungen, Mord, Firmenspionage, Computerkriminalität, verärgerte ehemalige Mitarbeiter oder besessene Fans handelte.
Die Sicherheitsvorkehrungen waren diskret, aber nicht zu übersehen. Als Lucy das Ende der langen, gewundenen Einfahrt erreicht hatte und sie ausgestiegen waren, stellte sich ein Mann in legerer Western-Kleidung vor. „Ich bin Jim Charger, Mrs. Swift. Ich kümmere mich um Ihren Wagen. Mr. Rabedeneira erwartet Sie bereits.“
Sie lächelte ihn an. „Plato Rabedeneira?“
Er erwiderte ihre Freundlichkeit nicht. „Richtig, Ma’am.“
Was hatte Plato denn hier zu suchen? Und warum erwartete er sie? Lucy unterdrückte ein Gefühl des Unbehagens. „Tja, ich denke, ihr Jungs seid wirklich toll, nicht wahr?“
Er lächelte immer noch nicht. „Ihre Kinder können hier draußen bei mir bleiben oder mit Ihnen hineingehen. Das ist Ihnen überlassen.“
„Sie kommen mit mir.“
Er bedeutete ihr mit der Hand, das flach gestreckte Hauptgebäude zu betreten, dessen rustikale Holzkonstruktion über seinen eigentlichen Zweck hinwegtäuschte. Das war kein normales Farmhaus. Keine Kosten waren gescheut worden, um es mit Holzmöbeln, Ledergarnituren und erlesenen erdfarbenen Stoffen einzurichten. Das Ergebnis war verblüffend. Nicht die geringste Kleinigkeit erinnerte an Sebastians Herkunft aus dem südlichen Vermont.
Plato empfing sie im Wohnzimmer vor einem massiven Kamin aus Naturstein. Er ergriff ihre Hände und küsste sie auf die Wange. „Guten Tag, Lucy. Man hat mir gesagt, dass du in der Gegend bist.“
„Ihr habt wohl in jeder Ecke Spione.“
„Nicht in
jeder
Ecke.“
Plato lachte und ließ ihre Hände los. Er war ein dunkelhaariger, sehr gut aussehender Mann mit schwarzen Augen. Er stammte aus einem sehr rauen Viertel in Providence und hatte sich einen Platz in einem sehr rauen Beruf erobert, und er leistete eine vorzügliche Arbeit. Seine Mutter hatte ihn alleine großgezogen, und später hatte er sie unterstützt, als sie ihren Collegeabschluss nachholte. Inzwischen war sie Professorin an einer staatlichen Universität, und sie gehörte zu Jack Swifts Wählerinnen.
Colin hat nie versucht, aus einem Hubschrauber in eine stürmische See zu springen, um die Besatzung von Fischerbooten und Yachten zu retten, überlegte Lucy. Er war mit seiner Arbeit im State Department zufrieden gewesen – ebenso wie mit den Herausforderungen auf dem Tennisplatz, die ihn das Leben gekostet hatten.
„Seit wann arbeitest du denn für Redwing?“ fragte Lucy.
„Vor achtzehn Monaten habe ich mich bei einem Rettungssprung verletzt. Als ich nach der Operation aus der Narkose erwachte, wartete eine Vorladung von Sebastian auf mich.“ Er wandte sich an Madison und J. T., die offensichtlich sehr beeindruckt waren. „Na, ihr zwei, ihr seid aber groß geworden. Schön, euch mal wieder zu sehen.“
Er ist wirklich charmant, dachte Lucy. Sie hätte sich sicher gefühlt, wenn sie mit ihm an einem Rettungshubschrauber gehangen und unter sich die tobende See gehabt hätte. Colin hatte ausgezeichnete Manieren gehabt und war sehr zuvorkommend gewesen. Die Menschen mochten ihn sofort. Sebastian Redwing hingegen hatte nichts von den beiden. Er besaß weder Charme noch Manieren, er war weder freundlich noch sympathisch. Er würde sich keine Mühe geben, ihr oder irgendjemand anderem ein Gefühl von Sicherheit zu vermitteln. Dafür müssen die Leute schon selbst sorgen, pflegte er zu sagen. Er machte seine Arbeit einfach nur ausgezeichnet.
„Wollt ihr beiden euch mal hier umschauen?“ fragte Plato. „Dann geht wieder zum Haupteingang und sagt Mr. Charger, dass er euch alles zeigen soll.“
Die Aussicht auf einen Besichtigungsrundgang versetzte J. T. ganz offensichtlich in größere Aufregung als Madison, die von dem durchtrainierten und sehr gut aussehenden Freund ihres Vaters vollkommen fasziniert war. Trotzdem begleitete sie ihren Bruder.
Plötzlich fühlte Lucy sich unsicher, ja, sie kam sich sogar ein bisschen töricht vor. Die Firma Redwing beschäftigte sich mit wirklichen Drohungen und Gefahren. Entführungen, Erpressungen, terroristischen Anschlägen. Nicht mit Einbrechern, die mitten in der Nacht kamen, oder Pistolenkugeln, die durch ein Autofenster geworfen wurden.
„Du siehst gut aus, Lucy“, sagte Plato, während er sie aufmerksam anschaute.
„Danke.“
„Wie geht’s denn so in Vermont?“
„Fantastisch. Ich habe mein eigenes Reisebüro – Abenteuerreisen. Für ein so junges Unternehmen
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