Haus der Angst
laufen die Geschäfte überraschend gut.“
„Ich muss zugeben, dass ich nicht auf Abenteuerreisen stehe.“
Sie lächelte. „Das liegt wohl daran, dass du mit so vielen Abenteuern zu tun hast, die aus dem Ruder gelaufen sind. Aber es wird dich freuen zu hören, dass Sicherheit unsere oberste Priorität ist.“
Als er zu dem Ledersofa ging, bemerkte sie sein leichtes Humpeln. Das war in dem vollen Einsatz fordernden Job, den er gehabt hatte, ein zu großes Handicap. Deshalb saß er jetzt bei Redwing hinterm Schreibtisch.
Er ließ sich auf die Couch fallen, und sein Gesichtsausdruck wurde ernst. „Erzähl mir, warum du hergekommen bist.“
„Ich hatte geschäftlich in Jackson zu tun. Und da habe ich gedacht, ich komme mal vorbei und sage hallo.“
„Du wusstest doch gar nicht, dass ich hier bin“, entgegnete er.
„Das stimmt, aber Sebastian …“
„Lucy, ich bitte dich. Seit wann machst du oder jemand anders einen Umweg, um Sebastian Hallo zu sagen?“
Sie saß auf der Kante eines Stuhls mit Holzlehnen und dachte, wie schön es wäre, einfach nur hier zu sitzen, um mit einem alten Freund über die Vergangenheit zu plaudern und das Einschussloch in ihrer Esszimmerwand vergessen zu können.
Natürlich durchschaute Plato ihre halbherzige Geschichte. Menschen mit einem Problem waren ihm vermutlich aus seiner ehemaligen Arbeit ebenso vertraut wie in seiner neuen Tätigkeit.
Plato hatte wenigstens Blumen geschickt und eine Karte geschrieben, als Colin starb. Zur Beerdigung hatte er nicht kommen können, aber wenn sie jemals etwas benötigen sollte, hatte er ihr mitgeteilt, dann sollte sie ihn anrufen. Er wäre für sie da. Colin hatte auch ihm vertraut. Aber es war Sebastian gewesen, der ihm versprechen musste, ihr zu helfen, wenn sie in Schwierigkeiten war. Vielleicht lag es an der unterschiedlichen Art ihrer Arbeit – oder ihrer Charaktere.
„Hat er sich verändert?“ fragte sie.
„Das kommt auf deinen Standpunkt an“, antwortete er. „Also, warum erzählst du nicht einfach mir, was los ist? Dann können wir überlegen, was wir tun sollen.“
Was so viel bedeutete wie: Ist es überhaupt notwendig, Sebastian damit zu behelligen?
Lucy verschränkte die Hände. Zu Hause bei ihrer Arbeit fühlte sie sich wohl, selbstsicher, kompetent. Hier bewegte sie sich auf fremdem Territorium. Sebastian Redwing und Plato Rabedeneira waren Freunde ihres Mannes gewesen. Sie und Colin hatten sich so schnell ineinander verliebt, dass sie bereits zwei Monate nach ihrem ersten gemeinsamen Abend geheiratet hatten. Ein Jahr später war Madison gekommen. Und dann J. T. Und dann war Colin gestorben.
Eigentlich kannte sie Plato und Sebastian gar nicht.
„Lucy?“
„Es ist albern. Ich benehme mich kindisch, ich weiß. Also tätschel mir bitte den Kopf und schick mich zurück nach Vermont.“ Sie sah ihm in die Augen. „Glaub mir, du würdest mir damit einen Gefallen tun.“
„Gut, aber bevor ich dir den Kopf tätschel, sagst du mir zuerst, was los ist. Einverstanden?“
Sie nickte, holte tief Luft und erzählte ihm alles. Sie sprach in einem sachlichen Tonfall, und bis auf ihre eigenen Gefühle – die Panikattacken und die Übelkeit – ließ sie nichts unerwähnt.
Als sie zu Ende geredet hatte, lächelte sie erneut. „Siehst du? Alles Unsinn.“
Plato erhob sich schwerfällig. Sein Humpeln war jetzt ausgeprägter, als er zu dem steinernen Kamin hinüberging. Aus seinen dunklen Augen schaute er sie ernst an. „Und du willst nicht zum zuständigen Polizeirevier gehen?“
„Wenn du glaubst, dass es das Beste ist, dann denke ich noch einmal darüber nach. Aber sie werden bestimmt Jack verständigen.“
Er nickte. „Das ist vielleicht gar keine so schlechte Idee.“
„Diese Vorfälle – was immer sie bedeuten mögen – haben doch nichts mit ihm zu tun.“
„Vielleicht nicht. Das Problem ist nur – du weißt selbst nicht, was sie zu bedeuten haben.“
Lucy fuhr sich mit der Hand durchs Haar. Ihr war ein wenig schwindlig, und sie verspürte eine leichte Übelkeit vom Magen her. Der Jetlag, die trockene Luft und der Höhenunterschied verlangten ihren Tribut. Ebenso wie ihr Bericht, bei dem sie die Ereignisse der vergangenen Woche noch einmal durchleben musste.
„Entweder gibt es zwischen den einzelnen Vorfällen überhaupt keinen Zusammenhang“, meinte sie, „oder jemand versucht, mich zu verunsichern. Wenn ich jetzt zur Polizei gehe, beweist das doch, dass derjenige erfolgreich war.“
„Und
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