Haus der Angst
retten. Das schwöre ich bei Gott. Ich könnte die Firma auch verkaufen und mich zurückziehen, anstatt sie von einem Trottel wie dir leiten zu lassen, der seine Nase dauernd in Sachen steckt, die ihn nichts angehen.“
„Du hast ihr nicht einmal zugehört? Das glaube ich einfach nicht. Mein Gott, Redwing. Du bist wirklich ein Arschloch.“
Sebastian ging die Stufen der Veranda hinunter. Er fühlte sich steif, und er brauchte einen Kaffee. Er musste aufhören, über Lucy nachzudenken. Es war nie gut für ihn gewesen, sich Gedanken über sie zu machen. „Ich nehme an, sie hat dir alles erzählt. Dann musste sie es ja nicht noch mal tun.“
„Lucy verdient …“
„Es ist mir egal, was Lucy verdient.“
Sebastian spürte, wie sein Freund ihn anstarrte. Er wusste, was er dachte und warum er auf der Veranda geschlafen hatte. „Es ist dir nicht egal. Genau das ist das Problem. Du bist seit sechzehn Jahren in sie verliebt.“
Typisch Plato. Er posaunte immer alles heraus, was besser ungesagt blieb. Sebastian ging zu seinem Truck. Der Tag würde wunderschön werden. Er könnte reiten. Er könnte einen Spaziergang mit den Hunden machen. Er könnte in seiner Hängematte liegen und Gespenstergeschichten lesen.
Die Wahrheit war, er taugte nicht mehr viel. Die Hunde zu treten war so ziemlich das Einzige, was er nicht getan hatte im vergangenen Jahr, seit er einen Freund niedergeschossen hatte, der auf die schiefe Bahn geraten war. Er hatte der Gewalt den Rücken gekehrt, aber nicht dem Glücksspiel und den Saufgelagen, und er kümmerte sich weiterhin nicht um seine Freunde und scheute die Verantwortung.
Er rasierte sich nicht oft genug. Er kümmerte sich nicht genug um seine Wäsche. Er konnte sich jede Unterstützung leisten, die er brauchte, aber das bedeutete, dass Menschen um ihn herum wären und er freundlich sein müsste. Mit Menschen konnte er nicht allzu viel anfangen. Und er war auch nicht besonders freundlich.
„Ich kann Lucy nicht helfen“, sagte er schließlich. „Ich habe die Hälfte von dem vergessen, was ich mal wusste.“
„Du bist so ein verdammter Scheißkerl, Redwing. Du hast überhaupt nichts vergessen.“ Plato stellte sich neben ihn. Die warme, trockene Luft linderte die Schmerzen in seinem Bein. Und er mochte seine Arbeit. Und er machte sie gut. „Selbst wenn du ein bisschen aus der Übung bist – und das bist du nicht –, so hast du doch immer noch deinen Instinkt. Das ist trotzdem ein Teil von dir.“
Dann war die Gewalttätigkeit auch ein Teil von ihm. Sebastian öffnete die Tür seines Trucks. „Ich hasse dieses beschissene Überredungsgequatsche.“
„Redwing, verdammt noch mal. Du hast dir dein ganzes Leben lang doch noch nie selbst Leid getan, oder?“
Oh doch, das hatte er. Und zwar an dem Tag, als er in der Kirche war und sah, wie Lucy Blacker einen anderen Mann heiratete.
Sebastian blinzelte in die Morgendämmerung. „Sag mir, was mit Lucy los ist.“
Plato erzählte es ihm. Er fasste sich kurz und bemühte sich, sachlich zu bleiben, aber Sebastian reagierte skeptisch. „Das waren die Kinder und ihre Freunde“, meinte er. „Vielleicht nur ihre Freunde.“
„Es war Mowery, und das weißt du genau.“
„Mowery ist nicht mein Problem.“
„Ich habe dein Flugzeug voll tanken lassen“, sagte Plato. „Deine Pilotenlizenz haben sie dir doch gelassen, oder?“
Sebastian schlug mit der Faust auf das staubige Dach seines Trucks.
Verdammt.
„Lieber mache ich ein Überlebenstraining im Meer, als nach Vermont zu fliegen.“
„Du hast nie ein Überlebenstraining im Meer gemacht. Das war Teil meiner Ausbildung. Ich bin der ehemalige Fallschirmrettungsspringer.“
„Tatsächlich?“ Sebastian grinste seinem alten Freund zu. Es war ein schlechter Tag gewesen, als er erfahren hatte, dass Plato Rabedeneira nie mehr aus einem Hubschrauber springen würde, dass er möglicherweise nicht einmal mehr würde laufen können. „Ich habe gedacht, ich wäre das gewesen.“
Plato erwiderte das Grinsen. „Lucy ist hübscher denn je, findest du nicht?“
„Halt’s Maul, Rabedeneira, sonst besorge ich einen Hubschrauber und schmeiß dich da raus.“
„Habe ich alles schon hinter mir.“ Plato stellte sich neben ihn. „Ich sorge dafür, dass sich jemand um die Pferde und die Hunde kümmert.“
„Verdammt“, murmelte Sebastian.
Er wusste, was er zu tun hatte. Er hatte es in dem Moment gewusst, als Lucy Blacker Swift seine Einfahrt hinaufgefahren war. Die Diskussion mit
Weitere Kostenlose Bücher