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Haus der bösen Lust (German Edition)

Haus der bösen Lust (German Edition)

Titel: Haus der bösen Lust (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Lee
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zu sehen, Jiff.« Sute schien den Tränen nahe zu sein. Es war das erste Mal, dass Jiff ihm etwas anvertraut hatte, das erste Mal, dass er Sute als mehr als eine perverse Nummer betrachtet hatte. »Bleib hier. Lass mich dir Frühstück machen.«
    Scheiße, dachte Jiff. Was mach ich eigentlich? Er riss sich zusammen. J. G. hat recht, es war bloß ’n dämlicher Traum, und ich führ mich deswegen auf wie ’n Baby. Er löste sich von seinem Kunden und begann sich anzuziehen. »Ne, ich muss los. Hab Arbeit in der Pension.« Er vertrieb die verbleibenden Traumfragmente, dennoch spürte er immer noch ein säuerliches Gefühl im Magen.
    Sute setzte sich wieder aufs Bett, betrübt darüber, dass ihn die Liebe seines Lebens verließ. »Falls es dir ein Trost ist, Jiff, vor langer Zeit habe ich mal die Nacht in der Pension verbracht, als mein Dach neu gedeckt wurde. Du warst damals noch ein Teenager. Aber ich hatte auch einen Albtraum, der deinem in gewisser Weise ähnlich war.«
    Jiff hielt inne und sah ihn an.
    »Ich habe geträumt, ich sei ein General der Konföderierten, der seine Seele dem Teufel verkauft hatte, und der Erste, dem ich nach Abschluss des Paktes begegnete, war Harwood Gast.«
    Jiff fühlte sich, als sei ihm gerade eine Tarantel über den Rücken gekrochen. Er wollte nichts über den Teufel hören. Trotzdem musste er fragen: »J. G.? Glaubste, ’n Ort kann Albträume wegen dem verursachen, was dort mal in der Vergangenheit passiert is’?«
    »Tja, das ist ein nicht enden wollendes Gerücht, das sich um das einstige Haus der Gasts rankt, Jiff. Aber in Wirklichkeit ... nein. Das glaube ich ehrlich nicht.«
    »Ich hoff’s nich’.«
    »Aber es ist schon ironisch – der Inhalt deines Albtraums ebenso wie die Geschichte der Pension deiner Mutter. Dieser Mann aus dem Fernsehen scheint mir sehr interessiert an dem Thema zu sein. Er ist regelrecht besessen von der Legende um Gast.«
    Jiff musterte seinen Kunden argwöhnisch. »Ach ja?«
    »Ist doch irgendwie merkwürdig, oder? Dass sich ein Schriftsteller und Prominenter aus Kalifornien so von einer Schauergeschichte aus dem Süden fesseln lässt.«
    Ja, ich schätze, das is’ es ... »Er is’ ’n netter Kerl und so, aber diese Stadt is’ definitiv nich’ der richtige Ort für ihn.«
    »Südstaatenstolz.« Sute brachte ein Lächeln zustande. »Ich rufe dich bald wieder an.«
    Für den Bruchteil einer Sekunde überkam Jiff eine widerliche Vision: Er stieß Sute in den Schlund des Hochofens. Seine Hand zitterte, als er den Türknauf ergriff. Nein, er würde Sute noch nicht mitteilen, dass er ihn nicht mehr als Kunden wollte. Die Nummern im Nagel waren so viel einfacher. Er hatte schlicht und ergreifend genug. Ich sag’s ihm, wenn er’s nächste Mal anruft, beschloss er und meinte vorerst nur: »Wir sehen uns.« Damit wandte sich Jiff zum Gehen.
    »Meine Güte, Jiff. Du bist wirklich neben der Spur, oder?«
    Jiff drehte sich um. »Hä?«
    »Du wolltest gerade etwas tun, was du noch nie getan hast.«
    Jiff spürte Verärgerung in sich aufsteigen. »Was meinst’n?«
    »Du wärst beinahe ohne dein Geld losgezogen«, teilte Sute ihm mit und lächelte. Dann reichte er Jiff einen Scheck über einhundert Dollar.

Kapitel 12
    I
    »Hier gibt es keine Grauzone, Leute«, sagte der Geistliche. »Viel eindeutiger als mit den Zehn Geboten geht es nicht. Es ist keine Interpretation nötig, um Christi goldene Regel zu verstehen: ›Und wie ihr wollt, dass euch die Leute tun sollen, so tut ihnen auch!‹ Wir brauchen keinen Literaturgelehrten aus Harvard, der uns sagt, was Jesus eigentlich meinte, als er auf dem Berg sagte: ›Selig sind die Barmherzigen; denn sie werden Barmherzigkeit erlangen.‹ Das Wort Gottes ist einfach. Es ist wie beim Reiskochen. Hält man sich an die Anleitung auf dem Beutel, dann funktioniert es. Gottes Wort funktioniert auch, unser Problem ist nur, dass wir nicht richtig zuhören. Wir versuchen es vielleicht oder reden uns ein, dass wir es tun, aber in Wirklichkeit tun wir es nicht, weil wir als Menschen fehlerbehaftet sind. Im Schatten unserer Sünden sind wir unwürdig ...«
    Collier fühlte sich während der gesamten Messe gehemmt und so fehl am Platz wie ein Piranha in einem Badeteich. Der Geistliche erinnerte ihn an den Skipper aus Gilligans Insel, obwohl der Mann kahl wie Telly Savalas war. Er vermischte Feuer und Schwefel auf interessante Weise mit halbherzig guter Laune. »Wir alle sind vorsätzliche Sünder, die nur der Hölle würdig

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