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Haus der bösen Lust (German Edition)

Haus der bösen Lust (German Edition)

Titel: Haus der bösen Lust (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Lee
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keiner vierzehn Mäuse im Monat gezahlt. Weißte, in dem Traum war ich ’n Schwarzer. Ich war ’n Sklave.«
    Sutes füllige Züge runzelten sich besorgt. »Du scheinst mir entsetzlich aufgewühlt zu sein, Jiff. Es war bloß ein Traum. Aber das ist interessant. Wo hast du gearbeitet?«
    »Wie meinst’n das?«
    »Wo hast du Kohle geschaufelt? Auf einem Versorgungsschiff? Oder einer Lokomotive?«
    Jiff schüttelte den Kopf. »Bei ’nem großen Hochofen, und ich mein’ richtig groß.«
    Sutes Aufmerksamkeit steigerte sich. »Und woher weißt du, dass es während des Kriegs war?«
    »Weil dort überall Konföderiertenwachen mit Bajonetten aufn Gewehren rumgelaufen sind. Sie haben mich ›Nigger‹ genannt und gesagt, ich sei tot, wenn ich nich’ weiterschaufle. Bei mir waren ’n paar andre Schwarze, die haben dasselbe gemacht wie ich. Kam mir vor, als ging’ der Traum ewig weiter, ich hab eine Schaufel voll Kohlen nach der andren reingeschüttet. Dort war’s so heiß, ich konnt’ spüren, wie meine Haut Blasen gekriegt hat.« Jiff trank einen weiteren Schluck Scotch und seufzte. »So lang ich zurückdenken kann, hab ich immer wieder mal so verrückte Träume. Sie spielen immer im Bürgerkrieg, aber ich bin jedes Mal wer anderer, und es is’ immer schrecklich.«
    »Sklaverei war auch etwas Schreckliches, Jiff.«
    »Ach, Scheiße, das is’ nich’, was ich mein. Das richtig Schreckliche war, wofür der Ofen benutzt worden is’.«
    »Um Erz zu schmelzen, vermute ich.«
    Jiff schüttelte den Kopf. »Da war weit und breit kein Erz zu sehen. War eher wie ’n Gefangenenlager. Weißte, wir haben auf einer Seite Kohle in die Schütten geschaufelt, aber auf der andern Seite haben die Soldaten Menschen in den Schmelzofen geschmissen.«
    »Was?«
    »Ja. Sie haben immer ’n paar Leut’ gleichzeitig hereingeholt; hauptsächlich Frauen und Kinder, und die meisten waren nackt – sie sin’ von diesen Wagen draußen gekommen. Ein paar hatten noch Kleider an, aber die waren alle voll mit Scheiße und Kotze und von Motten zerfressen. Immer wieder mal haben ’n paar Indianer noch mehr Frauen reingebracht, und dabei haben sie jedes Mal von einem Soldaten Geld gekriegt.«
    »Abliefergebühren«, sagte Sute. »Dasselbe wie Kopfgeld. In Gast wurden regelmäßig Indianer aus der Nähe rekrutiert, um Zivilisten zusammenzutreiben, die aus ihren Heimen geflohen waren, als die Streitkräfte der Union anrückten. Seltsam, dass du so etwas Präzises geträumt hast.«
    »Ach, Scheiße, aber das war nich ’s Schlimmste«, fuhr Jiff fort und spülte seinen Ekel mit dem Alkohol hinunter. »Etliche der Frauen, die sie gebracht haben, waren schwanger, und die Kinder auch – noch junge Mädchen, alle mit großen leeren Augen in schmalen Gesichtern, als hätten’s wochenlang nix gegessen. Und die Soldaten haben sie alle rein in den Ofen geschubst. Haben dabei nich’ mal mit ’ner Wimper gezuckt.«
    Sute blieb stumm.
    »Babys wurden auch reingeschmissen. Wir konnten sehen, dass es im Feuer so heiß war, dass die Reingeschubsten manchmal einfach explodiert sin’. Andre haben ausgesehen, als würden’s schmelzen . Als hätten’s sich in Dampf verwandelt.«
    Sute mühte sich auf und begann, Jiffs Schultern zu massieren. »Du lässt dich von den Legenden überwältigen. Komm und leg dich mit mir hin ...«
    Aber Jiff schien geistig nicht anwesend zu sein. »Am Schluss fallֹ’ ich. Verstehste, ich bin so schwach, dass ich keine Kohle mehr schaufeln kann, und ... und ...«
    »Was ist passiert?«
    »Die Soldaten haben mich in den Ofen geschmissen ...«
    Sute streichelte von hinten Jiffs Gesicht. »Das liegt bloß an der Legende, Jiff, an der Legende. Verdräng es aus dem Kopf.«
    »Genau da drum geht’s, J. G. – um mein’ Kopf . Warum, zum Teufel, tischt mir mein Kopf was so Abscheuliches auf? Und nachdem ich reingeworfen worden bin, brenn ich einfach immer weiter. Ich konnt’ sehen, wie’s Fleisch von mein’ Körper verdampft is’, aber der Albtraum hat trotzdem nich’ aufgehört. Irgendwann bin ich aufgewacht und hab geschrien wie am Spieß. Und weißte was? Circa ’ne Minute später hör ich Lottie auch schreien – ihr Zimmer is’ gleich neben meinem. Wie verrückt is’ das? Lottie kann nich’ reden, bringt kaum überhaupt ’n Mucks raus. Aber sie hat auch geschrien, als hätt’ sie selbst ’n Albtraum gehabt. Herrgott, ich hoff’, sie hatte nich’ ’nselben wie ich.«
    »Es tut mir leid, dich derart niedergeschlagen

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