Haus der bösen Lust (German Edition)
kann, was du wirklich willst.«
»Du wärst überrascht, was ich wirklich will ...« Beinahe hätte er gestöhnt, als sie die Beine ausstreckte und auf den Laken mit den Zehen wackelte.
»Komm ins Bett. Lass uns kuscheln.«
Collier ging mit einer Kerze ins Badezimmer, zog sich bis auf die Unterhose aus und putzte sich anschließend in der Hoffnung die Zähne, einen vermutlich fürchterlichen Biergeschmack loszuwerden. Als er ins Zimmer zurückkehrte, lag sie bis zum Nabel unter der Decke. Ihr Kreuz funkelte im Kerzenschein wie ein winziger Kamerablitz.
»Soll ich die Kerzen ausmachen?«, fragte er.
Donner grollte, gefolgt von weiteren heftigen Blitzen.
»Besser nicht«, meinte sie.
»Ganz deiner Meinung.«
Collier kroch zu ihr unter die Decke, und sie schlangen sofort die Arme umeinander. Die Wärme ihres Körpers und das Gefühl ihrer Haut berauschten ihn mehr als all das Bier. Ihre flache Hand legte sich auf seine nackte Brust direkt über seinem Herzen. Collier wusste, dass es raste.
Sie küssten sich, tauschten ihren Atem aus. Selbst nach einem Tag harter Arbeit duftete ihr Haar noch, und es wirkte auf ihn wie eine Droge.
»Oh verdammt«, murmelte sie plötzlich.
Allein durch ihre Nähe drehte sich in Colliers Kopf alles. »Was ist?«
»Das muss wirklich fürchterlich für dich sein. Für die meisten Menschen ist das ungewohnt. Es gilt nicht als normal.«
»Es geht mir gut ...«
»Ich weiß zwar, dass ich nie gegen mein Zölibat verstoßen werde, aber würde ich es tun, wärst du derjenige, den ich mir dafür aussuchen würde.«
Es war einerseits das Schlimmste, was sie hätte sagen können, zugleich jedoch auch das Beste.
Dann schlich sich ein scherzhafter Tonfall in ihre Stimme. »Oder du könntest mich heiraten, aber davon rate ich eindeutig ab. Das wäre gefährlich.«
»Gefährlich?«
»Wahrscheinlich würde ich dich in unserer Hochzeitsnacht zu Tode vögeln.«
Ihr Schenkel lag zwischen seinen Beinen, und nachdem sie die Worte ausgesprochen hatte, zog sie ihn zurück, weil sich sein Penis schlagartig versteift hatte.
Ich liebe dich, ich liebe dich . Die Worte in seinem Geist schienen mit dem Kerzenlicht über die Wände zu flackern.
Er sollte sie aussprechen. Er wusste , dass er sie aussprechen sollte.
»Ich ...«
Doch Dominique war bereits mit dem Kopf auf seiner Brust eingeschlafen.
Der Donner und die Blitze hatten zumindest so weit nachgelassen, dass er nicht mehr bei jedem Krachen und Aufleuchten zusammenzuckte. Innerhalb weniger Minuten lockte ihn der Schlaf, aber immer wieder holten ihn Bilder und Worte zurück in angespannte Wachsamkeit: sein Traum von der Hure namens Harriet; »Böser Hund!«; kratz-kratz-kratz, als sich ein junges blondes Mädchen in dem Bach die Beine und vermutlich auch die Scham rasierte; »Gast ließ seine beiden Töchter lebendig begraben, dann kümmerte er sich um die Ermordung von Jessa und die Massenvergewaltigung und anschließende Hinrichtung seiner Frau mit der Axt«; Pferde, die Gefangenenwagen auf eine Rauchwolke zuzogen; »Ich hab gehört, dass sie alle Sklaven getötet haben, sobald sie fertig waren. Fast hundert.«; ein gereizter Mann mit einer Nase aus Gold beim Ausstellen von Schecks; »Er ließ eine komplette Bahnstrecke nach Maxon bauen und nahm den Hochofen für den ausschließlichen Zweck in Betrieb, Unschuldige zu verbrennen.«; die Daguerreotypie einer wunderschönen Frau mit rasierter Scham und einem einzelnen Muttermal etwa zwei Zentimeter über der Klitoris; »Gerüchten zufolge ist der Hund entkommen und wurde nie wieder gesehen. Aber Sie können sicher sein ... er ist mit vollem Magen entkommen.«
Collier stöhnte angesichts der Bilderflut hörbar, die Augen zugepresst. Weitere Einzelheiten stürmten auf ihn ein. Im Zimmer links neben meinem wurde ein Mann in einer Sitzwanne ertränkt, und sein Pimmel wurde in den Nachttopf geworfen, und im Zimmer rechts hat Penelope Gast eine Axt zwischen die Beine bekommen.
Und in DIESEM Zimmer ...
Collier spürte ein Brodeln im Bauch. All die Geschichten von Sute und all das Bier schienen plötzlich ein Loch in ihn zu brennen. Wahrscheinlich war auch die Rattenwurst nicht besonders hilfreich gewesen.
Trotz des Donners hörte er seinen eigenen Herzschlag neben dem von Dominique und sogar das Ticken seiner Uhr. Wenn er die Augen schloss, konnte er sich des Gefühls nicht erwehren, ein Hund sei im Raum, und wenn er sie öffnete, schien sich das Muster der Tapete in etwas zu verwandeln, das an
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