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Haus der bösen Lust (German Edition)

Haus der bösen Lust (German Edition)

Titel: Haus der bösen Lust (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Lee
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Dollar.
    Das Unbehagen, das ihm das Haus bereitete, beeinträchtigte Poltrocks Reaktion. Eine Bewegung ließ ihn zur Tür blicken. Er konnte in die Diele sehen, wo ein unscheinbares jugendliches Mädchen in einem weißen Kleid auf der zweiten Stufe der Treppe saß. Sie streichelte einen Hund – ein kleines, abgrundhässliches Tier mit glanzlosem braunem Fell – und kraulte ihn hinter den Ohren. Kurz schaute das Mädchen zu Poltrock und lächelte geziert. Plötzlich befand sich der Kopf des Hundes unter ihrem Kleid.
    Poltrock zuckte zusammen und wandte den Blick ab. Er erinnerte sich wieder an den Scheck, den er soeben erhalten hatte. Grundgütiger, das ist gutes Geld . »Nur, damit ich sicher bin, dass wir einander richtig verstehen, Mr. Gast: Sie haben also vor, einhundert Streckenmeilen pro Jahr mit einhundert Männern zu verlegen?«
    »Ich habe einhundert Sklaven sowie fünfzig starke weiße Vorarbeiter und Eisenbahningenieure.«
    »Ich verstehe. Also ... wie gesagt, Sir, einhundert Streckenmeilen pro Jahr. Von wo nach wo?«
    »Von Camp Roan unmittelbar außerhalb der Stadt nach Maxon.«
    »Maxon, Georgia , Mr. Gast?«
    »Richtig.«
    »Das liegt auf halbem Weg nach Atlanta, Sir.« Beinah wäre Poltrock lauter geworden. Die Vorstellung war absurd. »Das sind fünfhundert Meilen.«
    »Dessen bin ich mir bewusst.« Gast drehte sich mit seiner Teetasse in der Hand wieder dem Fenster zu. Das durch die Bäume fallende Licht schien einen dunklen Nebel um seinen Kopf entstehen zu lassen. »Wie viele andere glaube auch ich, dass uns ein Krieg bevorsteht, Mr. Poltrock. Es wird ein großer Krieg, der unsere Bruderschaft im Süden zur stärksten Nation der Welt zusammenschmieden wird. Ich habe Vertraute, die überzeugt davon sind, dass eine solche Bahnstrecke unerlässlich für das Überleben des Südens in einem derartigen Krieg ist.«
    Poltrock schüttelte den Kopf. Er glaubte kein Wort von diesem Kriegsgeschwätz. Der Kongress würde die Dinge für den Süden richten. Gast hat wohl vergessen, was die Bundesarmee vor nicht allzu langer Zeit mit Mexiko gemacht hat. Und wer mochten diese Vertrauten sein? Wahrscheinlich bloß Geldsäcke, weitere Plantagenbarone. Jede Menge Mittel und jede Menge großer Ideen.
    Als er erneut in die Diele schaute, war das Mädchen mit dem Hund verschwunden, aber er hätte schwören können, von irgendwo im Haus das Kichern von Kindern zu hören. Und ...
    Da war wieder dieser Geruch: der Gestank von Urin.
    Es musste Einbildung sein, denn Gast nahm ihn eindeutig nicht wahr.
    »Der Korridor durch Ost-Tennessee ist ideal«, fuhr Gast fort. »Bis Maxon brauchen wir keinen Penny für Grabungsarbeiten auszugeben, und wir müssen kaum Bäume fällen.«
    »Das Einzige, was ich in Maxon kenne, ist die alte Waffen- und Kanonenrohrfabrik.«
    Beeindruckt drehte sich Gast um. »Sie sind ein gebildeter Mann, Mr. Poltrock. Das stimmt.«
    »Aber ich weiß auch, dass der Schmelzofen dort dauerhaft stillgelegt wurde. In Maxon wurde seit 1814 kein Gewehrlauf mehr hergestellt.«
    Die gelblichen Augen wirkten verschwommen. »Auch damit haben Sie recht. Aber das ist weder für mich noch für meine Vertrauten von Interesse.«
    Schon wieder diese Vertrauten, dachte Poltrock. Gast ist einfach nicht ganz richtig im Kopf, das ist alles. Es ist völlig verrückt, fünfhundert Meilen Gleise in eine tote Stadt zu verlegen.
    »Überlassen Sie das ruhig uns«, fuhr Gast fort, »während wir Ihnen den Bau der Eisenbahn überlassen.«
    Poltrock hielt seinen nächsten Einwand zurück, als er aus dem Augenwinkel eine Bewegung wahrnahm. Eine wunderschöne Frau in Weiß hatte den Raum betreten.
    »Mr. Poltrock, gestatten Sie mir, Ihnen meine Frau Penelope vorzustellen.«
    Jäh erhob sich Poltrock.
    Ihr Anblick fesselte ihn. Zunächst sah er nur ein strahlendes Gesicht, umgeben von wuscheligem Haar in der Farbe von Sonnenlicht. Eine zierliche weiße Hand hielt elegant einen Fächer mit aufgestickten Rosen.
    »Mrs. Gast«, brachte Poltrock mühsam hervor. »Es ist eine wahre Ehre, Ihre Bekanntschaft zu machen.«
    »Gleichfalls, Mr. Poltrock.«
    Sie streckte eine Hand aus, die sich heiß anfühlte, als Poltrock sie ergriff. Plötzlich regte sich in seiner Hose eine schmerzhafte Erektion, die keinen Sinn ergab. Blumenduft schien von der Frau auszugehen. Poltrock wusste, dass er es nicht wagen durfte, sie anzustarren, doch ein verstohlener Blick offenbarte den Rest von ihr: eine Gestalt mit perfekten Rundungen in einem plissierten

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