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Haus der bösen Lust (German Edition)

Haus der bösen Lust (German Edition)

Titel: Haus der bösen Lust (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Lee
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Turnürenkleid so weiß wie die Wolken. Es galt grundsätzlich als unhöflich, die Gemahlin eines anderen Mannes – vor allem eines wohlhabenden Mannes – direkt anzusehen, aber Poltrock stellte fest, dass er nicht anders konnte, als den Blick zu ihrem spitzenbesetzten Ausschnitt und dem beachtlichen entblößten Dekolleté zu senken.
    »Ihr Mann und ich sprachen gerade über ...«
    »Geschäftliches«, schnitt Gast ihm abrupt das Wort ab.
    »Oh, ich weiß«, kam es in trällerndem Akzent von ihren Lippen. »Deine wichtige Eisenbahn, die dabei helfen wird, die südlichen Staaten zur mächtigsten Nation der Welt zu vereinen.«
    »Dessen kannst du dir sicher sein, meine Liebe«, gab Gast zurück. »Meine Eisenbahn wird für den Süden wichtiger sein als das Bahndepot in Chattanooga.« Der Ausdruck in Gasts gelbstichigen Augen verriet, dass er die Unterbrechung missbilligte.
    Penelope Gast wedelte mehrmals mit ihrem Fächer, wodurch einige Strähnen ihrer goldenen Haare aufwärtsgeweht wurden. »Isst Mr. Poltrock mit uns zu Mittag?«
    »Selbstverständlich«, antwortete Gast, bevor Poltrock es tun konnte. »Aber wir haben noch geschäftliche Dinge zu klären, daher ...«
    »Natürlich, Liebster«, sagte die Frau. »Einen schönen Tag noch, Mr. Poltrock.«
    Poltrock schluckte und nickte. »Ihnen auch, Ma’am.«
    Die atemberaubende Schönheit der Frau erschütterte Poltrock. Er hoffte, dass man ihm nichts mehr davon anmerkte, als er sich setzte und meinte: »Sie haben eine ausgesprochen kultivierte und gut aussehende Frau, Mr. Gast. Bestimmt sind Sie sehr stolz auf sie.«
    »Das bin ich in der Tat, Mr. Poltrock.«
    Poltrock glaubte nicht, dass sich seine Erektion erkennbar abzeichnete. Großer Gott, ich hoffe es. Erneut schloss er einen Moment lang die Lider ...
    Schlagartig blähten sich seine Nasenflügel, und sein Magen krampfte sich zusammen – der Gestank von abgestandenem Urin umgab ihn wie ein dichter Nebel. Und dann ertönten die Worte:
    »Sie ist eine Hure reinsten Wassers. Sie stinkt nach Pisse, nach Schwäche und nach Maßlosigkeit. Sie hat schon Dutzende Männer hinter meinem Rücken gefickt, manchmal sogar Sklaven. Lassen Sie sich gesagt sein, eines Tages werde ich dafür sorgen, dass sie an den Rand des Todes vergewaltigt wird, und anschließend spalte ich ihr persönlich mit einer Axt die widerwärtige Möse.«
    Jäh riss Poltrock die Augen auf, doch als er sich im Arbeitszimmer umsah ...
    Gast war verschwunden. Poltrock war allein.
    Ein Frösteln überkam ihn. Zuerst diese abscheulichen Bilder und dann diese bösen Worte. Verrückt, dachte er. Das ist ein Irrenhaus ...
    Was geschieht nur mit mir?
    Ihm fiel auf, dass er immer noch den Scheck in der Hand hielt.
    Gasts feine Lederschuhe klickten über den Hartholzboden zurück ins Zimmer. »Wie Sie sicher bemerkt haben, spielt sich meine Frau gerne in den Vordergrund. Bitte entschuldigen Sie die Störung unseres wichtigen Gesprächs.«
    Poltrock versuchte, imaginäre Spinnweben von seinem Kopf zu schütteln. »Es tut mir leid, Mr. Gast, aber ich bin von meiner Reise wohl erschöpfter, als ich dachte. Ich bin so zerstreut. Mir ist nicht einmal aufgefallen, dass Sie den Raum verlassen haben.«
    »Ihre lange Reise aus Raleigh, ja – natürlich«, meinte Gast. »Ich habe meine Frau in die Küche begleitet. Sie bestand darauf, mir die Trichterkuchen zu zeigen, die sie gebacken hat. Oh, ich weiß, dass Penelope sie nicht wirklich selbst gebacken hat – sie ist in der Küche eine Katastrophe –, aber ich lasse sie in dem Glauben, dass ich es ihr abnehme. Sie ist solche Gefälligkeiten durchaus wert.«
    Er war nicht mal im Raum, als ich die Stimme gehört habe ...
    Poltrock schwitzte. Er versuchte, seine Gedanken zu ordnen. Irgendwo bellte ein Hund.
    »Arbeiten Sie für mich, Mr. Poltrock. Sie erweisen sich selbst und diesem unserem großartigen Land damit einen stolzen Dienst.«
    Der Posten, die Eisenbahn, erinnerte sich Poltrock schließlich. Einhundert Streckenmeilen jährlich, von hier nach Maxon ... Er betrachtete den beeindruckenden Scheck, den er nach wie vor in der Hand hatte. »Mr. Gast, fünfzig Dollar im Monat sind ein ansehnliches Gehalt, vor allem in Anbetracht der durch die nördlichen Steuern so angespannten Wirtschaftslage, aber es ist so, dass ...«
    »Ich entschuldige mich dafür, dass ich mich nicht von Anfang an klar ausgedrückt habe«, fiel ihm Gast mit erhobenem Finger ins Wort. »Nicht fünfzig Dollar im Monat, Mr. Poltrock. Fünfzig

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