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Haus der bösen Lust (German Edition)

Haus der bösen Lust (German Edition)

Titel: Haus der bösen Lust (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Lee
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die Augen. »Wenn man sie nicht gehängt hat, wie wurden diese Männer dann hingerichtet?«
    »Sie wurden von Pferden zu Tode geschleift oder manchmal auch nur abgeschlachtet. Anschließend wurden sie enthauptet, während alle anderen Sklaven dabei zusehen mussten. Harwood Gast war ein überzeugter Verfechter der Grundsätze der Abschreckung. Die abgetrennten Köpfe spießte man auf Pfähle und ließ sie einfach weithin sichtbar stehen. Manche blieben jahrelang aufgestellt.«
    Jäh schossen Colliers Augenbrauen nach oben. »Tja, jetzt verstehe ich, wieso abergläubische Menschen glauben, das Land sei verflucht.«
    Sutes Martini wurde in kleinen, schnellen Schlucken geleert. »Nein, die Enthauptungen waren noch nicht der Höhepunkt. Nachdem man den Unglückseligen die Köpfe abgeschlagen hatte, wurden ihre Körper mit Vorschlaghämmern zerstampft, mit Äxten zerkleinert und dann in die Erde geharkt. Was halten Sie davon als Geschichte vom ›verfluchten Feld‹?«
    Collier drehte sich der Magen um. Grundgütiger. Dieser Gast war ja ein reinrassiger Psycho. Gegen den nimmt sich Dschingis Khan wie Mickey Maus aus. »Jetzt weiß ich, warum die Einheimischen Gast als den bösesten Menschen bezeichnen, den die Stadt je erlebt hat.«
    »Im Wesentlichen stand hinter allem, was Harwood Gast je gemacht hat, ein bösartiges Motiv.«
    »Schon der Bau der Eisenbahn selbst«, fügte Collier hinzu. »Ausschließlich dafür, gefangen genommene Zivilisten in Konzentrationslager zu transportieren – allein das schießt den Vogel ab.«
    Sute zog bei Colliers Worten die Augenbrauen hoch.
    Beinahe so, als hielte er eine zusätzliche Äußerung zurück.
    Auch das fiel Collier auf. Das und die Trübsal des Mannes – aufgrund irgendwelcher »persönlicher Sümpfe« – ließen Collier denken: Ich wüsste ja nur allzu gern, was wirklich in der Birne dieses Typen vorgeht ...
    »Es heißt, das ›Böse‹ sei relativ«, fuhr Sute fort, nachdem er seinen nächsten Drink geleert hatte. »Aber ich bin mir da nicht so sicher.«
    »Gast war wahnsinnig.«
    »Das hoffe ich. Was seine Frau angeht, bin ich nicht überzeugt, dass sie tatsächlich wahnsinnig war – wahrscheinlich wohl eher eine soziopathische Sexbesessene.«
    Collier lachte.
    Im Verlauf ihres Gesprächs schien Sutes Gesicht um zehn Jahre gealtert zu sein. Die Ringe unter seinen Augen waren dunkler geworden, seine Lider hingegen hatten sich verstärkt gerötet.
    »Mr. Sute, sind Sie sicher, dass alles in Ordnung ist?«
    Sein Gegenüber schluckte und tupfte sich erneut mit dem Taschentuch die Stirn ab. »Ich glaube nein, Mr. Collier. Ich fühle mich nicht besonders. Es war wunderbar, mit Ihnen zu essen, aber ich fürchte, ich muss mich jetzt entschuldigen.«
    »Gehen Sie nach Hause und ruhen Sie sich ein wenig aus«, riet Collier. Und trink nächstes Mal keine Wagenladung Martinis. »Ich bin sicher, es geht Ihnen bald wieder besser.«
    »Danke.« Schwankend erhob sich Sute und schüttelte Collier die Hand. »Und ich hoffe, meine Schilderungen der merkwürdigen Geschichte dieser Stadt haben Sie unterhalten.«
    »Sehr sogar.«
    Plötzlich schlängelte sich ein etwa sechzigjähriger, wahrscheinlich noch schwererer Mann als Sute um den Tisch: fortschreitende Glatze, weißer Bart, ein breites, fröhliches Weihnachtsmanngesicht. »J. G.!«, begrüßte der Neuankömmling Sute. »Gehst du schon? Bleib doch noch und trink etwas.«
    »Oh nein, Hank, ich hatte schon zu viel ...«
    Der breit grinsende Mann wandte sich Collier zu.
    »Und Mr. Justin Collier! Die Neuigkeit verbreitet sich schnell, wenn ein Prominenter die Stadt besucht, und ich bin immer der Erste, der Neuigkeiten erfährt.« Er schüttelte Colliers Hand wie einen Wagenheber. »Ich bin Hank Snodden und kann nur sagen, es ist mir eine Freude, Sie kennenzulernen! Übrigens liebe ich Ihre Sendung. Ich kann den Beginn der nächsten Staffel kaum erwarten.«
    Tut mir leid, Kumpel, aber darauf kannst du lange warten, dachte Collier. »Danke für die netten Worte, Mr. Snodden.«
    »Hank ist der Bürgermeister unserer bescheidenen kleinen Gemeinde«, teilte ihm Sute mit.
    Der überschwängliche Mann klopfte Collier auf den Rücken. »Außerdem bin ich Landkreisverwalter, Genehmigungsinspektor der Stadt und Grundbuchführer.« Er stupste Collier einen Ellbogen in die Rippen. »Und mir gehört das Autohaus an der Ecke. Kommen Sie mal vorbei, und ich mache Ihnen ein Spitzenangebot!«
    Collier heuchelte ein Kichern. »Mir gefällt Ihre Stadt sehr,

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