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Haus der bösen Lust (German Edition)

Haus der bösen Lust (German Edition)

Titel: Haus der bösen Lust (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Lee
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Wo?«
    »An den Balkontüren, als ich am Eingang des Zimmers stand, in dem du wohnst.«
    »Dominique, das verstehe ich nicht. Ein oranges Licht?« Erschrecken. »Stand ein Teil des Hauses in Flammen oder brannte es auf den Feldern?«
    »Das dachte ich zuerst auch, aber nein. Dann dachte ich, dass ich vielleicht eingeschlafen und bei Sonnenaufgang aufgewacht wäre.« Sie verstummte kurz. »Meine Uhr allerdings behauptete, dass es kurz vor zwei Uhr morgens war.«
    »Also bist du zum Balkon gegangen, richtig? Und hast hinausgeschaut ...«
    Ein verhaltendes Nicken. Zitterte ihre Hand? »Ich ging zur Balkontür und sah, dass es tatsächlich ein Feuer war. Außerdem hörte ich ein klirrendes Geräusch. Der gesamte Hinterhof war hell erleuchtet und in Bewegung. Ich konnte Hitzewellen spüren ...«
    Plötzlich regte sich in Collier eine unangenehme Empfindung ...
    Sie sprach mit der Luft vor ihr, nicht mit ihm. »Da draußen steht eine alte Eisenschmiede aus der Bürgerkriegszeit. Ich weiß nicht, ob sie immer noch da ist, aber ...«
    »Ist sie«, meldete sich Collier zu Wort. »Ich hab sie an dem Tag gesehen, als ich ankam. Aber Jiff hat mir gesagt, dass sie nur noch als Griller an Feiertagen und bei Veranstaltungen benutzt wird.«
    »Jiff war nicht da, und es wurde auch nicht gegrillt. In dem Ding wurde Erz geschmolzen. Jedes Mal, wenn der Blasebalg gepumpt hat, wurde das orange Licht doppelt so grell ... Das und die unregelmäßigen Hammergeräusche gaben der Szene einen Anstrich von Wahnsinn. Die Mauern der Schmiede haben mehrere Schütten, und aus ihnen strömten das Licht und die Hitze nur so heraus.«
    Collier erinnerte sich an die Schmiede mit den verschiedenen Öffnungen, von denen eine recht groß war. »Was geschah dann?«
    »Natürlich stand dort unten auch ein Mann, nur konnte ich keine Details erkennen. Er schien in einem Zyklus zu arbeiten: pumpen, hämmern, pumpen, hämmern und so weiter. Aber in regelmäßigen Abständen verschwand er hinter der Schmiede, und das Licht ließ nach, weil er nicht pumpte.«
    »Wahrscheinlich hat er Schlacke abgeschöpft oder was man beim Schmieden halt so macht.«
    »Er goss geschmolzenes Metall aus einem kleinen Tiegel«, berichtigte sie ihn. »Das fand ich allerdings erst heraus, als ich runterging.«
    Collier malte sich die Szene aus. »Muss ziemlich beängstigend gewesen sein.«
    Abermals nickte sie langsam. »Das Ganze war so verrückt, dass ich einfach rausgehen musste . Jemand, der um zwei Uhr nachts im Garten einer Pension Eisen schmilzt? Kann doch nur ein Scherz sein. Ich hatte Angst, ja, aber ich war auch verrückt. Ich rannte also runter ...«
    Collier konnte nicht anders, als der Geschichte vorzugreifen. »Und der Mann war verschwunden, die Schmiede kalt.«
    Dominique stupste ihn. »He, ich erzähle die Geschichte!«
    »Ja, aber hab ich recht?«
    »Du liegst völlig falsch. Als ich unten ankam, war das Licht höchstens noch greller, die Luft heißer. Der Mann war zurück nach vorne gekommen, pumpte den Blasebalg und hämmerte etwas auf einem Amboss, aber jetzt ... konnte ich ihn richtig sehen ...«
    Machte sie das absichtlich? Collier glaubte es nicht. »Du weißt echt, wie man die Spannung steigert. Jetzt sag schon: Wer war der Mann?«
    Dominique sah ihm mit ernster Miene unverwandt in die Augen. Mittlerweile fühlte sich ihre Hand glitschig vor Schweiß an. »Was glaubst du wohl? Ein Schmied wie aus dem Jahr 1860. Hohe Lederstiefel, Segeltuchhose, Rohlederschürze. Er hämmerte einen Metallstreifen und zog zwischendurch an der Blasebalgkette. Ich sagte: ›He, was um alles in der Welt machen Sie da?‹ Und ich sprach ziemlich laut. Trotzdem hörte er mich nicht. Er arbeitete einfach weiter.«
    »Wie hat er ausgesehen? Sein Gesicht, meine ich?«
    »Dichter, buschiger Schnurrbart, und die Haut im Gesicht war wie narbiges Leder. Er trug einen Hut, ein wenig wie ein Cowboyhut aus Leder, nur waren die Seiten nicht hochgerollt, und vorne hing die Krempe nach unten. Ich brüllte ihn noch einmal an, und er ignorierte mich weiter. Dann ging er zur Seite der Schmiede, und ich sah, wie er den Tiegel in die Öffnung tauchte. Er holte ihn wieder heraus und goss das Metall in eine Steinform, die aussah, als wäre Wachs drin. Dabei ging er sehr vorsichtig vor. Schließlich ergriff er die Form mit einer Zange und hielt sie in einen Bottich mit Wasser.«
    Collier spürte durch ihre Hand, wie sich ihr Puls beschleunigte.
    »Er ging mit der Form zurück nach vorn, klopfte das Metall

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