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Haus der Lügen - 8

Haus der Lügen - 8

Titel: Haus der Lügen - 8 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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verstärken. Beiboote, die normalerweise mittschiffs vertäut waren, wurden zu Wasser gelassen und hinter den Galeonen hergezogen. So konnten gegnerische Geschosse sie nicht in todbringende Splitter verwandeln. Unter Deck legten die Feldscherer bereits Messer und Sägen zurecht; Heiler bereiteten Fleming-Moos und Bandagen vor, während Gehilfen noch einmal die Tische in der Messe sauber schrubbten. Nur allzu bald würden darauf Verwundete liegen und vor Schmerzen schreien.
    Normalerweise war es bei der Imperial Charisian Navy Standard, ein Schiff innerhalb von maximal fünfzehn Minuten vollständig klar zum Gefecht zu machen. In dieser Nacht dauerte es doppelt so lange. Denn sie hatten Zeit. Sie hatten Zeit, alles richtig zu machen. Zeit, die erforderlichen Vorbereitungen zu treffen, ohne Unfälle und Verletzungen zu riskieren. Zeit, jeden einzelnen Schritt des Ganzen noch einmal sorgfältig zu überprüfen.
    Es gab niemanden an Bord des Flaggschiffs, niemanden an Bord all der anderen Schiffe, die ihm folgten, der nicht genau wusste, was auf ihn zukam. Ein jeder hier wusste, wie die Chancen standen; ein jeder wusste, dass er schon bald den Tod finden mochte. Und ein jeder wusste, was geschehen würde, wenn man zuließe, dass jene Schiffe, die in Dunkelheit und Regen im Augenblick für sie unsichtbar blieben, im Golf von Jahras zur desnairianischen Flotte stießen.
    Die meisten Männer hatten bereits Kampferfahrung. Sie kannten die charisianische Tradition. Sie dachten nicht nur, sie glaubten nicht nur, die besten Seeleute in der Geschichte ihrer Welt zu sein, nein, sie wussten es. Sie wussten es ebenso genau, wie sie wussten, was die Kirche des Verheißenen und die Inquisition ihren Familien antun würden, wenn sie hier an Bord der Schiffe diesen Krieg verlören.
    Bryahn Lock Island stand auf dem Achterdeck und spürte, wie der Regen auf sein Ölzeug prasselte. Er betrachtete die Karte, die nur er allein sehen konnte, und spürte, was seinen Männern durch den Kopf ging. Er fühlte, was sie dachten; er kannte ihre Furcht, und er fühlte ihre Entschlossenheit.
    »Sorgt dafür, dass Euer Verstand wach und ausgeruht ist, die Entscheidungen zu fällen, die den Männern in Euren Diensten würdig sind!«, hatte Domynyk Staynair einst zu Cayleb Ahrmahk gesagt, in einer anderer verregneten Nacht, kurz bevor die Schlacht vor der Felsnadel begann. Cayleb hatte seinem Verwandten davon berichtet, und nun wiederholte Lock Island genau diesen Satz noch einmal für sich selbst.
    »Sir, Schiff klar zum Gefecht!«, meldete Sylmahn Baikyr und legte zum militärischen Salut die Hand an die Brust seines triefenden Ölzeugs.
    »Sehr gut, Captain«, bestätigte der High Admiral förmlich. »Dann geben Sie bitte das Signal!«
    »Sir! Das Flaggschiff hat das Signal aufgezogen!«
    Captain Zakrai Wayst wandte sich von dem ruhigen Gespräch mit dem Schiffskaplan ab und blickte angesichts der aufgeregten Meldung des Signal-Midshipman auf.
    »Tatsächlich, Master Hahlmyn?« Er sprach bewusst gelassen, um den aufgeregten Burschen ein wenig zu beruhigen, und der Midshipman atmete tief durch.
    »Jawohl, Sir«, bestätigte er deutlich ruhiger, und Wayst nickte.
    Die Augen des Captains waren nun wirklich nicht mehr jung. Doch er bezweifelte, dass das irgendeinen Unterschied ausgemacht hätte. Der Regenguss war so heftig, dass er kaum den Großmast erkennen konnte. Vielleicht sah er da vorn ja wirklich den matten Lichtschein der großen Hecklaternen der Ahrmahk , in dem dichten Regen kaum wahrzunehmen. Darauf gewettet hätte er nicht. Die Blendlaternen waren so eingestellt, dass man sie nur sehen konnte, wenn man genau von Achtern auf das Schiff blickte. Die drei roten Laternen, die am Besan aufgezogen waren, sah Wayst auf jeden Fall nicht.
    Doch der junge Hahlmyn war wirklich zuverlässig, und so war der Captain bereit, ihm zu glauben.
    »Haben Sie bereits bestätigt, Master Hahlmyn?«
    »Aye, Sir! Eine rote Laterne, an der Vormars aufgezogen.«
    »Sehr gut. Dann geben Sie das Signal an das nächste Schiff weiter!«
    »Aye, aye, Sir!«
    Nacheinander wurde entlang der gesamten Kiellinie der regengepeitschten Galeonen eine rote Laterne nach der anderen aufgezogen. In der Dunkelheit und dem Regen verlor sich ihr Lichtschein fast. Aber Matrosen im Krähennest, allesamt mit guten Augen, warteten bereits seit Stunden genau darauf. Schiff um Schiff wurde die Laterne erkannt und bestätigt. Es dauerte seine Zeit – Bryahn Lock Island, der am Kopfende der

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