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Haus der roten Dämonen

Titel: Haus der roten Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Dempf
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Figuren zu erschaffen, die bei dem Aufmarsch mitlaufen sollen: Vogelmenschen, Hirschkäferwesen, Pantherkatzen … Zu ihnen sollte auch der Leu gehören …« Hier brach Jan ab, denn was er jetzt zu ergänzen gehabt hätte, musste niemand wissen.
    »Du meinst, wir alle wären nur für diesen Faschingsumzug geschaffen worden?« Der Kater musste niesen. »Grauenhafter Gedanke.« Er maunzte verärgert. »Warum sperrt er uns dann ein?«
    Jan fuhr sich mit der Hand über die Stirn. Hatte nicht Messer Arcimboldo etwas darüber gesagt. Er erinnerte sich nur äußerst schwach daran.
    »Ihr seid alle … Bilderwesen«, begann er. »Messer Arcimboldo
muss etwas mit seinen Gemälden machen, damit die darauf dargestellten Wesen lebendig werden.«
    »Er muss sie signieren«, versuchte der Scholar ihm zu helfen.
    »Möglich, aber nicht unbedingt notwendig. Contrario hat die seinen nicht signiert«, sagte Jan. »Sie leben dennoch.«
    »Es kann allerdings auch sein, dass du bislang einfach nicht darauf geachtet hast«, sagte Julia. »Du hast doch bei Kithara zum ersten Mal das Zeichen entdeckt.«
    Jan nickte. »Signatur, Firnis, Farbe«, sagte er. »Drei Elemente, um ein Bild zu beleben. Aber warum kann Contrario dann auch Bilder lebendig werden lassen? Etwas fehlt, etwas, das wir übersehen.«
    Für Julia fühlte sich diese Höhle merkwürdig warm an. Es war ihr, als würde sie unter einer Decke leben. Während der Wind draußen frisch wehte und sich nachts die ersten Kristalle über die Wasserpfützen legten und diese mit einem Netz aus Eisfäden überzogen, war es hier drinnen angenehm warm. Auch bemerkte sie, dass die Wände ihrer Behausung nicht stillstanden, wie man es von einer Höhle gewohnt war, und dass auch sonst gegen alle drei Grundprinzipien der Höhlenbaukunst verstoßen wurde: fester Fels, kühle Luft, feuchte Umgebung. Hinzu kam, dass ein rötlicher Schimmer von den Wänden abstrahlte. Julia stutzte. Dieses Rot … es war … die Farbe der Dämonen!
    »Die Höhle lebt«, sagte sie unvermittelt.
    »Ja«, erwiderte Jan. »Das ist mir auch schon aufgefallen. Wie das Haus meines Meisters. Es ist, als wäre es …«
    »… als Lebewesen erschaffen worden. Genau so ist es.« Es war der Kater, der sie unterbrach. »Das ist der Grund, warum niemand diese Höhle verlassen kann.«

    Jan setzte sich auf seine Fersen und streichelte den Boden, der sich weich und elastisch anfühlte, wie die Innenseite eines fellbezogenen Sacks. »Aber du kannst es, Kithara. Warum?«
    Wieder leckte sich der Kater die Pfoten sauber. Genüsslich glitt die Zunge über die Vorderseite seiner Pfoten und hinterließ dort feuchte Stellen.
    »Ich weiß es nicht.«
    Julia hatte Jan noch niemals so gesehen. Sein Blick glitt über den Boden, aber er sah ihn nicht. Seine Hände berührten die Erde, aber er fühlte nichts. Er war gänzlich in seine Gedanken versunken, und alle warteten darauf, dass er zu ihnen zurückkehren würde. In diesem Augenblick glomm in ihr ein Gefühl auf, das sie gern in eine Flamme verwandelt hätte. Jan war so sehr bei sich, dass er unendlich stark wirkte. Als könne ihm nichts und niemand auf der Welt das Wasser reichen. Wenn nicht so viele Lebewesen um sie beide herumgestanden wären, hätte sie seinen Kopf genommen und hätte ihm einen Kuss gegeben, an den er sich die nächsten Jahre erinnert hätte. So ging sie nur neben ihm in die Hocke und berührte seine Hand.
    Jan seufzte. »Wenn all diese Wesen hier von Messer Arcimboldo stammen und die Höhle zwar betreten, nicht aber verlassen können, ergibt sich ein weiteres Problem.«
    »Warum kann der Leu draußen nicht zu uns herein?« Jaroslav deutete auf die Tunnelöffnung. Weder Licht noch Geräusche drangen von dort herein.
    Ein Grummeln erfüllte den Raum, das Entsetzen über den Gedanken, die drei Köpfe des Leu würden in der Höhlenöffnung auftauchen.
    »Stimmt«, sagte Jan plötzlich. »Er muss draußen bleiben. Die Höhle verschließt sich vor ihm.«
    Damit war das letzte Wort offenbar gesprochen, denn
keiner hatte mehr das Bedürfnis zu reden. Alle versanken sie in ihre Gedanken, die nach Julias Vermutung allesamt nur um das Verlassen der Höhle kreisten. Wobei sie es nicht eilig hatten. Wahrscheinlich lauerte der Leu wie eine Katze vor dem Mauseloch.
    Julia hielt sich in Jans Nähe auf und versuchte, ihn auf sich aufmerksam zu machen. Er sollte sie umarmen, sollte sie … zumindest sollte er ihr in die Augen schauen, tief in die Augen schauen. Doch Jan war nicht bei

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