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Haus der roten Dämonen

Titel: Haus der roten Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Dempf
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steckt also doch in diesem Turm.« Jan wollte schon die Leiter erstürmen, als Julia ihn zurückhielt.
    »Vorsicht!«, warnte sie ihn.
    Jan nickte, dann lief er zur Maueröffnung, sprang auf den Sims, hielt sich am Mauerwerk fest und beugte sich hinaus. Julia blieb beinahe das Herz stehen, als sie Jan so weit hinaushängen sah. »Was machst du? Das ist doch alles nass und glitschig. Sei bitte vorsichtig, Jan.«
    »Ich will nur schauen, wie weit es noch nach oben geht.« Er beugte sich hinaus, blickte nach oben, und an seinem Lächeln konnte Julia ablesen, dass sie etwas übersehen hatten. »Die Turmhauben haben doch jeweils vier Zinnen- und jeweils vier Traufentürmchen. In einem von ihnen muss er sitzen. Aber wir können nur hinauf, wenn wir alle Fallen überwunden haben.«
    »Was unmöglich ist.« Julia wollte schon resignieren.

    »Herr, wie können wir zu Euch hinauf?«, brüllte Jan aus Leibeskräften.
    »Bleibt, wo ihr seid!«, rief Messer Arcimboldo von einem der Türmchen zurück. »Wer den Kopf durch die Öffnung steckt, ist verloren. Die gesamte Glockenstube ist ein Lebewesen, ein gefräßiges Lebewesen.«
    Julia konnte beobachten, wie Jan blass wurde.
    »Ich glaube, du hast mir wirklich das Leben gerettet – mit deinem Bauchgefühl.« Er trat nahe an sie heran und gab ihr erneut einen leichten Kuss auf die Wange.
    Julia wurde über und über rot. »Das darfst du nicht tun«, sagte sie leise. »Wir haben nicht gewettet.«
    »Dann verzeih mir«, grinste Jan. »Ich bin eben doch ein unwissender Waisenbengel.«
    Julia blickte zu Boden. Sie rang nach Fassung. Diesmal war es kein Spiel gewesen, diesmal hatte sie das Gefühl gehabt, dass es etwas anderes war, von dem sie noch nicht wusste, wie sie es nennen sollte. Mit ihrer Rechten berührte sie die Wange und fühlte, wie warm und feurig sie war.
    »Wenn ich nur wüsste, wo die verfluchten Leinwände verborgen sind«, murmelte Jan.
    »Ich könnte euch beiden hübschen Turteltäubchen zumindest einen Hinweis geben.«
    Kithara war auf der obersten Treppenstufe erschienen. Blut rann ihm aus mehreren Verletzungen am Bauch und an der Seite, doch die Blessuren begannen bereits zu verheilen. Sein Fell war allerdings räudig geworden, und der nasse Fleck, der vor Kurzem noch ausgesehen hatte, als sei der Kater durch den Regen gelaufen und nass geworden, hatte den Körper an der Stelle ganz durchsichtig werden lassen. Sein rechtes Vorderbein hing buchstäblich nur noch an einem feinen Faden und baumelte frei in der Luft.
    »Kithara!«, schrie Julia und lief dem Kater entgegen.

    »Ich höre schon eine Weile zu«, murmelte der Kater. Seine sonst glänzenden Augen waren matt. »Du hattest recht, ich habe Contrario gedient, wie wir alle. Aber er hat sein Versprechen gebrochen. Siehst du das?« Er schlenkerte das lose Bein hin und her. »Keine Angst. Es tut nicht weh.«
    Julia hielt sich die Hand vor den Mund, um nicht laut zu schreien. Sie war völlig aufgewühlt. Ihr Blick verschwamm hinter einem Schleier aus Tränen. »Wie kommt das, Kithara? Wie konnte dich der Bär unten so zurichten?«
    Kithara sah müde zu Julia empor. Ihm fiel es offensichtlich schwer, die Augen aufzuhalten und sich zu konzentrieren.
    »Wasser … vielleicht Regenwasser … läuft über mein Bild«, keuchte der Kater. »Es wäscht langsam den Firnis ab. Damit schwinden meine Kräfte.«
    Auch Jan war näher gekommen. Doch er kniete sich nicht hin, sondern beugte sich nur über den Kater. »Welches Versprechen hat dieser Quacksalber gebrochen?«
    Kithara ließ sich auf den Boden gleiten und legte den Kopf auf die gesunde Pfote. »Er versprach uns ein Leben in Frieden in dieser Stadt. Uns, seinen Helfern. Dabei schickt er uns nur gegen seine Widersacher ins Feld wie eine Armee – und wir können uns nicht gegen ihn wehren. Er will die Stadt beherrschen. Er will den Erdkreis bezwingen. Deshalb hat er Wesen wie die fliegende Pantherchimäre mit dem Natternkopf und den dreiköpfigen Leu geschaffen. Es wird keinen Frieden geben, bis er sein Ziel erreicht hat.«
    »Ihr habt ihm das geglaubt?« Jans Stimme triefte vor Spott.
    Langsam hob Kithara den Kopf. Für einen kurzen Moment irisierte der alte Glanz in seinen Augen. »Er hat uns zum ersten Mal gezeigt, was es heißt zu leben.«
    Jan biss sich auf die Lippen. Julia legte ihm eine Hand auf
den Arm. Sie wollte Jan signalisieren, nicht grob zu werden, ein wenig Verständnis für diese Kreatur aufzubringen.
    »Du bist ein Mensch, du hattest Jahre, um in

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