Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Haus der Sonne

Haus der Sonne

Titel: Haus der Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nigel Findley
Vom Netzwerk:
nichts anderes als ein Haufen Lügen sind. Die Wahrheit liegt wahrscheinlich irgendwo in der Mitte. Vielleicht waren tatsächlich ein paar relativ Unschuldige getötet worden... entweder vor oder nach den Explosionen. (Drek, wenn ich ein Mitglied der Konzernsicherheit und die Anlage, die ich schützen sollte, gerade hochgegangen wäre, würde ich wahrscheinlich auch nicht mehr so streng darauf achten, ein Ziel zu identifizieren, bevor ich es aufs Korn nähme...)
    Wie nicht anders zu erwarten, versuchten also die herrschenden Mächte die ganze Sache herunterzuspielen, während die Hitzköpfe sie bis zum Gehtnichtmehr aufblähten. Ich sah bereits, wie sich die Dinge polarisieren würden. Gordon Ho und seine Anhänger würden die offizielle Linie vertreten - keine Todesopfer, minimale Schäden. Na Kama'aina und ALOHA würden dagegen die Sichtweise des Piratensenders verkaufen.
    Mit einem Seufzer ging ich wieder ins Bett. Es sah nicht so aus, als würden sich die kühleren Köpfe durchsetzen.

19
    Die Lage hatte sich noch verschlimmert, entdeckte ich, als ich beim Frühstück auf meinem Zimmer Tri-deo sah. Sicherheitstruppen von Monobe hatten die Bombenleger aufgespürt - oder jedenfalls einige bequeme ›Verdächtige‹ - und sich mit ihnen in den Straßen von Aiea eine rasende Verfolgungsjagd geliefert. Alle Verdächtigen waren erschossen worden, als sie versucht hatten, sich der Verhaftimg zu widersetzen (na, klar). Was schlimmer war, alles in allem, war die Gesamtzahl der Todesopfer: vier Verdächtige getötet, zwei Unbeteiligte gegeekt, als ein MPUV ›Hummer‹ von Monobe in ihren Wagen gerast war, ein weiterer Unbeteiligter von verirrten Schüssen schwer getroffen - Zustand kritisch, Prognose miserabel -, plus vier weitere Zivilisten mehr oder weniger schwer verletzt. Teufel noch mal, wenn die Konzerne beschlossen hatten, sich besonders ins Zeug zu legen, um die Bevölkerung gegen sich aufzuwiegeln, konnte ich mir nicht viele effektivere Möglichkeiten vorstellen, die Sache anzugehen.
    Außerdem brachten die Nachrichten Bilder von mehreren ziemlich üblen Demonstrationen gegen den Ali'i - eine direkt vor dem Iolani-Palast. Unter den Demonstranten mußte sich auch ein Magier oder Schamane befinden, weil die Statue von König Kamehameha dem Großen magisch verändert worden war, so daß ihre hervorstechendsten Merkmale jetzt hervorquellende Augen, eine heraushängende Zunge und ein Strick um den Hals waren. Nett.
    Aus meiner Zeit bei Lone Star kenne ich mich mit Demonstrationen einigermaßen aus. Wie übel sie auch aussehen mögen, ihre tatsächliche Bedeutung hängt davon ab, wer daran beteiligt ist. Der durchschnittliche ›Mann von der Straße‹, der wirklich glaubt, was abgeht? Beunruhigend, Chummer. Professionelle agents provocateur s -der ›Mietmob‹? Weit weniger beunruhigend... obwohl man auch so eine Demonstration nicht einfach ignorieren konnte. Was war es in diesem Fall? Ich wußte es nicht.
    Als die Trideokamera wieder auf das magisch veränderte Gesicht Kamehamehas des Großen schwenkte, kam mir ein neuer Gedanke. Wußte Gordon Ho, was vorging? Ich meine nicht die Bomben und die Proteste und den Drek - natürlich würde er davon Kenntnis haben. Aber vielleicht wußte er nicht, daß irgend jemand - wahrscheinlich Harlech - meine Verbindung zum Ali'i ausposaunt hatte. Ich hatte ihm versprochen, ihm alles zu erzählen, was ich von Barnard über die Situation erfuhr, nicht wahr?
    Und außerdem hatte ich den unangenehmen Verdacht, daß die Dinge um mich herum auseinanderbrachen, was in mir das starke Verlangen weckte, mit jemandem - irgend jemandem - darüber zu reden. Ho war nur zufällig derjenige, der am nächsten lag und daher am bequemsten war. Ich zückte die Visitenkarte, die der Ali'i mir gegeben hatte, ging zum Telekom und tippte die Nummer ein.
    Ich wartete die üblichen Verzögerungen und das Gei-ster-Klicken ab. Mittlerweile hatte ich mich an kalte Relais gewöhnt. Schließlich blinkte das Klingelzeichen auf dem Schirm auf. Ein paar Sekunden später wies ein letztes Klicken darauf hin, daß die Verbindung hergestellt war.
    »Ia wai?« Der Schirm blieb leer.
    Ich zögerte. Die Stimme klang nicht wie die von Gordon Ho... oder war ich nur paranoid? »Ich will mit dem Ali'i sprechen«, sagte ich.
    »Ka?« fragte die Stimme. Jetzt war ich sicher - es war nicht König Kamehameha V. »Wer ist da?«
    Ich gab mir alle Mühe, eine ausdruckslose Miene zu bewahren, wobei ich mich im stillen dafür

Weitere Kostenlose Bücher