Haus der Sonne
unangemessenes Maß an Aufmerksamkeit zu widmen, aber das war nur meine Paranoia, die verrückt spielte. »Die Schuldigen fliehen, wo es keine Verfolger gibt«, und so weiter. Drek, sie hatte zuvor nicht einmal mein Gesicht gesehen, oder? Sie war gestern nicht da gewesen, als ich ins ›Cheeseburger im Paradies‹ gegangen war, und ich selbst hatte sie nur auf dem Monitor der Überwachungskamera gesehen. Trotzdem kostete es mich viel mehr Überwindung, ihr den Rücken zuzudrehen und zur Theke zu schlendern, als dies wahrscheinlich hätte der Fall sein dürfen.
Ich blieb nicht sehr lange dort - nicht nur wegen der vogelbeinigen Frau, obwohl ihre Anwesenheit gewiß nicht half. Ich trank ein paar Tassen ausgezeichneten Kaffee, mampfte ein als Ono bezeichnetes Sandwich - offenbar eine Fischart, obwohl es sich der trockenen Konsistenz nach zu urteilen auch um irgendein styroporartiges Verpackungsmaterial gehandelt haben könnte - und ging dann. Auf dem Weg durch die Lobby und die Treppe herauf mühte ich mich nach allen mir zu Gebote stehenden Regeln der Kunst festzustellen, ob mir jemand folgte. Niemand, insbesondere nicht Mrs. Vögelbein. Den Geistern sei Dank für kleine Wohltaten. Ich kehrte auf mein Zimmer zurück und sperrte die Tür ab.
Falls ich gehofft hatte, der kleine Abstecher ins Café würde meinem Hirn etwas entlocken - zum Beispiel einen Einfall -, wurde ich gründlich enttäuscht. Ich setzte mich vor das Telekom - wo ich versuchte, Körper und Geist davon zu überzeugen, daß es an der Zeit war, sich wieder an die Arbeit zu machen -, aber dann starrte ich es lediglich gute fünf Minuten lang an. Sich mit einem König zu treffen... wie stellt man so etwas an? Und noch dazu schnell?
Das Telekom klingelte, und ich erschrak so sehr, daß ich fast mit dem Stuhl hintenüber gekippt wäre. Ich starrte auf den Bildschirm. Ja, das Icon verriet mir, daß ich einen Anruf empfing... trotz des Schildes an der Wand über dem Gerät, das besagte: keine eingehenden Gespräche . Ich blinzelte das Schild an.
Und dann drückte ich die entsprechende Taste, um den Anruf entgegenzunehmen. Was konnte ich sonst tun?
Es war nicht Barnard, wie ich halb und halb erwartet hatte. Es war auch nicht Kat oder Moko oder ein städtisch aussehender japanischer Killer, wie ich halb und halb befürchtet hatte. Nein, es war ein hübscher polyne-sischer Mann ungefähr meines Alters. Er hatte ausgeprägte Gesichtszüge mit der Art von Nase, die man als ›klassisch‹ bezeichnen konnte, und Augen so hart und dunkel wie Feuerstein. Er trug sein schwarzes Haar lang, schulterlang im Nacken, ein wenig kürzer an den Seiten, und war perfekt frisiert. Ich konnte nichts von seiner Kleidung erkennen, aber unter dem Kinn war etwas, bei dem es sich um einen Kragen im Konzernstil handeln mochte. Er lächelte mich an und zeigte dabei perfekte Zähne. »Mr. Montgomery«, sagte er mit einem schwachen Akzent, der irgendwie britisch klang, »bitte legen Sie nicht auf. Ich habe gehört, daß Sie mit mir reden wollen.«
»Und wer, zum Teufel, sind Sie?« fragte ich, wenngleich ich das unbestimmte Gefühl hatte, es bereits zu wissen.
»Mein Name ist Gordon Ho«, sagte der Mann gelassen. »Vielleicht kennen Sie mich auch als König Kame-hameha V.«
13
König Kamehameha. Hol mich der Teufel.
»Eure Majestät«, sagte ich zögernd - war das die korrekte Anredeform? -, während ich versuchte, meine Gedanken zu ordnen, die sich in Panik überschlugen. Dann platzte ich mit der Frage heraus, die mir auf der Zunge lag - wahrscheinlich nicht das Diplomatischste, was man zu einem verdammten König sagen konnte, aber egal. »Wie, zum Teufel, sind Sie an diese Nummer gekommen?«
König Kamehameha V. lächelte. »Überlegen Sie selbst, Mr. Montgomery«, schlug er gelassen vor. »Das Königreich Hawai'i ist ein souveräner Staat, und ich bin das Oberhaupt seiner Regierung. Zwar können sich unsere Fähigkeiten nicht mit denen anderer Staaten wie zum Beispiel der UCAS messen, aber sie sind trotzdem ziemlich beachtlich.« Sein Lächeln wurde ein wenig breiter. »Jedenfalls reichen sie mit Sicherheit aus, um die Nummer von jemandem herauszufinden, der in den letzten Stunden mehrfach die Vermittlung im Palast in Anspruch genommen hat.« Das Lächeln verzerrte sich und wurde zu einer ironischen Grimasse. »Zumindest einige Mitglieder des militärischen Geheimdienstes dieses Staats sind mir noch treu ergeben.«
Darüber dachte ich einen Augenblick nach. Keine Frage,
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