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Haus der Sonne

Haus der Sonne

Titel: Haus der Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nigel Findley
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gelingen, den Fraktionen, die bereits hinter mir her waren, einen Schritt voraus zu bleiben. Ach ja, dazu kam noch das Yamatetsu-Vergeltungsteam, das Barnard mir auf den Hals hetzen würde, wenn er erfuhr, daß ich seine Botschaft nicht dem Ali'i überbracht hatte. Ich war ziemlich gut im Untertauchen, das wußte ich... aber auf lange Sicht war mit ›ziemlich gut‹ kein Blumentopf zu gewinnen. Ich schätzte meine Chancen, eine Woche zu überleben, mit fünfzig zu fünfzig ein. Einen Monat - meinetwegen fünfundzwanzig zu fünfundsiebzig. Ein Jahr? Vielleicht eins zu zehn. Lange genug, um auf all das zurückzublicken und zu lachen? Da waren die Überlebenschancen eines Schneeballs in einer Plasmaschmelze besser, Chummer.
    Es sah ganz danach aus, als würde ich dem Iolani-Pa-last in ungefähr einer Stunde einen Besuch abstatten, nicht wahr?
    Das Telekom - dasjenige, welches angeblich keine Gespräche entgegennahm - klingelte erneut. Ich funkelte es an. Als es sich hartnäckig weigerte, sich in seine atomaren Bestandteile aufzulösen, seufzte ich. Gordon Ho, der mir noch ein paar zusätzliche Anweisungen geben wollte? Wie auch immer. Ich setzte mich vor die Tastatur und drückte auf die entsprechenden Knöpfe, um den Anruf entgegenzunehmen.
    Es war nicht Gordon Hos Gesicht, das auf dem Bildschirm erschien. Nein, wenn ich ein Gesicht beschreiben müßte, welches in allen Facetten das genaue Gegenteil von demjenigen König Kams war, würde es nicht weit weg von demjenigen des Mannes sein, den ich vor mir sah. Glatte Haut, die so blaß war, daß sie durchscheinend wirkte. Silbernes Haar, lang und fließend. Augen von der Farbe des arktischen Eises in Global Geogra-phics Trideoshows - vielleicht blau, vielleicht grün, vielleicht grau, je nach Licht und eigener Stimmung. Hohle Wangen, kleine Nase, kleiner Mund. Und alterslos. Wenn ich aufgefordert worden wäre, sein Alter zu schätzen, hätte ich gesagt, irgendwo zwischen zwanzig und hundert. Instinktiv betrachtete ich seine Ohren - keine Spitzen, also war er kein Elf.
    Sein Äußeres hatte etwas... nun, Beunruhigendes, besser kann ich es nicht beschreiben. Es war streng, zurückhaltend, distanziert... und zwar auf eine fast unmenschliche Weise. Ich wollte lieber nicht darüber nachdenken, was diese Augen schon gesehen haben mochten.
    »Mr. Montgomery«, sagte er. Seine Stimme war... seltsam ... dünn, quäkend, fast piepsig, aber auch stark, etwa so, wie ein Stilett zugleich zierlich und tödlich ist.
    »Tut mir leid«, sagte ich in dem Versuch, mich herausfordernd zu geben, »aber den Preis dafür, meine Nummer herauszufinden, hat schon jemand anders gewonnen. Wer, zum Teufel, sind Sie?«
    »Ein Freund.« Diese Erklärung wurde weder von einem Lächeln noch irgendeiner anderen Miene begleitet.
    »Jetzt hätte ich Ihnen fast geglaubt. Sind Sie sicher, daß Sie nicht die falsche Nummer erwischt haben? Den falschen Montgomery?«
    »Ich glaube ja.« Wiederum kein Lächeln, wenngleich ein Unterton in seiner Stimme lag, bei dem es sich um distanzierte Belustigung handeln mochte. »Ich habe eine Botschaft für Sie, Mr. Montgomery. Im Grunde eine Warnung.«
    »Ich will keine...«
    Seine Stimme wurde nicht lauter, aber sie schnitt mir ebenso wirkungsvoll das Wort ab wie eine Garotte. »Eine freundliche Warnung, Mr. Montgomery. Ich rate Ihnen gut zuzuhören.«
    Mein Bedürfnis, mich herausfordernd zu präsentieren, hatte stark nachgelassen, also zuckte ich nur die Achseln.
    »Ohne eigenes Verschulden sind Sie in Dinge verwickelt worden, die viel zu schwerwiegend für Sie sind«, sagte das strenge Gesicht. (Ohne Drek, Sherlock, konnte ich mir gerade noch verkneifen.) »Ein lange schwelender Konflikt spitzt sich hier auf Hawai'i zu. Die Streitkräfte sammeln sich.«
    »ALOHA und die Konzerne. Kein Drek.«
    »Ja, die auch.« Mr. Pergamentgesicht hielt inne. »Selbst wenn man die Dynamik eines Konflikts vollkommen versteht, ist es oft schwierig, sich nicht von ihm überwältigen zu lassen... überwältigen und zermalmen. Wenn man nicht weiß, worum es bei dem Konflikt in Wahrheit geht, ist es normalerweise unmöglich.«
    »Dann sagen Sie es mir.«
    Diesmal lag die Belustigung - kalt, distanziert, aber unverkennbar - ganz eindeutig in seiner Stimme. »Ich glaube nicht, nicht jetzt. Ich will Ihnen nur nahelegen, sich meine Worte zu Herzen zu nehmen. Beenden Sie Ihre Beteiligung an Dingen, die sich Ihrer Kontrolle entziehen und Ihr Begriffsvermögen übersteigen. Mit anderen Worten...

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