Haus der Vampire 02 - Der letzte Kuss-ok
Schluck, wobei sie fast gestöhnt hätte vor Glückseligkeit. Noch niemals in ihrem ganzen Leben hatte etwas so gut geschmeckt wie dieses lauwarme, geschmacklose Wasser, das ihr den Rauch aus der Kehle wusch.
»Ich dachte...« Michael leckte sich die Lippen ab und ließ seinen Kopf nach hinten gegen den Sitz sinken. »Ich dachte, ich sei stärker. Ich habe Vampire auch schon tagsüber gesehen.«
»Ältere«, sagte Claire. »Ich glaube, es braucht seine Zeit. Amelie kann sogar am helllichten Tag herumlaufen, aber sie ist auch richtig alt. Du musst nur Geduld haben, Michael.«
»Geduld?« Er schloss die Augen. »Claire. Heute ist der erste Tag seit fast einem Jahr, an dem ich außerhalb meines Hauses bin, mein bester Freund steht noch immer unter Todesstrafe und du sagst mir, ich solle Geduld haben?«
Es hörte sich bescheuert an, wenn er es so formulierte. Sie trank schweigend Wasser, wischte sich den Schweiß von der Stirn und zog eine Grimasse, als sie sich die rußige Schweinerei anschaute.
Alles wird gut, sagte sie zu sich selbst. Wir kriegen Shane. Wir gehen alle nach Hause. Alles wird wunderbar.
Selbst jetzt wusste sie, dass das nicht besonders wahrscheinlich war, aber sie brauchte etwas, woran sie sich festhalten konnte.
Sie mussten nur fünf Minuten warten, bis der Bürgermeister persönlich kam, begleitet von einer besorgten Eskorte und zwei uniformierten Sanitätern, die sich auf Monica und Richard stürzten und Claire und Eve ignorierten. »Hey, uns geht es gut, vielen Dank!«, sagte Eve sarkastisch. »Nur Fleischwunden. Hören Sie mal, wir haben unseren Teil der Abmachung erfüllt. Wir wollen Shane. Und zwar sofort.«
Der Bürgermeister, der gerade seine rußverschmierte Tochter umarmte, schaute kaum in ihre Richtung. »Ihr kommt zu spät«, sagte er.
Claires Knie gaben nach. Es traf sie wie ein Blitz – das Feuer, der Rauch, das Entsetzen. Shane. Oh nein, nein, das durfte nicht sein...
Der Bürgermeister musste wohl an ihrem Gesichtsausdruck bemerkt haben, was sie dachte und was auch Eve dachte, denn er sah einen Moment lang verärgert aus. »Nein, nicht das«, sagte er. »Richard sagte schon, dass ihr unterwegs seid. Ich sagte, ich würde warten. Ich breche mein Wort nicht.«
»Ja, klar«, murmelte Eve und tat so, als müsste sie husten. »Okay, warum kommen wir dann zu spät?«
»Er ist schon weg«, sagte der Bürgermeister. »Sein Vater hat kurz vor dem Morgengrauen einen Angriff gestartet, als unsere Aufmerksamkeit vom Brand in der Lagerhalle in Anspruch genommen wurde. Er befreite Shane und den anderen aus den Käfigen, tötete fünf meiner Leute. Sie waren auf dem Weg aus der Stadt, aber wir haben sie dieses Mal in die Ecke getrieben. Alles wird bald vorbei sein.«
»Aber... Shane!« Claire sah ihn flehend an. »Wir haben unseren Teil der Abmachung eingehalten. Bitte, können Sie ihn nicht einfach laufen lassen?«
Bürgermeister Morrell schaute sie finster an. »Unsere Abmachung bestand darin, dass ich ihn freilassen würde, wenn ihr meine Tochter zurückbringt. Nun, jetzt ist er frei. Wenn er sich bei dem Versuch umbringen lässt, seinen nichtsnutzigen Vater zu retten, geht mich das nichts an«, sagte der Bürgermeister. Er legte den Arm um Monica und Richard. »Los, kommt, Kinder. Erzählt mir mal, was passiert ist.«
»Ich werde Ihnen jetzt mal erzählen, was passiert ist«, sagte Eve verärgert. »Wir haben den beiden das Leben gerettet. Sie dürfen sich übrigens jederzeit bei uns dafür bedanken.«
Dem Blick nach, den er Eve zuwarf, fand der Bürgermeister das überhaupt nicht witzig. »Wenn ihr sie nicht in Gefahr gebracht hättet, wäre das alles erst gar nicht passiert«, sagte er. »Ihr könnt euch glücklich schätzen, dass ich euch nicht ins Gefängnis werfe, weil ihr einen Vampirjäger unterstützt und aufgehetzt habt. Wenn ich euch einen Rat geben darf: Geht einfach nach Hause.« Er küsste seine Tochter auf ihr versifftes Haar. »Los, komm, Prinzessin.«
»Dad«, sagte Richard. »Sie hat recht. Sie hat uns wirklich das Leben gerettet.«
Der Bürgermeister sah jetzt mehr als nur verärgert aus über diese kleine Rebellion in den eigenen Rängen. »Mein Sohn, ich verstehe, dass du vielleicht ein wenig Dankbarkeit diesen Mädchen gegenüber empfindest, aber...«
»Sagen Sie uns einfach, wo Shane ist«, sagte Claire. »Bitte. Das ist alles, was wir wollen.«
Vater und Sohn Morrell wechselten lange Blicke und dann sagte Richard: »Kennt ihr das alte Krankenhaus? Das in
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